Bewertung
«PrognosUmfragen» erfüllt nicht die Transparenzstandards der Meinungsforschung und wird deshalb von Experten als unseriös eingeschätzt. Bei den angeblichen Umfrageergebnissen wird nicht klar, ob und wie sie erhoben wurden.
Fakten
Laut der Kurzvita auf dem X-Account von «PrognosUmfragen» handelt es sich um «beste Wahlprojektionen auf Grundlage von Umfragen und Analysen», allerdings ohne anzugeben, wie diese erstellt werden. Als Projektionen bezeichnet man Umfrageergebnisse, die unter anderem mit langfristigen politischen Einstellungen verrechnet werden. So sollen Umfragen die Wahlergebnisse noch genauer voraussagen.
Im Dezember 2012 veröffentlichte «PrognosUmfragen» erstmals angebliche Umfragewerte auf X, ehemals Twitter. Seither postete der unbekannte Nutzer tausende Tweets, unter anderem mit Zahlen zu Europa-, Landtags- und Bundestagswahlen.
Auffällig ist die Namensähnlichkeit zwischen dem X-Account und der Prognos AG, einem Schweizer Wirtschaftsforschungsinstitut. «Die Person hinter dem Account ist uns nicht bekannt und steht in keiner Beziehung zur Prognos AG», erklärte die Prognos AG bereits im Jahr 2019 in einer Stellungnahme. «PrognosUmfragen» fügte allerdings anschließend in die X-Vita den Hinweis ein: «nicht Prognos AG».
Hintergründe der Werte völlig unklar
Mit seinen Projektionen trifft der Account die Wahlergebnisse manchmal sehr genau, manchmal verfehlt er sie deutlich. Zwei Wochen vor der Europawahl 2019 sagte er für Baden-Württemberg ein AfD-Ergebnis von 18 Prozent voraus, tatsächlich wurden es 10 Prozent. Die CDU erhielt 30,8 statt der prognostizierten 24 Prozent.
Der letzten Sonntagsfrage zur Bundestagswahl vom 7. März 2024 zufolge käme die CDU auf 29 Prozent, die Grünen auf 14 Prozent und die AfD auf 19 Prozent. Diese Zahlen stammen vom Institut Infratest dimap und weichen von den Ergebnissen der Projektion von «PrognosUmfragen» ab, bei der die AfD ein höheres Ergebnis bekommt.
Der X-Account verweist auf kein Impressum, der Nutzer ist damit nicht identifizierbar. Auf Nachfrage der dpa via X für frühere Faktenchecks wollte sich der Betreiber dazu nicht äußern. Laut eigenen Angaben beschäftigt er jedoch mehrere Mitarbeiter, die mindestens Masterabschlüsse im sozialwissenschaftlichen Bereich haben.
Es ist jedoch weder klar, wie viele Menschen bei den Umfragen befragt wurden, noch ob sie online oder per Telefon kontaktiert wurden. Es ist auch nicht bekannt, welche Fragen den Teilnehmern gestellt wurden und wer die angeblichen Umfragen in Auftrag gegeben hat.
Seriöse Umfrageinstitute legen Arbeitsweise offen
Bei seriösen Umfrageinstituten sollten diese Daten veröffentlicht werden. Damit können sich Redaktionen und Leser ein Bild davon machen, wie glaubhaft eine Umfrage ist – und ob sie überhaupt stattgefunden hat. Der Rat der Deutschen Markt- und Sozialforschung regelt die Einhaltung von wissenschaftlichen Methoden und dient, ähnlich wie der Presserat für Journalisten, der freiwilligen Selbstkontrolle für Umfrage-Unternehmen.
Auf dpa-Anfrage erklärt der Vorstandsvorsitzende des Rates, Raimund Wildner: «Grundsätzlich ist nicht erkennbar, ob die Umfrage seriös ist oder nicht. Die Art der Darstellung ist es jedenfalls nicht.» Wildner betont, dass bei den Veröffentlichungen bei «PrognosUmfragen» alle wesentlichen Informationen fehlen, um glaubhaft zu sein. Inzwischen hat der Rat auch eine eigene Stellungnahme veröffentlicht.
Auch Matthis Cartow vom Portal «Wahlrecht.de» schätzt im Gespräch mit dem Spiegel «PrognosUmfragen» als unseriös ein. Hinter dem Account stecke «eine Einzelperson, die manchmal frei Zahlen erfindet, manchmal aktuelle Umfragen nimmt und sie in ihrem Sinne abwandelt», so der Experte.
(Stand: 19.3.2024)