Seit dem 17. März 2023 liegt gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) vor. Ende März kursieren in sozialen Netzwerken Beiträge, in denen behauptet wird, dass Putin angeblich aktuell in Südafrika gelandet sei. Ein Video soll den angeblichen Beweis dazu liefern. Darin ist zu sehen, wie Putin auf dem Rollfeld eines Flughafens wartenden Personen zuwinkt. Dieses Video ist jedoch irreführend: Es stammt aus dem Juli 2018, als in Johannesburg der zehnte Brics-Gipfel stattfand. Die Brics-Staaten sind eine Vereinigung aufstrebender Volkswirtschaften zu denen Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika gehören.
Der französischsprachige Beitrag mit dem englischsprachigen Video wurde seit dem 26. März 2023 über 3000 Mal auf Facebook geteilt und über 2000 Mal kommentiert.
Die Behauptung: Ein kongolesisches Konto auf Facebook verkündet die angebliche „Ankunft Putins“ in Südafrika. Gleich zu Beginn kündigt die Moderatorenstimme aus dem Off auf Englisch die Ankunft Wladimir Putins auf südafrikanischem Boden an. Man sieht den russischen Präsidenten, wie er beim Aussteigen aus dem Flugzeug die Wartenden begrüßt.
Screenshot der Behauptung auf Facebook: 3. März 2023
Der viral gegangene Beitrag löste eine Flut von Pro-Putin-Kommentaren aus. Einige wünschen ihm eine gute Ankunft in Südafrika, andere fordern jeden heraus, der ihn verhaften wollen und spielen offensichtlich auf den Haftbefehl an, den der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) am 17. März 2023 gegen den russischen Präsidenten ausgestellt hat. Laut dem IStGH soll mit dem Haftbefehl die Verantwortung Wladimir Putins für Kriegsverbrechen festgestellt werden, die seit der russischen Invasion in der Ukraine begangen wurden. Faktenchecks zum Krieg in der Ukraine sammelt AFP hier.
Zusammenhang zu Haftbefehl hergestellt
Wladimir Putin „ist mutmaßlich verantwortlich für das Kriegsverbrechen der illegalen Verschleppung von Bevölkerung (Kindern) und des illegalen Transfers von Bevölkerung (Kindern) aus den besetzten Gebieten der Ukraine in die Russische Föderation“, heißt es in einer Erklärung des Gerichts.
Die Gerüchte über Putins Ankunft in Südafrika kommen zu einem Zeitpunkt, an dem sich Südafrika als Gastgeberland auf den 15. Brics-Gipfel vorbereitet, der im August 2023 stattfinden wird und an dem außerdem Brasilien, Russland, Indien und China teilnehmen.
In einem Video, das auf Tiktok viral ging und später weiter auf Facebook verbreitet wurde, benutzt ein Nutzer den Videobericht zum angeblichen aktuellen Putin-Besuch in Johannesburg, um den IStGH spöttisch herauszufordern: „Putin ist jetzt hier in Südafrika. Geht hin und verhaftet ihn. Los geht’s.“
Video stammt von 2018
Die Sequenz, die den russischen Präsidenten beim Aussteigen aus dem Flugzeug zeigt, ist jedoch keineswegs aktuell. Es handelt sich zwar um einen echten Bericht des staatlichen südafrikanischen Fernsehsenders SABC, aber das Banner „Ankunft in Südafrika für den 10. Brics-Gipfel“ am unteren Bildschirmrand weist darauf hin, dass es sich um eine ältere Aufnahme handelt. Der zehnte Brics-Gipfel fand 2018 in Südafrika statt. Putin hatte an dieser Konferenz mit den Staatsoberhäuptern der anderen Mitgliedstaaten der Brics-Gruppe teilgenommen.
Von links nach rechts: Indiens Premierminister Narendra Modi, der chinesische Präsident Xi Jinping, der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa, der russische Präsident Wladimir Putin und der damalige brasilianische Präsident Michel Temer posieren für ein gemeinsames Foto beim zehnten Brics-Gipfel am 26. Juli 2018 in Johannesburg in Südafrika. – MIKE HUTCHINGS / POOL
Eine Google-Suche mit dem Namen des südafrikanischen Staatsmediums SABC und dem Titel des Berichts, führte zum Originalbericht, der auf dem Youtube-Kanal des Mediums zu finden ist. Der englische Titel „SABC News Präsident Putin landet in Südafrika“ steht im verbreiteten Video am unteren Bildrand.
Der letzte Brics-Gipfel fand virtuell am 23. Juni 2022 statt, als Putin seine Partner angesichts der „egoistischen Handlungen“ der westlichen Länder vor dem Hintergrund der beispiellosen Sanktionen gegen Moskau aufgrund des Ukraine-Konflikts zur Zusammenarbeit aufrief.
Das Akronym BRIC prägte der britische Wissenschaftler Jim O’Neill 2001, um die aufstrebenden Volkswirtschaften Brasilien, Russland, Indien und China zu benennen. Ihr erstes Gipfeltreffen fand 2009 in Russland als Reaktion auf die Finanzkrise statt. Südafrika trat der Gruppe 2010 bei und veränderte das Akronym damit auf BRICS. Diese fünf Länder stellen über 40 Prozent der Weltbevölkerung und fast ein Viertel des weltweiten Bruttoinlandprodukts.
Enge Verbindungen zwischen Pretoria und Moskau
Putin wurde zu dem für August geplanten Gipfel eingeladen, auch wenn der vorliegende Haftbefehl „natürlich ein Grund zur Sorge“ sei, sagte die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor Ende März 2023 vor der Presse.Südafrika hat den IStGH anerkannt und ist verpflichtet, den Haftbefehl zu vollstrecken, sollte Putin sein Hoheitsgebiet betreten. Laut Außenministerin Pandor muss die Regierung noch zusammenkommen, um „über die beste Vorgehensweise zu entscheiden“.
Am 1. April 2023 gab der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) in Südafrika bekannt, dass er hochrangige Vertreter zu einem 48-stündigen „Arbeitsbesuch“ mit der Partei Einiges Russland von Präsident Wladimir Putin nach Russland entsandt habe, der auch Gespräche über eine „Anpassung der Weltordnung“ beinhalte, wie AFP berichtete.
„Dieser Besuch folgt einer Einladung der Partei Einiges Russland, der größten politischen Partei Russlands, die ein langjähriger Freund und Verbündeter des ANC ist“, gab die südafrikanische Partei in einer Erklärung bekannt.
Südafrika steht seit Beginn des Krieges in der Ukraine wegen seiner Nähe zu Moskau in der Kritik. Pretoria behauptet, eine „neutrale“ Position einzunehmen, und weigert sich, sich den westlichen Aufrufen zur Verurteilung Russlands anzuschließen, da es den Dialog fördern wolle.
Das Land hat außerdem im Februar 2023 Marineübungen mit Russland und China vor seiner Küste ermöglicht, was auf internationaler Ebene „Besorgnis“ ausgelöst hat.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow stattete Pretoria im Januar 2023 einen offiziellen Besuch ab. Die Verbindungen zwischen Südafrika und Russland reichen bis in die Zeit der Apartheid zurück, da der Kreml den ANC im Kampf gegen das rassistische Regime unterstützte.
Fazit: Das verbreitete Video zeigt nicht, wie der russische Präsident Wladimir Putin kürzlich in Südafrika gelandet ist. Das Video stammt aus dem Jahr 2018 und zeigt ihn, wie er zum zehnten Brics-Gipfel anreiste. AFP konnte den originalen Fernsehbericht mit dem Video in sozialen Netzwerken abgleichen und so das ursprüngliche Veröffentlichungsdatum feststellen.