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Ja, 35 Grad auch früher – Klimawandel damit nicht widerlegt

Natürlich ist es heutzutage im Sommer nicht durchweg brütend heiß. Genauso wenig war es vor 50 Jahren nicht nur kalt zwischen Juni und August. Und weil auch vor Jahrzehnten die Thermometer zuweilen hohe Temperaturen anzeigten, gibt es Mitte Juni 2025 wieder einmal Stimmen, die von einer «Klimawandelpropaganda» sprechen. Manche meinen, 40 Grad Celsius habe es schon in den 1970ern gegeben.

Bewertung

Über die Jahrzehnte ist die Anzahl der jährlichen Hitzetage in Deutschland gestiegen. Aus einzelnen, möglicherweise lokalen Extremereignissen in der Vergangenheit kann nicht ohne weiteres abgeleitet werden, früher sei es insgesamt genauso heiß gewesen wie heute.

Fakten

Im Jahr 2003 gab es den bisher heißesten Sommer in Deutschland. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) lag damals die mittlere Tagestemperatur bei 19,6 Grad Celsius. Dahinter folgen der Sommer 2018 mit 19,1 Grad und der Sommer 2019, der im Gegensatz zu 2003 und 2018 keine längeren Hitzewellen brachte, sondern vor allem durch Hitze im späten Juli etwa für den derzeitigen Allzeitrekord sorgte (41,2 Grad in Duisburg-Baerl in Nordrhein-Westfalen).

Häufigere Hitzeperioden in deutschen Städten

Die Frage ist: Gab es in den 1970 und 1980er Jahren tatsächlich genauso viele Hitzeperioden wie heute? Dazu erstellt der DWD zum Beispiel regelmäßig einen Rückblick für ausgewählte deutsche Städte. Anhand dieser Daten zeigt sich, in welchen Jahren seit 1950 an mindestens 14 Tagen in Folge jeden Tag im Mittel ein Mal mindestens 30 Grad erreicht wurden. Drei Ergebnisse:

  • In Hamburg als Beispiel für eine norddeutsche Großstadt traten solche Extremereignisse vor 1994 noch gar nicht auf, seitdem kam es insgesamt sechsmal dazu.
  • In München gab es in den 1980ern die erste und einzige solche Hitzewelle (im Jahr 1983), in den 1990ern und 2000ern waren es jeweils zwei, seit 2010 aber schon sechs.
  • In Mannheim wurden zwar schon in den 1950ern solche Hitzeperioden gemessen, aber in den vergangenen Jahrzehnten traten sie gehäuft auf: In den 40 Jahren vor 1990 gab es in der Stadt acht Jahre mit einer mindestens 14-tägigen Hitzewelle, in den 35 Jahren seit 1990 waren es bereits 21.

Bundesweit immer mehr Hitzetage

Unabhängig von Hitzewellen kommen «heiße Tage» (auch «Hitzetage» genannt), an denen die maximale Lufttemperatur mehr als 30 Grad Celsius beträgt, immer häufiger vor. Das lässt sich aus den DWD-Wetterdaten seit 1951 ablesen (Element «Heiße Tage» auswählen, dann Tabellenansicht).

Demnach gab es in den 50 Sommern vor der Jahrtausendwende nur drei Jahre mit mehr als zehn Hitzetagen: 1976 (10,2), 1994 (16,3) und 1995 (10,5). In den 25 Jahren seit der Jahrtausendwende wiederum wurden bereits elf solcher Sommer registriert, die meisten davon in der jüngsten Vergangenheit. Spitzenreiter ist 2018 mit 20,4 heißen Tagen, 2024 gab es 12,5.

40-Grad-Marke erstmals 1983 überschritten

40 Grad? Nie in den 1960er und 1970er Jahren kletterten in Deutschland die Temperaturen auf diese Höhe. 40 Grad wurden erstmals 1983 an zwei Wetterstationen gemessen – gut 100 Jahre nach Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Das nächste Mal wurde die Marke 20 Jahre später im legendären «Jahrhundertsommer» von 2003 geknackt. Doch die Abstände werden immer kürzer. Seit 2013 zeigten mehr als 30 Stationen hierzulande diesen Wert an (in den Hitzewellen 2015, 2019 und 2022).

Häufig wird in sozialen Medien auf einen angeblichen «56-Grad-Rekord» im Jahr 1957 verwiesen. Doch das ist irreführend. Denn damals geht es nicht um die Außentemperatur, sondern um den Wert in einer Bahnhofsuhr in Wanne-Eickel. 56 Grad wurden bisher in Deutschland bei Weitem nicht erreicht.

Die Aussage eines Meteorologen, Temperaturen um die 35 Grad habe es «früher nicht gegeben», ist aus dem Zusammenhang gerissen. Der Experte bezieht seinen Satz auf den Frühsommer 2022 in Österreich, nicht auf den gesamten Sommer.

(Stand: 19.6.2025)

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Klimawandel

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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