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Geschichte über einen ukrainischen Grabstein ist erfunden

Der Fall könnte zu Tränen rühren – wenn er denn wahr wäre: Auf Facebook und X wird erzählt, dass eine ukrainische Mutter auf den Grabstein ihres gefallenen Sohnes die Worte «illegal mobilisiert» habe schreiben lassen. Eine Abbildung des Grabs soll das beweisen.

Die Erzählung macht in verschiedenen Sprachen im Netz die Runde, manchmal ergänzt um ein offiziell aussehendes Dokument. Demnach habe die Frau juristische Schritte zu befürchten, wenn sie die Inschrift nicht entfernen lasse. Stimmt das alles?

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Die Abbildung wurde aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt. Auch das Dokument ist eine Fälschung, denn es fehlen juristisch notwendige Angaben und es ist in keinem Register zu finden.

Fakten

In dem Schriftstück, das mitunter zu dem Bild verbreitet wird, ist auf Ukrainisch von einem Verwaltungsverfahren am Amtsgericht von Browary in der Oblast Kiew die Rede. Das Gericht beschäftige sich mit einer Angelegenheit, die von einer Firma namens Brovary Ritual Service vorgebracht worden sei.

Die Mutter des gefallenen Soldaten sei aufgefordert worden, die Inschrift auf dem Grabstein binnen fünf Werktagen, spätestens aber bis zum 7. April 2025, zu ändern. Unterschrieben ist der Brief von den angeblichen Richtern «D.D. Luspenyk» und «O.V. Bilokon». Aus verschiedenen Punkten geht hervor, dass dies eine Fälschung ist.

Todesopfer ist nicht zu finden

Zunächst einmal ist das angebliche Todesopfer nirgends zu finden. Sein Name (Олійник) steht nicht auf den Listen ukrainischer Gefallener wie etwa der Website ualosses.org. Deren Angaben gelten laut BBC als zuverlässig.

Auf der Seite der Stadt Browary, wo in der Vergangenheit schon die Namen von Gefallenen genannt wurden, ist ebenfalls keine Spur des jungen Mannes zu finden. Im Gegenteil bestätigte der Bürgermeister der Stadt auf Facebook, das der Fall eine Erfindung sei und der Name auf keiner Totenliste stehe.

Eine Reihe von Ungereimtheiten

Auf dem angeblichen Dokument des Gerichts fehlen zudem offizielle Registraturnummern, wie sie bei juristischen Schriftstücken üblich sind. Zum Vergleich: Diese juristischen Dokumente sind abgestempelt und tragen eine Registriernummer.

Auch zu den angeblichen Richtern ist wenig zu finden. Im Bezirk Browary tauchen die Namen «ЛУСПЕНИК» (Luspenyk) und «Білоконь» nicht auf. Der Name Luspenyk ist lediglich zu finden als Sekretär des Plenums des Obersten Gerichtshofs der Ukraine, aber damit hat dieser Fall nichts zu tun.

Abbildung ist nicht stimmig

Das Bild von der Grabstelle, um die sich die ganze Geschichte rankt, scheint mittels KI entstanden zu sein. Eine Analyse mit dem COM-PRESS-Tool ergibt mehrere Hinweise auf Unregelmäßigkeiten auf dem abgebildeten Grabstein.

Das ist für sich genommen kein ausreichender Beweis, um von einem AI-Produkt zu sprechen. Aber der Wissenschaftler Hannes Mareen, Experte für Bildmanipulationen an der Universität im belgischen Gent, weist auf mehrere visuelle Auffälligkeiten bei der Abbildung hin.

Beispielsweise seien die Spiegelungen auf dem Grabstein nicht konsistent. «Wenn ich Linien ziehe vom Anfang der drei reflektierten Textzeilen auf dem Grabstein zu ihren Spiegelbildern, und die verlängere, müsste man erwarten, dass sie sich am selben Punkt kreuzen. Das ist aber nicht der Fall, was darauf hinweist, das Text und/oder Spiegelbild falsch sind. Falsche Reflektionen sind ein typischer Mangel bei KI-generierten Bildern, und das wird auch wissenschaftlich untersucht», erklärt Mareen per Mail (Studie und Erläuterung hier).

Die verschiedenen Farbtöne der ukrainischen Flaggen rechts und links der Grabstelle sind Mareen zufolge ein weiteres auffallendes Detail, das seltsam erscheint. Sowohl das Gelb als auch das Blau der beiden Fahnen unterscheidet sich.

(Stand: 16.4.2025)

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Ukraine

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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