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Hass nach Tat in Mannheim: Antifa-Account ist Internet-Troll

Der tödliche Messerangriff auf einen Polizisten in Mannheim wird auch in den sozialen Medien hitzig diskutiert. Dabei wird der Ton auch schnell rau. Nun soll es im Netz einen Post gegeben haben, der erklärte, der «Bulle» habe den Tod «verdient». Screenshots zeigen einen Account auf der Plattform X namens «Antifa Emskirchen». Viele Nutzer halten das für eine echte Reaktion einer linken Gruppe. Doch dahinter steckt etwas anderes.Bewertung

Es ist keine Antifa-Gruppe in Emskirchen oder der direkten Umgebung bekannt. «Antifa Emskirchen» ist ein Fake-Account, der schon vor Jahren mit Hassnachrichten aufgefallen ist.

Fakten

Ems- was? Die kleine fränkische Gemeinde liegt rund 30 Kilometer entfernt von Nürnberg und soll eine eigene Antifa haben? Mit eigenem X-Account? An der Sache ist einiges zumindest merkwürdig.

Zunächst: Auf der Plattform X kann sich zunächst jeder und jede so nennen, wie er oder sie das möchte. Bei Profilen ohne Verifizierungshaken gibt es keine Kontrolle, wer dahinter steckt.

Zudem kann sich jeder bestehende Account auch später noch mit wenigen Handgriffen eine neue Identität verpassen, indem etwa ein neuer Anzeigennamen (im vorliegenden Fall lautet dieser «Antifa Emskirchen») genutzt, ein anderes Profilfoto hochgeladen oder der Nutzernamen (hier: «@petzgil»), auch Handle genannt, geändert wird.

Auf X gibt es sogar noch weitere Accounts mit dem Anzeigennamen «Antifa Emskirchen», aber mit anderen Handles (hier und hier). Auch ihnen kann man nicht automatisch unterstellen, dass tatsächlich eine antifaschistische Gruppe oder Person dahintersteckt.

Account schon in der Vergangenheit auffällig

Der «Antifa Emskirchen»-Account mit dem Handle «@petzgil», um den es nun so viel Aufregung gibt, war zwischenzeitlich auf der Plattform X eingeschränkt.

Tatsächlich gab es schon in der Vergangenheit Berichterstattung zu Trollaktionen von Accounts mit dem Namen «Antifa Emskirchen». In der bayerischen Gemeinde lebte der sogenannte «Drachenlord». Bei diesem handelt es sich um einen ehemaligen Youtuber aus der Region, der Opfer von Cyber-Mobbing wurde.

Wie etwa die Nachrichtenplattform «t-online» im Juni 2021 berichtet, hat ein X-Account (vormals Twitter) namens «Antifa Emskirchen» regelmäßig Empörung im Zusammenhang mit dem «Drachenlord» losgetreten. Und auch in einem «t-online»-Artikel vom Dezember 2019 steht der Satz: «In der Vergangenheit hatte auch eine angebliche „Antifa Emskirchen“ mit absurden Tweets Hass auf die Antifa geschürt.»

Wer verbirgt sich hinter «Antifa Emskirchen»?

Wer sich hinter dem «@petzgil»-Account versteckt, ist nicht nachzuweisen. Am 7. Juni zeigt das Profil nicht mehr den Anzeigennamen «Antifa Emskirchen», sondern gleichlautend mit dem X-Handle: «petzgil». Auch das Profilfoto wurde ausgetauscht: Statt einem Logo mit zwei Flaggen und der Aufschrift «Antiimperialistische Aktion» prangt dort der mit den deutschen Nationalfarben unterlegte Satz «Schwarz-Rot-Gold ist bunt genug».

Unter dem Stichwort «Stolzmonat» setzen Ultrakonservative und Rechtsextreme die deutschen Nationalfarben in ihre Profilbilder, um der Regenbogenfahne der Queer-Bewegung plakativ einen Nationalstolz entgegenzustellen. Das ziele darauf ab, «ein Gegennarrativ zum „Pride Month“ zu etablieren, um queere Menschen und ihre Anliegen zu verhöhnen und sich selbst als Alternative mit den vermeintlich wichtigeren Themen in Szene zu setzen», schreibt der bayerische Verfassungsschutz (S. 30) über die Kampagne.

Es gibt nicht «die» Antifa

Der Begriff «Antifa» ist dem Duden zufolge ein Kurzwort für «Antifaschismus» oder «Antifaschistische Aktion», bezeichnet also «Bewegungen und Ideologien, die sich gegen Faschismus und Nationalsozialismus richten».

In einem Bericht der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags aus dem Jahr 2018 heißt es (S. 7/8), es gebe keine Antifa «im Sinne einer einheitlichen, bundesweiten Organisation, sondern eine entsprechende, nicht scharf umrissene Szene mit allenfalls einzelnen, dann mutmaßlich vornehmlich lokal begrenzten Gruppierungen».

Das Bundesamt für Verfassungsschutz schreibt: «Der Begriff Antifaschismus ist umstritten, eine einheitliche Definition kaum möglich. Für die einen ist Antifaschismus ein demokratisches Grundprinzip, für die anderen ein linksextremistischer Kampfbegriff.»

(Stand: 7.6.2024)

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Politik, Gesellschaft

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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