Bewertung
Nein, das Graffiti existiert nicht. Auf der entsprechenden Hauswand in München war das Bild nicht zu sehen. Wie die Polizei München zudem erklärte, hat es in den vergangenen Wochen auch keine Anzeigen wegen Graffiti in der Straße gegeben. Es handelt sich um eine Fälschung.
Fakten
Die Hauswand, auf die Berliner Künstler das Graffiti angeblich gesprüht haben, steht nicht in der deutschen Hauptstadt. Das kursierende Foto zeigt ein Gebäude in München in der Nähe des S-Bahnhofs Giesing. Das bestätigt ein Abgleich mit Bildern bei Google Street View. Auf einer Aufnahme vom Juli 2023 ist an dieser Wand jedoch kein Graffiti zu sehen.
Ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur (dpa) hat sich am 12. Februar 2024 dort umgesehen. An dem Haus war das Graffiti auch zu diesem Zeitpunkt nicht zu sehen. Es ließen sich keine Hinweise finden, dass die Wand frisch gestrichen oder erst kürzlich gereinigt wurde. Der Reporter hat ein Foto vom aktuellen Zustand der Hauswand gemacht.
Im Netz verbreiten Accounts das Graffiti-Bild seit Anfang Februar in unterschiedlichen Sprachen, insbesondere auf Russisch. Die Polizei München teilte auf Anfrage mit, dass in den vergangenen Wochen keine Anzeigen wegen Graffitis oder Schmierereien in der betroffenen Straße eingegangen seien. Ein weiterer Hinweis, der zeigt: Das Graffiti ist eine Fälschung, ein Foto der Wand wurde manipuliert.
Dafür spricht auch: Es lassen sich keine weiteren Aufnahmen aus anderen Perspektiven finden. Das ist ungewöhnlich. Zu erwarten wäre, dass weitere Passanten Fotos des Graffitis veröffentlicht haben – vor allem wegen des aktuellen politischen Bezugs.
Selenskyj hat kürzlich seinen Armeechef Saluschnyj entlassen
Das Graffiti spielt auf den Personalwechsel in der ukrainischen Militärführung an. Nach fast zwei Jahren russischen Angriffskriegs hatte der ukrainische Präsident Selenskyj am 8. Februar 2024 den beim Volk sehr beliebten Walerij Saluschnyj als bisherigen Oberkommandierenden der Streitkräfte entlassen. Den beiden wurde zuletzt immer wieder ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis nachgesagt. In dem Zusammenhang machten auch Falschinformationen die Runde, etwa ein Deepfake von Saluschnyj.
Die erfundene Wandmalerei von Selenskyj im Clownskostüm wurde schon kurz vor dem Personalwechsel online verbreitet. Einige User teilen dazu auch einen vermeintlichen Screenshot. Dieser soll einen Beitrag der Deutschen Welle (DW) zeigen.
Doch auf der DW-Webseite existiert kein solcher Bericht. Der Screenshot ist also ebenfalls eine Fälschung. Bereits in der Vergangenheit wurde das Logo der Deutschen Welle mehrfach für Fakes missbraucht, um Glaubwürdigkeit vorzutäuschen. Diese Fälschungen transportierten häufig prorussische und anti-ukrainische Inhalte.
Weitere Flächen in München für Fakes verwendet
Im Netz kursieren noch weitere Fake-Motive aus München. Die dafür abfotografierten Wände liegen teils nur wenige Schritte auseinander. So wurde gerade einmal zwei Gehminuten entfernt von der leeren Hauswand für das Clown-Fake ein weiteres Wohnhaus abgelichtet. Auf ein Foto dieser Fassade wurde nachträglich ein erfundenes Graffiti mit dem Konterfei des ultrakonservativen US-Moderators Tucker Carlson eingefügt, wie ein dpa-Faktencheck zeigt.
Weitere 80 Meter entfernt steht ein Haus, auf dem angeblich ein Graffiti von einem Leichenberg aus ukrainischen Soldaten zu sehen sein soll. Für ein erfundenes Gemälde des ukrainischen Präsidenten als Ratte musste zudem die Seitenwand einer Garage im Bezirk Ramersdorf-Perlach herhalten.
In allen Fällen ließen sich die vermeintlichen Bilder vor Ort nicht finden. Laut der Polizei München sind auch für diese Straßen in den vergangenen Wochen keine Anzeigen wegen Graffitis eingegangen.
(Stand: 19.2.2024)