Bewertung
Der Lidl-Prospekt ist gefälscht. Offenbar sollte damit Kritik an der nationalkonservativen und populistischen Partei PiS geübt werden, die in Polen von 2015 bis 2023 regierte.
Fakten
Eine Bilderrückwärtssuche ergibt keinen Treffer für einen derartigen Lidl-Prospekt. Stattdessen stößt man auf die polnische Unterhaltungsseite «JBZD», die die Fotocollage bereits 2021 gepostet hat. Wer die Collage erstellt hat, bleibt unklar.
Lidl Polen erklärte auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass es sich um eine Fälschung handelt und distanziert sich von der Werbung.
Gestreifter Zweiteiler und «Pißwasser»-Bier
Eine Fotorückwärtssuche des gestreiften Zweiteilers führt zur spanischen Luxusmarke Loewe. Im November 2019 brachte Loewe das Ensemble auf den Markt. Kurz nach der Veröffentlichung kritisierte der Instagram-Account «Diet Prada» das Design scharf. Das schwarz-weiße Outfit erinnere stark an die Uniformen der KZ-Häftlinge. Die Empörung war groß, und Loewe nahm den Zweiteiler schnell wieder vom Markt. Viele deutsche Medien sowie die polnische Zeitung Kobieta berichteten darüber.
Der Pyjama wird für 19,39 Złoty angeboten, wahrscheinlich eine Anspielung auf den Beginn des Zweiten Weltkriegs, der mit dem Angriff von Hitler-Deutschland auf Polen begann. Doch die Berechnung des Preisnachlasses stimmt nicht. «-61%» steht da und der Originalpreis soll bei 49,99 gelegen haben. 61 Prozent von 49,99 sind gerundet 30,49 – der Preis müsste also bei rund 19,50 liegen.
Ein weiteres auffälliges Detail auf dem Prospekt ist das Bier «Pißwasser». Diese Marke existiert nicht – sie stammt aus dem Computerspiel GTA.
«Damit wird polemisch ein in rechtsnationalen Kreisen in Polen verbreitetes Bild von Deutschland als Nazi-verseuchtes Land gezeichnet», erklärt Prof. Dr. Peter Oliver Loew, Direktor des Deutschen Polen-Institus der Deutschen Presse-Agentur.
Wie ein angeblicher Lidl-Prospekt die Regierung kritisierte
Besonders die letzte Zeile im Kleingedruckten sticht ins Auge. Dort finden sich üble Beschimpfungen gegen das polnische öffentlich-rechtliche Fernsehen und dessen ehemaligen Chef, Jacek Kurski. Kurski, ein Mitglied der rechtskonservativen PiS-Partei, leitete den Sender bis September 2022. «Damit wird impliziert, dass deutsche Firmen in Polen in das politische Geschehen eingreifen und klar Position gegen die PiS beziehen», so Loewe.
Die PiS regierte Polen von 2015 bis 2023. Seit dem Regierungswechsel im Dezember 2023 unter Ministerpräsident Donald Tusk hat Polen eine pro-europäische Regierung. Die Entstehung der Collage lässt sich zeitlich einigermaßen einordnen. Sie muss vor dem Regierungswechsel am 23. Dezember 2023 entstanden sein.
(Stand: 6.6.2024)