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Dieses Video zeigt nicht die Folgen eines Erdbebens in Tadschikistan

Im Zuge des Erdbebens in der türkisch-syrischen Grenzregion im Februar 2023 wurden zahlreiche Aufnahmen aus dem Kontext gerissen oder mit falschen Behauptungen geteilt. Ein aktuell zirkulierendes Video soll angeblich das Ausmaß der Zerstörung nach einem anderen Beben in Tadschikistan zeigen. Tatsächlich handelt es sich dabei aber um einen Clip aus der Türkei von Anfang Februar. Eine Suche nach dem Aufnahmeort in Google Street View bestätigte dies. 

Mehrere Nutzerinnen und Nutzer teilten die Aufnahme Ende Februar 2023 auf Facebook. Auf Telegram sahen Zehntausende den Clip.

Die Behauptung: Der kursierende Clip wurde aus einem Auto heraus gefilmt, das entlang einer Straße mit zahlreichen zerstörten Gebäuden fährt. Dazu schreiben User: „Tadschikistan – Beben massiver als berichtet!“ Angeblich soll das Video aus einem Erdbebengebiet in dem zentralasiatischen Land stammen, wo ein Beben der Stärke 6,8 gemessen wurde. Dabei habe es nicht nur „mäßige Folgen“ gegeben.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 01. März 2023 

Bereits nach mehreren Beben im türkisch-syrischen Grenzgebiet am 6. Februar 2023 kursieren online aus dem Zusammenhang gerissene Videos und Bilder zu der Katastrophe. AFP hat einige von ihnen überprüft, zum Beispiel alte Aufnahmen einer Explosion in Beirut oder eine weitere alte Aufnahme eines Rettungshundes.

Die Behauptungen zu dem aktuell kursierenden Clip beziehen sich auf ein Erdbeben der Stärke 6,8, das am 23. Februar 2023 im Osten von Tadschikistan auftrat, wie AFP berichtete. Die Bevölkerung sei dabei wenig bis gar nicht von Erdrutschen betroffen gewesen. Das Epizentrum des Bebens trat in der dünn besiedelten Provinz Berg-Badachschan an der Grenze zu Afghanistan und China auf. Auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete, es würden keine Meldungen über Verletzte oder Schäden vorliegen.

Video entstand bereits vor dem Beben in Tadschikistan

Zur Überprüfung des Videos nutzte AFP eine umgekehrte Bildsuche. Dabei werden Screenshots aus dem Clip mit bereits veröffentlichten Aufnahmen in Suchmaschinen abgeglichen.

Die Suche führte zu mehreren Faktencheck-Artikel, die sich bereits mit dem Clip befassten (hier, hier). Demnach wurde der Clip bereits am 8. Februar 2023 auf Youtube veröffentlicht, also mehrere Wochen vor dem Beben in Tadschikistan.

In der Videobeschreibung heißt es, die Aufnahme sei 50 Stunden nach dem Beben in der Türkei entstanden. Dies passt zum Zeitpunkt des Erdbebens vom 6. Februar 2023 im türkisch-syrischen Grenzgebiet, bei dem bis zum 28. Februar 2023 mehr als 50.000 Menschen ums Leben kamen.

Weiter heißt es zu dem Clip, es seien nach wie vor Menschen unter dem Geröll, die Hilfe benötigten. Das Video findet sich auch in besserer Qualität auf Twitter, wie das Nachrichtenportal „The Quint“ berichtete. Dort wurde es ebenfalls am 8. Februar 2023 mit derselben Beschreibung zum Youtube-Video hochgeladen. Der Twitter-User gibt zudem in einem Thread an, dass das Video aus der türkischen Provinz Hatay im Süden des Landes stamme.

Ein weiterer Upload vom 8. Februar 2023 findet sich mit gleicher Beschreibung auf der Plattform Dailymotion.

Ladenschilder bestätigen Aufnahmeort in der Türkei

Dass sich der Aufnahmeort des Videos in der Türkei befindet, lässt sich anhand einer Geolokalisierung nachvollziehen. Dabei werden sichtbare Hinweise aus dem Video benutzt, um festzustellen, wo sich dessen Standort befindet.

In dem Video fallen mehrere Ladenschilder ins Auge. So ist beispielsweise die Aufschrift „eczane“ zu lesen, die türkische Bezeichnung für eine Apotheke. Ebenso ist der Begriff „tavukçuluk“ zu lesen, ein Geflügelgeschäft und das Wort „Basmanlar“.

Aufschriften aus dem Twitter-Video vom 8. Februar 2023: Screenshots vom 2. März 2023 

Eine Suche nach den Begriffen „Basmanlar“ und „Hatay“ führt schließlich zu einem der Läden aus dem Video. Bei diesem handelt es sich um eine Bäckerei und Metzgerei in der Stadt Antakya. Ein Vergleich des Twitter-Videos mit Bildern aus Google Street View bestätigt den Standort. Übereinstimmende Elemente sind beispielsweise das Ladenschild, die Strommasten, die Dächer der Häuser im Hintergrund, Flecken auf dem Asphalt und eine Grünfläche rechts der Straße.

Bildvergleich von Google Street View (links) und des Twitter-Videos (rechts): Screenshots und Markierungen vom 2. März 2023 

Auch die Apotheke und der Geflügelhändler aus dem Video finden sich auf derselben Straße wieder.

Fazit: Das online kursierende Video zeigt nicht die Folgen eines Erdbebens in Tadschikistan. Es entstand Anfang Februar in der türkischen Provinz Hatay. Das lässt sich anhand von weiteren Uploads des Clips aus dem Zeitraum und einer Geolokalisierung nachvollziehen. AFP und weitere Medien berichteten, nach einem Beben in Tadschikistan am 23. Februar 2023 sei die Bevölkerung wenig bis gar nicht von Erdrutschen betroffen gewesen.

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Autor(en): Saladin SALEM / AFP Deutschland

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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