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Das Frosch-Logo zertifiziert nachhaltige Standards bei Lebensmitteln

Viele Lebensmittel in Supermärkten tragen das Frosch-Siegel der Rainforest Alliance, das nachhaltig produzierte Inhaltsstoffe kennzeichnet. In sozialen Netzen wird die Falschbehauptung geteilt, dass das Siegel Lebensmittel kennzeichnen würde, die mRNA-Impfstoff beinhalten. Zudem werden die gekennzeichneten Produkte fälschlich mit Bill Gates in Verbindung gebracht.

„Vorsicht vor dem Symbol der Frosch! Aldi scheint besonderes Interesse daran zu haben, den Dreck von Bill und Melinda Gates zu vertreiben“, ist in diesem Post von Anfang Juli auf Facebook zu lesen. Im verbreiteten Video, in dem zu sehen ist, wie eine Person in einem Supermarkt auf Produkte mit dem Frosch-Logo deutet, sagt diese Person: „Das ist die neue Impfung.“

Screenshot der Behauptung, aufgenommen am 17. Juli 2023.

Auch ein zweites Video mit einer ähnlichen Behauptung wird in sozialen Medien geteilt. Weitere User warnen in Beiträgen (hier, hier und hier archiviert) vor Produkten, die mit dem Frosch-Siegel der Rainforest Alliance gekennzeichnet sind und schreiben, die Produkte seien „mit RNA verseucht“ und es handele sich angeblich „um einen Ableger der Bill & Melinda Gates Foundation“. Diese Behauptungen sind falsch. Auch in Polen und Bulgarien wird ähnliche Desinformation über die Rainforest Alliance in sozialen Medien geteilt, wie AFP hier und hier überprüft hat.

Das Frosch-Logo der Rainforest Alliance

Das Symbol, das einen Laubfrosch zeigt, ist das offizielle Logo der Rainforest Alliance. Die Organisation beschreibt sich selbst als „eine internationale gemeinnützige Organisation, die an der Schnittstelle von Handel, Land- und Forstwirtschaft arbeitet, um eine Welt zu schaffen, in der Mensch und Natur gemeinsam wachsen können“ (hier archiviert). Nach eigener Aussage setzt sich die Rainforest Alliance für den Schutz von Wäldern und Artenvielfalt sowie des Klimas ein und fördert bessere Existenzgrundlagen der Landbevölkerung. Die Rainforest Alliance wurde 1986 gegründet, Co-Gründer Daniel Katz ist heute der Vorstandsvorsitzende der Organisation.

Screenshot Rainforest Alliance, 21.7.2023

„Das Siegel besagt, dass zertifizierte Zutaten nach Methoden hergestellt wurden, welche die drei Säulen der Nachhaltigkeit stützen: sozial, wirtschaftlich und ökologisch“, erklärte eine Sprecherin der Rainforest Alliance gegenüber AFP am 17. Juli 2023 schriftlich.

Die Organisation erklärt auf ihrer Website, dass sie seit mehr als 30 Jahren ein Logo verwendet, das auf dem rotäugigen Laubfrosch basiert, „da diese muntere Amphibie häufig in den Neotropen vorkommt, wo unsere Gründer sich erstmals für den Schutz der tropischen Regenwälder einsetzten. Seither entwickelte sich unser Froschsiegel zum internationalen Symbol für Nachhaltigkeit“.

Zur Zertifizierung heißt es dort: „Das Siegel besagt, dass zertifizierte Zutaten nach Methoden hergestellt wurden, welche die drei Säulen der Nachhaltigkeit stützen – sozial, wirtschaftlich und ökologisch. Unabhängige externe AuditorInnen – Voraussetzung für die Integrität eines jeden Zertifizierungsprogramms – bewerten Farmbetriebe anhand dieser drei Faktoren, bevor Sie ein Zertifikat ausstellen oder erneuern.“ Die Kernbereiche der Standards der Rainforest Alliance sind der Website zufolge Wälder, Klima, Menschenrechte und Lebensunterhalt.

Eine Sprecherin der Rainforest Alliance präzisierte gegenüber AFP in Bezug auf verarbeitete Lebensmittel: „Es ist wichtig klarzustellen, dass sich unser Zertifizierungsprozess auf die Überprüfung einzelner Inhaltsstoffe und nicht auf ganze Produkte konzentriert.“

mRNA-Impfstoffe wären in Lebensmitteln nicht wirksam

Auf die Behauptung, dass mRNA-Impfstoff in Rainforest-Alliance-zertifizierten Lebensmitteln vorkommt, antwortete die Sprecherin, dass der Organisation „keine Verbindungen in diesem Bereich bekannt sind“.

mRNA (messenger ribonucleic acid, deutsch: Boten-Ribonukleinsäure) ist ein Molekül, das Zellen spezifische Anweisungen zur Bildung von Antikörpern gegen ein Virus geben kann. Injizierbare Impfstoffe mittels mRNA wurden von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) im Jahr 2020 für die Covid-19-Immunisierung zugelassen.

Wolfgang Nellen, emeritierter Professor für Genetik an der Universität Kassel und ehemaliger Präsident des VBio Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland, erklärte am 21. Juli 2023 gegenüber AFP, eine Impfung durch Lebensmittel sei nicht praktikabel. mRNA selbst sei in Lebensmitteln enthalten, da Pflanzen und Tiere mRNA auf natürliche Weise enthalten würden. „Sonst würden sie nicht leben.“ Beim Verzehr von Lebensmitteln würden Menschen diese aufnehmen, sie würde in der Regel allerdings abgebaut, erklärte Nellen. Aufgenommene RNA werde laut Nellen nicht in Proteine übersetzt: „Wir nehmen nicht die Eigenschaften der Lebensmittel an, die wir zu uns nehmen.“ Er erklärte weiter: „Bei prozessierten Lebensmitteln hängt es von der Prozessierung ab, wie viel mRNA noch im Produkt enthalten ist und ob sie noch intakt ist.“

Zu Impfstoffen, die mittels mRNA wirken, sagte Nellen, ein in Lebensmittel injizierter mRNA-Impfstoff müsse synthetisch hergestellt und bei sehr tiefen Temperaturen gelagert werden, damit er haltbar wäre. „Theoretisch könnte mRNA-Impfstoff in Lebensmittel gespritzt werden. Seine Wirksamkeit würde allerdings durch die Lagerung der Lebensmittel und die Verdauung verloren gehen.“ Nellen sagte daher: „mRNA-Impfstoffe in Lebensmittel zu injizieren ist keine praktikable Möglichkeit, Menschen zu impfen.“

Auch laut Luka Cicin-Sain, Professor und Leiter der Viralen Immunologie am Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, ist die Verabreichung von mRNA-Impfstoffen durch Lebensmittel nicht wirksam, wie er gegenüber AFP am 26. Juli 2023 erklärte. Das liege an der oralen Immuntoleranz. „Diese Toleranz führt dazu, dass Antigene aus der Nahrung nur in extremen Fällen das Immunsystem anregen. Ansonsten hätten wir ständig Nahrungsmittelallergien, was nicht der Fall ist.“

Zudem würde die mRNA der Lebensmittel, die Menschen bei der Nahrungsaufnahme zu sich nehmen, zersetzt und anschließend „im Dünndarm als Bausteine für unsere eigene RNA ins Blut aufgenommen, aber nicht als Kette von Nukleotiden, die eine genetische Botschaft liefern würden“, erklärte Cicin-Sain. Nukleotide sind chemische Moleküle und die Grundbausteine der RNA und DNA. „Bei einem oralen mRNA-Impfstoff wäre es notwendig, dass die mRNA in einer Kette an Nukleotiden bleibt, in den Zellen eindringt und dort als Muster für die Erstellung von neuen Eiweißen an den Ribosomen dient.“

Um einen oralen mRNA-Impfstoff herzustellen, wäre eine Hülle für die mRNA nötig, damit sie nicht verdaut würde und als ganze Kette in den Zellen aufgenommen werden könnte. „Die Nanopartikel, die für die Umhüllung der mRNA bei mRNA-Impfstoffen genutzt werden, können nicht alle diese Funktionen gewährleisten“, erklärte Cicin-Sain.

Keine oralen mRNA-Impfstoffe in der EU zugelassen

Einem Artikel zufolge, der am 20. Januar 2023 auf der wissenschaftlichen Website Health Desk veröffentlicht wurde, ist das mRNA-Molekül selbst „instabil und zerfällt schnell“, sobald es verabreicht wurde (hier archiviert).

Die Behauptung, dass mRNA-Impfstoffe über Vieh in die Lebensmittelversorgung gelangen könnten, wurde in einer Untersuchung von Health Desk zurückgewiesen: „Nachdem der größte Teil der mRNA abgebaut ist, wird jedes Tier, das in irgendeiner Form geimpft wurde, durch Methoden wie Kochen, Konservieren und Einfrieren verarbeitet, wodurch die verbleibende mRNA weiter abgebaut wird.“

Im Jahr 2022 entwickelte ein Forscherteam des renommierten Massachusetts Institute of Technology in den USA eine Methode zur Verabreichung von RNA in einer schluckbaren Kapsel (hier archiviert). Nach Informationen von Cicin-Sain sind orale Impfungen mit mRNA-Impfstoffen derzeit weltweit nirgendwo auf dem Markt und somit auch nicht zugelassen.

Seit die EMA die Verwendung von mRNA-Imfpstoffen im Jahr 2020 empfohlen hat, wurden viele falsche Behauptungen darüber aufgestellt. Die Stiftung von Bill und Melinda Gates hat die Forschung zur mRNA-Technik finanziell unterstützt. Daher wurde Gates während der Pandemie häufig mit seiner Unterstützung und seinem Engagement für die Weiterentwicklung dieser Technik in Verbindung gebracht. AFP sammelt Faktenchecks zu Impfstoffen hier.

Die Rainforest Alliance zertifiziert keine gentechnisch veränderten Lebensmittel

In Beiträgen in sozialen Medien in Polen ist zudem die Rede davon, dass Produkte, die mit dem Siegel der Rainforest Alliance gekennzeichnet sind, gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthalten würden. Die Rainforest Alliance teilte AFP am 17. Juli 2023 schriftlich mit, dass ihre Standards die Verwendung von GVO-Zutaten verbieten.

„Die Rainforest Alliance zertifiziert nicht die Produkte, sondern die Zutaten, die in diesen Produkten enthalten sind, wie Kaffee, Tee, Kakao oder Bananen“, erklärte eine Sprecherin. Außerdem verbiete der „Standard für nachhaltige Landwirtschaft“ der Organisation die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf Rainforest-Alliance-zertifizierten Farmen.

Seit 2004 müssen Lebensmittel und Futtermittel, die GVO enthalten oder daraus hergestellt wurden, in allen Staaten der EU als solche auf ihrer Verpackung gekennzeichnet werden (hier archiviert). Die entsprechende Regelung wurde im September 2003 von der EU beschlossen (hier archiviert).

In einem Telefoninterview bestätigte der griechische Verbraucherverband Ekpizo, dass das Siegel der Rainforest Alliance nicht auf das Vorhandensein von GVO-Materialien hinweise. „Es ist ein Label, das bescheinigt, dass die Rohstoffe des Produkts bestimmte ökologische, wirtschaftliche und soziale Standards einhalten“, sagte die Vizepräsidentin der Gruppe, Eleni Alevritou, am 30. Januar 2023. Wenn das in geteilten Beiträgen gezeigte Produkt GVO-Material enthalten würde, sollte dies, wie gesetzlich vorgeschrieben, deutlich angegeben werden.

Bill Gates‘ Verbindung zur Rainforest Alliance 

Der Website der Rainforest Alliance zufolge ist Bill Gates nicht Teil des Vorstands der Organisation. Das bestätigte auch die Sprecherin der Rainforest Alliance: „Die Rainforest Alliance ist eine unabhängige Organisation und ist kein Eigentum einer Person oder einer Stiftung.“ AFP konnte als Verbindung zwischen der Rainforest Alliance und der Stiftung von Bill und Melinda Gates lediglich eine Spende der Stiftung von November 2007 in Höhe von 5,3 Millionen Euro an die Organisation nachweisen (hier archiviert).

Zuwendungen von Stiftungen und Unternehmenszuschüsse machen sieben Prozent der gesamten Einnahmen und Zuwendungen der Rainforest Alliance aus (hier archiviert), Einzelspenden fünf Prozent. Beispielsweise im Jahresbericht 2022 legt die Rainforest Alliance offen, über 8000 Spenden erhalten zu haben, einige davon mit mindestens sechsstelligen Summen (hier archiviert).

Fazit: Die Behauptungen, wonach Lebensmittel mit dem Frosch-Logo mRNA-Impfstoff zertifizieren, sind falsch. Das Siegel der Rainforest Alliance, das einen grünen Frosch zeigt, kennzeichnet Lebensmittel und Inhaltsstoffe von verarbeiteten Lebensmitteln, die gemäß nachhaltiger Standards produziert wurden. Das Logo steht nach Aussage einer Organisationssprecherin nicht dafür, dass die Produkte mRNA-Impfstoff enthalten würden. Ein Experte hat zudem eine orale Impfung durch Lebensmittel als theoretisch zwar möglich, aber aufgrund der Lagerung und Verdauung als nicht wirksam und nicht praktikabel eingestuft.

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Verbraucher, Gesundheit

Autor(en): Natalia SAWKA / Johanna LEHN / AFP Polen / AFP Deutschland

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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