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Es gibt keinen Beleg dafür, dass hinter der Umfrage seriöse Meinungsforschung steckt. Die US-Denkfabrik, die sie durchgeführt haben will, hat keine Webseite.
Fakten
Die britische Zeitung «Independent» hat tatsächlich am 1. Februar einen Artikel über eine Umfrage zur deutschen Bundestagswahl veröffentlicht, die eine Meinungsforschungsorganisation namens Democracy Institute erstellt haben soll.
Diese Umfrage wurde zuvor am 31. Januar auf dem X-Account von Patrick Basham veröffentlicht, der als Gründer des Democracy Institute in dem «Independent»-Artikel auch zitiert wird.
Hintergründe des Democracy Institute schleierhaft
Doch abgesehen von der Veröffentlichung auf X und der Erwähnung im «Independent» sind nirgendwo weitere Informationen über die Umfrage und die dahinterstehende Meinungsforschung zu finden. Die Webseite des Democracy Institute, die Gründer Patrick Basham anführt, ist nicht aufrufbar. Der Gründer Patrick Basham reagierte bis 14. Februar 2025 nicht auf eine E-Mail-Anfrage der Nachrichtenagentur dpa.
Ein weiterer X-Account, der bis 2017 als Democracy Institute Beiträge veröffentlichte, beschreibt die Einrichtung als «politisch unabhängiges Institut für politische Meinungsforschung mit Sitz in Washington und London». Auf archivierten Versionen der Webseite aus dem Jahr 2022 ist keine Anschrift in Washington zu finden. In Großbritannien ist in den Registern für Firmen und für gemeinnützige Organisationen kein Democracy Institute auffindbar.
Das Democracy Institute gibt an, für die Umfrage zwischen dem 28. und 30. Januar per Telefon 2.430 «wahrscheinliche» deutsche Wähler befragt zu haben. Es ist unklar, was damit gemeint ist und welche Methodik dahintersteht. Auch ob die Organisation die Umfrage selbst durchführte oder in Auftrag gab, ist nicht ersichtlich – ebenso ob sie selbst beauftragt wurde. Nach verschiedenen gesellschaftlichen Merkmalen soll die Umfrage gewichtet worden sein, etwa Geschlecht, Alter, Ausbildung. Ob damit aber Repräsentativität hergestellt wurde, geht aus den Informationen nicht hervor.
Dem Rat der Deutschen Markt- und Sozialforschung sei das Democracy Institute nicht bekannt, teilte Geschäftsführer Heiko Gothe der dpa mit. Über Umfrageinstitute in den USA und Großbritannien habe die Organisation aber keinen Überblick. Zwar sei «eine Reihe von methodischen Informationen angegeben, so wie es die Richtlinien der Branche verlangen». Eine Garantie für Seriosität ist das aber nicht: «Ob die Umfrage tatsächlich so durchgeführt wurde, lässt sich nicht sagen», teilte Heiko Gothe, Geschäftsführer des Rats mit.
Politische Unabhängigkeit ist anzuzweifeln
Auch ob das Institut tatsächlich politisch unabhängig genannt werden kann, so wie es sich selbst beschreibt, ist zweifelhaft. Nachdem Donald Trump 2020 die US-Präsidentschaftswahl verlor, veröffentlichte Basham einen mittlerweile gelöschten Gastbeitrag in der britischen Boulevard-Zeitung «Express», in der er sich der Falschbehauptung von «Beweisen für weit verbreiteten Wahlbetrug» anschloss.
Auf seinem X-Account gibt es ebenfalls Hinweise, die an der Überparteilichkeit Patrick Basham zweifeln lassen – ein wichtiger Wert für seriöse Umfrageinstitute. Jüngst teilte er auf X etwa einen Beitrag, in dem es heißt: «Das Todesröcheln der Demokratischen Partei war eine wunderbare Symphonie» oder veröffentlichte drei «Like»-Daumen über einem Beitrag, in dem es um die Ankündigung des Milliardärs und US-Regierungsberaters Elon Musk ging, das Bildungsministerium abzuschaffen.
Eine Informationsseite der Universität im britischen Bath über die Tabak-Lobby weist darauf hin, dass das Democracy Institute und sein früher bekanntes Personal der Tabak-Industrie nahestehe. So wurde etwa eine Untersuchung des Democracy Institute aus dem Jahr 2006 mit dem Hinweis veröffentlicht, dass sie von einem Tabak-Unternehmen finanziert worden sei.
(Stand: 14.2.2025)