Der diesjährige Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft Katar steht aufgrund seines Umgangs mit Gastarbeiterinnen und Arbeitern, Frauen und der LGBTQ-Gemeinschaft in der Kritik. User verbreiteten Mitte November online Beiträge, in denen es heißt, der Torjubel werde während der WM in Katar untersagt, da dieser „zu schwul“ sei. Die Meldung ist allerdings frei erfunden und basiert auf einem satirischen Beitrag der Nachrichtenseite „Welt“. Im Regelwerk der Fifa findet sich kein solcher Vermerk.
Das vermeintliche Torjubel-Verbot wurde von Usern auf Facebook, sowie Telegram und Twitter thematisiert. Die österreichische Nachrichtenseite „Exxpress“ übernahm die vermeintliche Meldung zunächst, fügte später allerdings einen Satire-Hinweis am Ende des Textes hinzu.
Der „Exxpress“-Artikel wurde zudem am 10. November 2022 von Norbert Hofer, dem ehemaligen Vorsitzenden der rechtspopulistischen Partei FPÖ, geteilt, wie der österreichische „Kurier“ berichtete. Er entfernte den Link später, ließ seine Kritik am Austragungsort aber online. Die Sportsprecherin der FPÖ, Petra Steger, verbreitete die Meldung ebenfalls und erklärte, dies bringe das Fass zum Überlaufen. Mittlerweile ist die entsprechende Webseite der FPÖ nicht mehr abrufbar.
Die Behauptung: „Fifa verbietet Teams Torjubel“, schreibt ein User zur kommenden Weltmeisterschaft auf Facebook. Aus Rücksicht auf das Gastgeberland Katar habe die Fifa angeblich entschieden, dass Tore bei der WM von den Teams nicht ausgelassen bejubelt werden dürfen. Dies sei „zu schwul“. Andernfalls drohten den Spielern Gefängnisstrafen.
Die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 an das Golfemirat Katar wird seit Jahren immer wieder kritisiert. Bereits nach Bekanntgabe des Austragungsortes im Jahr 2010 nannte der damalige US-Präsident Barack Obama die Wahl eine „schlechte Entscheidung„. Bis heute wird die Vergabe von Vorwürfen der Korruption begleitet. Zudem kommt es immer wieder zu Berichten über verstorbene Gastarbeiter, die in Katar auf Baustellen für die WM eingesetzt worden waren.
Neben der Situation der Gastarbeiter und Korruptionsvorwürfen steht im Zuge der WM in Katar auch die Einschränkung der Rechte von Frauen und LGBTQ-Personen in Katar im Fokus. Im Juli 2022 kritisierte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, das Land unterdrücke die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen und Transpersonen und bestrafe gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit bis zu sieben Jahren Gefängnis.
Der katarische WM-Botschafter Khalid Salman schockierte im November 2022 mit homophoben Aussagen. In einer ZDF-Dokumentation bezeichnete dieser Homosexualität als „geistigen Schaden“. Das Golfemirat versicherte im Vorfeld der WM, dass auch LGBTQ-Personen willkommen seien, sofern sie die lokale Kultur respektierten. Human Rights Watch beschuldigte das Land jedoch noch im Oktober 2022, LGBTQ-Personen inhaftiert und misshandelt zu haben.
Vermeintliche Torjubel-Meldung ist Satire
Bereits eine Web-Suche nach Meldungen zu einem vermeintlichen Torjubel-Verbot in Katar führt zu einem Beitrag des Nachrichtenportals „Welt“. Dort wird getitelt: „Zu schwul – Fifa verbietet Teams Torjubel bei WM in Katar“. In einigen Facebook-Beiträgen ist ebenfalls die „Welt“ beziehungsweise der Autor des Textes Jean Gnatzig als Ursprung der Meldung zu erkennen.
Bei dem Beitrag handelt es sich allerdings um klar gekennzeichnete Satire – der Inhalt des Textes ist erfunden. Über dem Artikel findet sich ein entsprechender Hinweis. Zudem heißt es dort, der Text sei im „Glasauge“, dem Satiremagazin der „Welt“, erschienen. Hier handelt es sich also um keine echte Meldung. Auch der Autor wird auf der Webseite als „Head of Silly Content“, also als „Verantwortlicher für alberne Inhalte“, bezeichnet.
Keine solche Vorschrift für die WM 2022 bekannt
Auf AFP-Anfrage erklärte auch ein Sprecher des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am 16. November 2022, eine solche Vorschrift sei unbekannt. „Von allen solchen angeblichen Regeln wissen wir nichts.“
Das Regelwerk der Fifa für die Weltmeisterschaft in Katar ist zudem online zugänglich. Ein Verbot von Torjubel findet sich darin allerdings nicht. Auch in den aktuellen Spielregeln des International Football Association Board (Ifab) ist davon nicht die Rede. Darin heißt es lediglich: „Spieler dürfen nach einem Tor jubeln, solange sie es nicht übertreiben“. Der Jubel dürfe zu keiner Zeitverzögerung führen. Die Fifa kommentierte eine entsprechende AFP-Anfrage nicht.
Fazit: Nein, der Torjubel ist bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar nicht verboten. Ein entsprechender Satire-Beitrag der „Welt“ wurde fälschlicherweise vom österreichischen Portal „Exxpress“ und Politikern der österreichischen FPÖ weiterverbreitet. Dem Deutschen Fußball-Bund ist eine solche Vorschrift nicht bekannt. Entsprechende Regeln finden sich weder im Regelwerk für die WM in Katar noch in den Spielregeln des International Football Association Board.