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„Gleiches Schema“: Falschbehauptungen zur Stimmabgabe trüben US-Wahlkampf

Vier Jahre nach einem US-Präsidentschaftswahlkampf, der von Desinformation geprägt war, sehen sich US-Amerikanerinnen und -Amerikaner in den letzten Wochen des diesjährigen Wahlkampfs nun erneut mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert. So werden wahrscheinlich auch bei dieser Wahl am 5. November 2024 Behauptungen über Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe und Wahlbetrug ein großes Thema sein. 

Bezüglich des knappen Rennens zwischen Kamala Harris und Donald Trump um das Weiße Haus kursieren bereits etliche Verschwörungserzählungen. Die Tatsache, dass die Stimmauszählung Tage lang dauern wird, wird dem Groll im Netz noch mehr neuen Auftrieb geben.

Nutzerinnen und Nutzer sozialer Medien in Bundesstaaten wie Texas stellen bereits Fehler bei Wahlmaschinen im Zuge der frühzeitigen Stimmabgabe als Beweis für Unregelmäßigkeiten dar. Der ehemalige republikanische Präsident Donald Trump hat die Demokraten außerdem wiederholt beschuldigt, Migrantinnen und Migranten ins Land zu holen, um am Wahltag, dem 5. November 2024, illegal für Harris zu stimmen.

Dieses Narrativ hat enormen Anklang gefunden und knüpft an die jahrelange Wahlleugnungsbewegung in den USA an. Darunter ist der weitverbreitete Irrglaube, dass Wahlen in den USA durch Wahlbetrug seitens der Demokraten manipuliert und gestohlen würden, zu verstehen. Eine unbegründete und falsche Behauptung, die in Wahlleugnungskreisen bis heute aufgestellt wird, ist, dass im Jahr 2020 eigentlich Donald Trump und nicht Joe Biden gewann. Für diese Behauptung gibt es keine Belege.

Laut einer aktuellen Umfrage der universitätsübergreifenden Bright Line Watch-Initiative, sind acht von zehn Personen der republikanischen Partei der Meinung, dass Immigrantinnen und Immigranten ohne Aufenthaltsgenehmigung dazu beitragen könnten, Harris ins Weiße Haus zu bringen (hier archiviert). Auch diese Behauptung wurde wiederholt widerlegt.

„Es ist das gleiche Schema wie im Jahr 2016, dann war es 2020 auch so und jetzt auch 2024“, sagte Lisa Deeley, stellvertretende Vorsitzende der Philadelphia City Commissioners im Bundesstaat Pennsylvania, die mit einer Flut von Desinformation konfrontiert wurden (hier archiviert).

Hinzu kommt noch eine Reihe von gefälschten Prominenten-Unterstützungen, irreführend bearbeiteten Videos von Wahlkampfveranstaltungen und Satire, die als echte Nachrichten ausgegeben werden.

Screenshots aus sozialen Medien: Oktober 2024

Auch Verschwörungserzählungen über zwei Mordanschläge auf Trump während des Wahlkampfs sind weit verbreitet, wobei laut Bright Line Watch mehr als ein Drittel der Demokraten glauben, dass diese inszeniert wurden.

Die Wahl 2020 wurde durch falsche Behauptungen über manipulierte Wahlmaschinen, die Wahlbeteiligung von Toten und illegale Wahlurnen voller Wahlzettel überschattet. All dies gipfelte in dem Angriff von Trump-Anhängerinnen und -Anhängern auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021.

Obwohl es keine Gerichte, Prüfungen oder Nachzählungen gibt, die Beweise für weit verbreiteten Wahlbetrug liefern, rechnen Fachleute diesmal mit einer Flut ähnlicher Unwahrheiten und KI-generierter Bilder sowie vorzeitigen Siegeserklärungen.

„Eine Fehlinformation, die absolut vorhersehbar ist, ist der falsche Eindruck, dass wir am Wahlabend wissen sollten, wer gewonnen hat, und dass etwas nicht stimmt, wenn wir es nicht wissen“, sagte Justin Levitt, Professor für Rechtswissenschaften an der Loyola Marymount University im Bundesstaat Kalifornien (hier archiviert). „Die Vorhersagen, die man erhält, sind wirklich nur Vorhersagen. Und wenn diese eben etwas länger dauern, ist das kein Zeichen dafür, dass die Wahl manipuliert wurde – es ist ein Zeichen dafür, dass die Wahl funktioniert.“

„Geradezu lächerlich“

Laut der Cybersecurity and Infrastructure Security Agency war die letzte US-Präsidentschaftswahl die sicherste in der Geschichte des Landes (hier archiviert).

Von den Abermillionen abgegebenen Stimmen im Jahr 2020 und bei den Zwischenwahlen im Jahr 2022 gab es laut einer Datenbank der konservativen Heritage Foundation nur ein paar Dutzend strafrechtliche Verurteilungen wegen Wahlbetrugs (hier archiviert).

Vom Brennan Center for Justice zusammengestellte Studien, in denen Betrugsfälle vor 2020 untersucht wurden, ergaben ebenfalls, dass Betrug nur selten vorkommt (hier archiviert). US-Amerikanerinnen und -Amerikaner, die solche Straftaten begehen, müssen mit harten Sanktionen rechnen, wie Geldstrafen in Höhe von Tausenden von Dollar oder sogar Gefängnisstrafen.

„Bei all der genauen Prüfung von Wahlen heutzutage ist die Vorstellung, dass es zu weit verbreitetem Wahlbetrug kommen würde, geradezu lächerlich“, sagte Charles Stewart, Leiter des Massachusetts Institute of Technology Election Lab (hier archiviert).

Gewährleistung einer sicheren Wahl

Zwar erlässt jeder Bundesstaat seine eigenen Wahlvorschriften, doch in allen Bundesstaaten gibt es Sicherheitsmaßnahmen bei jedem Schritt des Wahlprozesses. Im Maricopa County in Arizona, den Biden 2020 von den Republikanern zurückeroberte, werden die Unterschriften auf den Briefwahlzetteln einer strengen Prüfung unterzogen.

„Von dort aus haben wir überparteiliche Teams, die dann den Stimmzettel aus dem Umschlag nehmen – das ermöglicht und erst die geheime Wahl“, sagte die stellvertretende Wahlleiterin Jennifer Liewer gegenüber AFP (hier archiviert). Wer vorzeitig wählt, kann seinen Stimmzettel „während des gesamten Wahlvorgangs“ nachverfolgen.

Es gibt strenge Kontrollverfahren für die Stimmzettel, und oft wird die Auszählung auch live übertragen – so auch im Fulton County im Swing State Georgia.

„Wir wollen sicherstellen, dass alles transparent ist, dass die Öffentlichkeit weiß, was für sie auch offengelegt wird – dass sie kommen und sich das ansehen können und dass dann nicht ein Video mit falschen Behauptungen gepostet wird“, sagte Nadine Williams, Leiterin der Registrierungs- und Wahlbehörde des Countys (hier archiviert).

Für diejenigen, die immer noch Zweifel am Wahlprozess haben, empfiehlt Lisa Deeley von den Philadelphia City Commissioners, sich stärker zu engagieren, indem sie sich als Wahlhelfer melden. „So können sie an ihrer eigenen Demokratie mitwirken“, fügte sie hinzu.

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Wahlen, USA, Politik

Autor(en): Daniel FUNKE / Lisa-Marie ROZSA / AFP USA

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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