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Dutzende Schusswaffen bei «Reichsbürger»-Razzien sichergestellt

Hartnäckig hält sich seit den Razzien bei einer «Reichsbürger»-Gruppierung die Behauptung, die Ermittler hätten nur «eine Schusswaffe» gefunden, obwohl sie Dutzende Objekte durchsuchten. Im Zusammenhang damit werden Zweifel an der Gefährlichkeit und am Gewaltpotential der Verdächtigen geäußert. Aber stimmt die Angabe über den angeblich sehr geringen Umfang der Waffenfunde?

Bewertung

Bei den Durchsuchungen wurden Berichten zufolge weit mehr Waffen sichergestellt, darunter auch viele Schusswaffen. Wenige Stunden nach den Razzien gab es zwar noch Berichte über nur eine sichergestellte Schusswaffe. Im Innenausschuss des Bundestages wurde einige Tage später jedoch ein größerer Umfang genannt: Demnach sind es mehr als 40 Feuerwaffen.

Fakten

Der Generalbundesanwalt hat am Mittwoch, dem 7. Dezember 2022, in ganz Deutschland sowie in weiteren europäischen Ländern Razzien durchführen lassen. Sie richteten sich gegen eine Gruppierung, der vorgeworfen wird, einen gewaltsamen Umsturz geplant zu haben.

Die Verdächtigen werden den sogenannten «Reichsbürgern» zugerechnet. Dabei handelt es sich um einen Verschwörungsmythos, laut dem die Bundesrepublik Deutschland nicht existiert beziehungsweise kein souveräner Staat sei – stattdessen bestehe laut dieser Ideologie das Deutsche Reich weiter. Der Verfassungsschutz zählt derzeit rund 23 000 Menschen in Deutschland zu den Anhängern dieser Ideologie.

Nach Angaben des Generalbundesanwalts vom 7. Dezember wurden mehr als 130 Objekte durchsucht, später war von rund 160 Objekten die Rede. Beteiligt waren rund 3000 Polizisten. Damit gilt die Razzia als eine der größten Durchsuchungsaktionen in der Geschichte der Bundesrepublik. 25 Verdächtige wurden festgenommen. Ihnen wird unter anderem die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Die Razzien wurden in den Medien ausführlich thematisiert. Noch im Laufe des Mittwochs veröffentlichte etwa die Zeitung «Welt» online erste Angaben aus Sicherheitskreisen zu den sichergestellten Waffen: «Nach Informationen von WELT wurden bislang eine scharfe Schusswaffe, Schreckschusswaffen, Prepper-Vorräte und Tausende Euro Bargeld gefunden.»

Ermittler machten mehrfach neue, höhere Angaben

Das «bislang» verdeutlicht: Der wiedergegebene Stand ist ein vorläufiger. Noch am selben Abend machte der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, neue Angaben zu den Waffenfunden. In einem Interview im ZDF-«heute journal» sagte er, man habe in etwa 50 durchsuchten Objekten Waffen gefunden – «von der Armbrust und der Steinschleuder bis hin zur Pistole und zur Langwaffe und auch Munition». Langwaffe ist ein waffenrechtlicher Begriff und umfasst etwa Gewehre.

Schon am Abend des 7. Dezember gab es also neuere und umfangreichere Angaben, auch wenn Münch die gefundenen Schusswaffen nicht genau bezifferte. Die «Welt» zitierte die Angaben von Münch in einem neuen Artikel am 8. Dezember. Doch in den folgenden Tagen hielt sich in Blogbeiträgen und in den sozialen Netzwerken weiter die frühere Angabe über «nur eine Schusswaffe» beziehungsweise «eine scharfe Waffe». Sie wurde auch in einem Meme wiedergegeben, das die Gruppierung und ihre Absichten auf satirische Weise ins Lächerliche zog.

Am Montag, dem 12. Dezember, informierten die Ermittler in Sondersitzungen den Rechts- und den Innenausschuss des Bundestages über die Ergebnisse der Durchsuchungen. Im Anschluss berichteten verschiedene Medien über die Unterrichtungen und beriefen sich dabei auf Angaben von Ausschussmitgliedern. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) schrieb von «Dutzenden Waffen», «darunter drei scharfe Schusswaffen». Zudem sollen auch Magazine für weitere Waffen gefunden worden sein, die bei der Razzia nicht entdeckt wurden.

Die «Welt» schrieb unter Berufung auf Ausschussmitglieder, dass 93 Waffen beschlagnahmt worden seien, darunter «19 Faustfeuerwaffen (Kurzwaffen) sowie 25 Langwaffen». Zudem seien Messer, Armbrüste, Dekowaffen und Schreckschusspistolen gefunden worden sowie «rund 200 legale Waffen eines Waffenhändlers, der ebenfalls zu den Beschuldigten gehört». Wie viele der weiteren Waffen von den Beschuldigten legal oder illegal besessen wurden, ist nicht bekannt.

Doch auch mehr als eine Woche nach den Razzien und auch nach den Berichten über die Ausschusssitzungen kursiert die irreführende Angabe über nur «eine Schusswaffe» weiter.

(Stand: 14.12.2022)

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Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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