Bewertung
Deutschland ist ein souveräner Staat, der keine Besatzungskosten zahlt. Im Rahmen der Nato-Mitgliedschaft fallen hingegen Kosten im Zuge der Stationierung von Nato-Truppen auf deutschem Boden an. Deutschland belegt einen Platz unter den 10 größten Kohlenstoffdioxid-Emittenten.
Fakten
Das Video stammt vom österreichischen Sender «Auf1» aus einer Sendung vom 1. November 2022. Es enthält falsche sowie verkürzte Aussagen, zu denen wichtiger Kontext fehlt.
Zahlt Deutschland noch immer Besatzungskosten?
Im verbreiteten Video-Ausschnitt fällt bei Minute 00:26 die Aussage «Die BRD berappt die Besatzungskosten. Zahlt also für die US-Streitkräfte auf deutschem Boden». Diese Äußerung ist teilweise falsch und zielt auf die «Reichsbürger»-Ideologie ab. Die Anhänger dieser Verschwörungstheorie behaupten, Deutschland sei kein souveräner Staat und noch immer besetzt.
Als Besatzungskosten werden die finanziellen Aufwendungen für Besatzungstruppen auf einem besetzten Staatsgebiet bezeichnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland von den vier Siegermächten verwaltet. In den westdeutschen Besatzungszonen unter der Kontrolle von Frankreich, Großbritannien und den USA wurde 1949 mit der Bundesrepublik Deutschland (BRD) ein demokratischer Teilstaat gegründet – während im Osten ein Staat nach sowjetischem Vorbild entstand. In der BRD gab es tatsächlich ab September 1949 für einige Jahre ein Besatzungsstatut.
Das Besatzungsstatut erlosch jedoch im Mai 1955, als die Pariser Verträge in Kraft traten – damit endete auch die Besetzung der BRD. Seither ist die BRD ein souveräner Staat – bis 1991 allerdings unter Vorbehalt, denn die Siegermächte behielten einige Befugnisse. Im März 1991 wurde dieser Zustand mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag beendet, die Besatzungsmächte verloren so ihre verbliebenen Rechte.
Im Grundgesetz (GG) ist in Artikel 120 geregelt, dass der Bund für Besatzungskosten und sonstige Kriegsfolgelasten aufkommt. Seit der Beendigung der Besatzung durch die Pariser Verträge 1955 muss Deutschland aber keine Besatzungskosten mehr zahlen. Wie auch aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Bürgeranfrage hervorgeht, die auf «FragDenStaat» einsehbar ist, hat die BRD seit 1955 keine Besatzungskosten im Sinne des Art. 120 GG mehr gezahlt.
Das Ende der Besatzung durch die Pariser Verträge lieferte derweil die Grundlage für die deutsche Mitgliedschaft im Verteidigungsbündnis Nato. 1955 trat die BRD dem Bündnis bei. Das Nato-Truppenstatut und bestimmte Zusatzvereinbarungen regeln den Aufenthalt von Nato-Mitgliedern auf dem Territorium anderer Mitgliedstaaten. Damit wird zum Beispiel den USA ermöglicht, Soldaten in Deutschland zu stationieren.
Damit fallen für die Bundesregierung jedoch einige Kosten an. So hat Deutschland in zehn Jahren fast eine Milliarde Euro für die Stationierung von US-Truppen in Deutschland gezahlt, wie 2020 aus einer Anfrage einer Linken-Bundestagsabgeordneten hervorging.
Allerdings ist das nur ein Bruchteil der Gesamtkosten, denn die ausländischen Streitkräfte tragen die Kosten für die Stationierung ihrer Truppen im Ausland, etwa für Besoldung und Unterbringung, grundsätzlich selbst. So hatte das US-Verteidigungsministerium 2019 in einer Haushaltsprognose die Ausgaben für in Deutschland stationierte Militäreinheiten allein für das Jahr 2020 auf rund 8,125 Milliarden US-Dollar geschätzt. Für das Jahr 2023 geht die US-Behörde von Kosten in Höhe von rund 8,407 Milliarden US-Dollar aus, also knapp 8 Milliarden Euro.
Bei der EU-Mitgliedschaft geht es nicht nur ums Geld
Es stimmt, dass Deutschland als Mitgliedstaat Geld nach Brüssel überweist: Jeder EU-Mitgliedsstaat muss jedes Jahr einen Anteil seines Bruttonationaleinkommens (BNE) in den EU-Haushalt einzahlen. Aber jedes Land erhält auch Mittel zurück, die für verschiedene Arten von Projekten ausgegeben werden können.
Betrachtet man ausschließlich Einnahmen und Ausgaben, gibt es Länder, die mehr Leistungen erhalten, als sie einzahlen und umgekehrt. Es handelt sich um das Prinzip der Nettoempfänger und Nettozahler. Deutschland war laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft 2021 der größte Nettozahler der EU. Die BRD hat also mehr eingezahlt, als sie an Geldern von der EU zurückbekommen hat.
Die Fokussierung auf das Einnahmen-Ausgaben-Verhältnis lässt allerdings die Vorteile einer EU-Mitgliedschaft aus dem Blick, wie die dpa bereits in einem ausführlichen Faktencheck erklärt hat: Die BRD profitiert beispielsweise vom europäischen Binnenmarkt und dem freien Dienstleistungs- und Warenverkehr. Außerdem können Länder von der Verteilung von Geld an andere EU-Staaten auch indirekt profitieren – etwa bei EU-Zahlungen für den Grenzschutz.
Was hat es mit den CO2-Emissionen und «Klimareparationen» auf sich?
Später im Video geht es um «Klimareparationen», die Deutschland an Entwicklungsländer zahlen soll (ab Minute 00:44). Dabei ist die Rede von «im Weltmaßstab lächerlich geringen deutschen CO2-Emissionen» sowie einer «Ausplünderung Deutschlands», die bei der UN-Klimakonferenz 2022 in Ägypten angeblich ganz oben auf der Tagesordnung stehe.
Die Aussagen beziehen sich auf die Diskussion über mögliche Entschädigungszahlungen bei klimabedingten Schäden. Hintergrund der Debatte ist die Frage, ob Industrienationen, die stärker zum menschengemachten Klimawandel beitragen, jene Länder finanziell unterstützen sollten, die von den Auswirkungen des Klimawandels besonders stark betroffen sind.
Allein die G20-Staaten sind laut dem Statistischen Bundesamt für insgesamt 81 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Deutschland gehört nach Daten für 2020 zu den zehn Staaten mit dem größten CO2-Ausstoß.
Auf der Weltklimakonferenz 2022 haben sich die Staaten auf einen gemeinsamen Geldtopf zum Ausgleich von Klimaschäden in ärmeren Ländern geeinigt. Im Beschluss werden aber keine Summen für den neuen Fonds genannt und es bleibt offen, welche Länder genau einzahlen sollen.
(Stand: 14.12.2022)