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Kein Beleg für Betrug bei Landratswahl in Brandenburg

Eine Landratswahl bekommt nicht oft bundesweit Aufmerksamkeit. Bei der Stichwahl im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree im Mai 2023 war das anders: Der SPD-Kandidat Frank Steffen setzte sich nur knapp gegen den Kandidaten der AfD, Rainer Galla, durch. Es hätte das erste Mal werden können, dass die AfD in Deutschland einen Landrat stellt.

Seit der Wahl kursiert in sozialen Netzwerken der Vorwurf, es habe Wahlbetrug gegeben. Eine Begründung: SPD-Kandidat Steffen hatte weniger Stimmen direkt am Wahltag in den Wahllokalen bekommen, dafür aber mehr Briefwahl-Stimmen. Ein Screenshot einer Google-Suche wird ebenfalls als Beleg für Betrug gedeutet – er soll zeigen, dass Medien schon vor der Wahl über deren Ergebnis berichtet hatten. «Jetzt haben die sich echt erwischen lassen beim Wahlbetrug», schreib ein User. Doch die Fakten sprechen dagegen.

Bewertung

Falsch. Es gibt keinen Hinweis auf Wahlbetrug. Die Briefwahl ist ein erlaubter Weg der Stimmabgabe. Das Kreiswahlbüro hat keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten, es liegt auch keine offizielle Beschwerde vor. Dass der Screenshot den Eindruck erweckt, der Artikel zum Ergebnis sei vor der Wahl erschienen, hat einen technischen Grund.

Fakten

Am 14. Mai 2023 entschieden die Wahlberechtigten in einer Stichwahl zwischen Frank Steffen von der SPD und Rainer Galla von der AfD. Im ersten Wahlgang am 23. April hatte niemand die erforderliche absolute Mehrheit, also mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erreicht. Galla und Steffen hatten am besten abgeschnitten. Dem offiziellen vorläufigen Endergebnis zufolge setzte Steffen sich mit 52,4 Prozent gegen Galla durch, der 47,6 Prozent erhielt.

In den Wahllokalen am Wahltag selbst hatte der AfD-Kandidat demnach mehr Stimmen erhalten, nämlich 51,4 Prozent, während Steffen dort nur auf 48,6 Prozent gekommen war. Dafür hatte der Bewerber von der SPD in der Briefwahl mit 66,5 Prozent eine deutliche Mehrheit bekommen. Von den Briefwählerinnen und Briefwählern hatten demnach nur 33,5 Prozent für Galla gestimmt.

So kam es, dass der AfD-Kandidat insgesamt unterlag. Am Wahlabend hatte es in den Zwischenergebnissen vorübergehend so ausgesehen, als liege er vorn. «Das (Gesamt-)Wahlergebnis setzt sich, wie bei jeder Wahl, aus dem Ergebnis der Urnenwahl und der Briefwahl zusammen», erklärte Kreiswahlleiter Michael Buhrke der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage. «Erst nach der Auszählung aller Wahlbezirke, also der Urnenwahlbezirke und der Briefwahlbezirke, steht es fest.»

Hinweise darauf, dass im Rahmen der Briefwahl betrogen worden sein könnte, gab es am Tag nach der Wahl keine. «Mir als Wahlleiter wurden keine Unregelmäßigkeiten bekannt, die Einfluss auf die Stimmabgabe oder die Ergebnisermittlung hatten», teilte Buhrke der dpa mit. Es gebe keine offiziellen Beschwerden zur Ermittlung des Wahlergebnisses. Kommunalwahlgesetz und Kommunalwahlverordnung für Brandenburg seien einzuhalten. «Unregelmäßigkeiten sind mir nicht angezeigt und auch ansonsten nicht bekannt geworden», erklärte er.

Die Briefwahl dient immer wieder als Aufhänger für die Behauptung, dass Wahlergebnisse manipuliert würden. Doch sie ist ein normaler und zunehmend beliebter Weg, die Stimme abzugeben, ohne am Wahltag in ein Wahllokal gehen zu müssen.

Für Brandenburg regelt das Kommunalwahlgesetz in Paragraf 10, Absatz 3: «Wer einen Wahlschein hat, kann an der Wahl seines Wahlkreises, für den der Wahlschein ausgestellt ist, entweder durch Stimmabgabe in einem beliebigen Wahlbezirk dieses Wahlkreises oder durch Briefwahl teilnehmen.» Regeln zur Sicherheit, etwa, dass der verschlossene Wahlbriefumschlag sowohl den Wahlschein als auch den Stimmzettel in einem weiteren verschlossenen Umschlag enthalten muss, sind in Paragraf 44 festgelegt. Wie genau die Auszählung der Briefwahlstimmen läuft, regelt für Brandenburg die Kommunalwahlverordnung des Landes ab Paragraf 66.

Zeitangabe in Screenshot irreführend

Als Beleg dafür, dass es einen Wahlbetrug gegeben habe, wurde im Netz kurz nach der Wahl auch ein Screenshot einer Google-Suche geteilt. Dort ist ein Artikel der Nachrichtenseite RBB24 zum Wahlergebnis unter den Suchergebnissen, der Google zufolge schon «vor 3 Tagen» veröffentlicht wurde – also vor der Wahl.

Der Grund dafür ist technisch: RBB24 hatte unter derselben URL (https://www.rbb24.de/studiofrankfurt/politik/2023/05/landrat-oderspree-stichwahl-rainergalla-franksteffen.html) zunächst die Vorberichterstattung und dann die Berichterstattung über das Ergebnis laufen lassen. Daher bewertete die Suchmaschinen den Link als drei Tage alt, obwohl die Inhalte vom Wahlabend stammten.

Belegen lässt sich das über eine in einem Internetarchiv gespeicherte Fassung des Links mit dem Artikel vom 11. Mai mit der Überschrift: «AfD und SPD kämpfen um Landratsposten in Oder-Spree». Auch am Spätnachmittag des Wahlsonntags war dieser Artikel noch unter dem Link abrufbar.

Wenig später fand sich dann ein anderer Artikel mit der Überschrift an derselben Stelle: «SPD-Kandidat Steffen siegt knapp gegen AfD-Konkurrent». Dieser Artikel ist auch auf dem Screenshot mit der irreführenden Zeitangabe zu sehen. Später am Wahlabend wurde der Artikel dann noch einmal geändert.

(Stand: 15.5.2023)

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Politik

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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