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Bundestag betont Rechenschaftspflicht

Bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag im Mai vergangenen Jahres stimmte die Mehrheit der Parteien für einen Antrag zur Stärkung der Weltgesundheitsorganisation(WHO). Die Bedeutung dieses Antrags wird auf Facebook stark überschätzt. Angeblich habe das Parlament mit ihm seine Souveränität an die Weltgesundheitsorganisation abgegeben.

Bewertung

Es gibt darin keine Belege dafür, dass durch den Antrag die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland eingeschränkt wird. Der Bundestag hat sich lediglich für eine Reform der WHO ausgesprochen. Mehrfach wird dabei betont, dass die Organisation «rechenschaftspflichtig» sei.

Fakten

Die Abstimmung, deren Ergebnis in dem Posting abgebildet wird, fand bereits im Mai 2023 statt. Hintergrund war ein Antrag der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP. Belege über eine Abtretung der Souveränität Deutschlands enthält er nicht. Was also steht dann darin?

Die Lage

Zunächst beschreibt er die Lage der WHO. Problematisch sei etwa die finanzielle Situation. Aufgrund «der chronischen Unterfinanzierung» müssten «immer mehr Funktionen ausgelagert und Aufgaben von externen Beraterinnen und Beratern übernommen werden (…).» Dies führe dazu, dass die WHO ihrer Rolle in der Gesundheitspolitik nicht gerecht werde.

In den Augen der Antragsteller ist das eine problematische Entwicklung: «In einem komplexen geopolitischen Umfeld ist eine stärkere, effektivere, rechenschaftspflichtige sowie unabhängige und nachhaltig finanzierte WHO im Kern des multilateralen Systems notwendiger denn je.» Der Antrag enthält daher eine Reihe von Forderungen, deren Umsetzung unter Führung der Bundesregierung die Situation der WHO verbessern sollen.

Die Forderungen

Im Antrag wird gefordert, dass die Pflichtbeiträge der Mitgliedstaaten an die WHO erhöht werden, aber auch, Reformen innerhalb der WHO voranzutreiben. Bei den Reformen geht es um die Stärkung der «Governance, Effizienz, Unabhängigkeit, Kapazität, Rechenschaftspflicht und Durchsetzungsfähigkeit von Regeln».

Auch die Umsetzung des sogenannten «Sustainable Development Goals 3 Global Action Plan» (SDG 3 GAP) soll unterstützt werden. Deren Vorgaben lassen sich auf der Website des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nachlesen. Dazu zählen unter anderem die Ausweitung der allgemeinen Gesundheitsversorgung, den Zugang zu Impfstoffen oder Arzneimitteln sowie eine nachhaltige Finanzierung. Zusätzlich soll sich die Regierung aktiv an der Ausarbeitung eines Pandemieabkommens beteiligen.

Souveränität nicht in Gefahr

Der Antrag enthält folglich keine expliziten Hinweise darauf, dass nationale Rechte abgetreten werden sollen. Mehrfach wird auf die «Rechenschaftspflicht» der Organisation hingewiesen. In der Vorstellung des Antrags im Bundestag betont der Grünen-Abgeordnete Johannes Wagner daher auch: «Alle Entscheidungen, die in der WHO getroffen werden, (…) werden hier im Parlament abgesegnet.»

Möglicherweise liegen die Befürchtungen darin begründet, dass in dem Antrag auch der Pandemievertrag erwähnt wird. Ziel des Abkommens ist es, die Erkennung, Vorsorge und Reaktion auf Pandemien zu verbessern. Der aktuelle Entwurf des Vertrags ist öffentlich zugänglich.

Dort wird als zweites Grundprinzip die Souveränität aufgeführt: «Die Staaten haben in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen und den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts das souveräne Recht, im Rahmen ihrer Gesundheitspolitik Gesetze zu erlassen und umzusetzen.»

Auch das Bundesgesundheitsministerium verweist auf seiner Website darauf, dass die Auslegung in deutschen Händen bleibt: «Die Annahme des internationalen Pandemieabkommens sowie die Umsetzung der enthaltenen Maßnahmen obliegen den einzelnen Mitgliedstaaten, die diese Entscheidung im Einklang mit ihren nationalen Gesetzen treffen werden.» Die WHO-Vorschläge müssen also nicht verbindlich umgesetzt werden. Die dpa hat bereits mehrfach in Faktenchecks Falschbehauptungen zum Pandemievertrag widerlegt, etwa hier und hier.

(Stand: 07.03.2024)

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Politik, Corona, Gesundheit

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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