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Clip von Familienministerin Lisa Paus manipuliert

In sozialen Netzwerken kursiert ein Video von Bundesfamilienministerin Lisa Paus: Der Clip soll eine Antwort der Grünen-Politikerin auf die Frage eines Journalisten bei einer Pressekonferenz zeigen. «Fördert die Letzte Generation unsere Demokratie?», fragt der Journalist. In dem Clip ist daraufhin zu sehen, wie Lisa Paus fast eine halbe Minute lang nach Worten ringt, ohne dabei einen ganzen Satz gesagt zubekommen. Dann fragt der Journalist erneut. User im Netz teilen den Ausschnitt und kommentieren: «Eine einfache Frage und das kam dabei raus.» Doch zeigt der Clip wirklich die Antwort der Ministerin?

Bewertung

Das Video ist manipuliert: In dem Clip wurden mehrere Szenen zusammengeschnitten, in denen Paus Sprechpausen einlegt oder Füllworte benutzt, während sie sich ihre Wortwahl überlegt. In einer Szene verliert die Ministerin zwar tatsächlich kurz den Faden und ringt für einen Moment nach Worten. Diese Szene dauert allerdings nur wenige Sekunden und wird durch den Zusammenschnitt verzerrt dargestellt.

Fakten

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) haben in einer gemeinsamen Bundespressekonferenz am 14. Dezember 2022 einen neuen Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorgestellt. Das sogenannte Demokratiefördergesetz soll Vereine und Organisationen, die sich für die Stärkung der Demokratie und die Prävention von Extremismus einsetzen, künftig mit einer besseren finanziellen Grundlage ausstatten. Bei Youtube gibt es mehrere Mitschnitte der Pressekonferenz – vom Sender Phoenix und auf dem Kanal des Journalisten Tilo Jung.

Jung ist es auch, der der Ministerin in der Konferenz die Frage stellt: «Fördert eigentlich die Letzte Generation unsere Demokratie?» Das ist ab Minute 37:27 in seinem Mitschnitt zu sehen, im Phoenix-Video ab Minute 36:26. Paus sagt daraufhin: «Ich verstehe, dass die Letzte Generation ungeduldig ist. Auch ich hätte mir andere Ergebnisse vorstellen können und auch ich weiß, dass wir derzeit mit unseren Maßnahmen noch nicht wirklich die Ziele, die wir haben, gemeinsam erreichen.» Sie äußert ihr Verständnis für die Anliegen und könne verstehen, dass sich in jüngeren Generation in Bezug auf die Klimakrise eine «gewisse Verzweiflung» einstellt. Diese Aussagen sind allerdings in dem kursierenden Clip nicht zu sehen.

Im Verlauf ihrer Antwort gerät die Bundesfamilienministerin dann ins Straucheln, als sie auf das konkrete Vorgehen der Klimaaktivisten und deren Klebeaktionen eingeht. Ab Minute 38:22 ist in dem Mitschnitt zu sehen, dass Paus mehrmals neu ansetzt und nach den richtigen Worten ringt. Sie fängt sich dann wieder und erklärt, dass aus politischer Sicht die Aktionen der Letzten Generationen ihrer Meinung nach der Klimaschutzbewegung eher geschadet haben. Zu juristischen Fragen, gerade mit Blick auf Durchsuchungen bei Aktivisten, müsste jeder Fall entsprechend der Rechtsordnung einzeln geprüft werden.

Weil die Ministerin nicht auf den Aspekt der Demokratieförderung eingeht und ausweichend antwortet, hakt Journalist Jung erneut nach (bei Minute 39:53). Paus äußert sich dann deutlicher: «Die Letzte Generation, ich würde nicht sagen, dass sie automatisch die Demokratie fördert, weil sie derzeit Grenzüberschreitungen macht und mit unserem Rechtsstaat spielt.» Auch diese Aussage ist in dem Clip nicht zu sehen. Im weiteren Verlauf wiederholt Paus ihr Verständnis für die Ungeduld der Klimabewegung. Dabei macht sie erneut längere Sprechpausen, in denen sie augenscheinlich nach den richtigen Worten sucht (ab Minute 40:41).

Der verbreitete Clip ist also irreführend zusammengeschnitten, gibt Antwort der Grünen-Politikerin verzerrt wieder und lässt Aussagen weg. Tilo Jung kritisierte derweil ein paar Tage später auf Twitter das ausweichende Antworten der Ministerin: «Wollt ihr mal die äußerst schwere Geburt einer Antwort erleben? Bitteschön», kommentierte er zu einem geteilten Clip, der die ungeschnittene Antwort von Paus zeigt.

(Stand: 6.7.2023)

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Klimawandel, Politik, Gesellschaft, Umwelt

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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