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Keine Belege für verletzte Schweden nach russischem Angriff

Bei einem russischen Angriff auf die ukrainische Stadt Poltawa sind Anfang September mehr als 50 Menschen getötet worden. Zwei Geschosse hatten nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Militärinstitut für Kommunikation und ein nahe gelegenes Krankenhaus getroffen. Die Zahl der Getöteten lag zuletzt bei 58, mehr als 300 Menschen wurden verletzt.In sozialen Netzwerken verbreiten Nutzer seitdem das Gerücht, unter den Opfern würden sich angeblich auch Schweden befinden. In sozialen Netzwerken kursieren gleich mehrere Beiträge mit unterschiedlichen Angaben: Während in einigen Posts lediglich von «Ausbildern aus Schweden» die Rede ist (hier), schreiben andere User konkret von Spezialisten der «Firma Saab» (hier und hier). Einige deuten zudem an, der Rücktritt des schwedischen Außenministers Tobias Billström stünde damit in Verbindung. Doch sind in Poltawa wirklich Schweden verletzt oder getötet worden?

Bewertung

Es lassen sich keine Hinweise für diese Behauptung finden. Das schwedische Außenministerium erklärte auf Anfrage, dass es keine Hinweise auf verletzte oder getötete schwedische Staatsbürger in Poltawa habe. Der Rüstungskonzern Saab wies die Gerüchte als «falsch» zurück und sprach von einer Desinformationskampagne – ebenso äußerten sich die schwedischen Streitkräfte in einem Statement. Ein Screenshot, der als vermeintlicher Beleg geteilt wird, ist gefälscht.

Fakten

Saab ist ein schwedischer Rüstungskonzern. Im Rahmen eines Hilfspakets hatte Schweden Ende Mai angekündigt, der Ukraine zwei Radaraufklärungs- und Führungsflugzeuge des Typs ASC 890 zur Verfügung stellen. Auf diese Entscheidung wird in den Posts zum Teil verwiesen – offenbar soll sie als Beleg für eine Anwesenheit der Ausbilder in der Ukraine dienen.

Ein Saab-Sprecher dementierte die Gerüchte jedoch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa): «Die Behauptungen, dass Mitarbeiter von Saab bei einem russischen Angriff in Poltawa getötet wurden, sind falsch. Dies ist offenbar Teil einer Desinformationskampagne und an diesen Behauptungen ist nichts Wahres dran.»

Gefälschter Facebook-Post soll als Beleg für Geschichte dienen

Als Quelle für die Geschichte der vermeintlich in Poltawa getöteten Schweden verweisen einige Beiträge auf eine Person namens «Britta Ellwanger». Diese arbeite als Freiwillige angeblich «im Interesse der Streitkräfte der Ukraine». Auf Facebook soll Ellwanger demnach in einem Post den Tod eines Freundes in Poltawa öffentlich gemacht haben, mit dem sie zuvor an einer der schwedischen Universität studiert hatte und der den Ukrainern «seit Monaten geholfen habe». Ein online kursierender Screenshot soll den Facebook-Post zeigen.

Britta Ellwanger gibt es wirklich – sie ist Projektleiterin in der Ukraine für die amerikanische Non-Profit-Organisation For Peace. Allerdings stellte sie selbst auf der Plattform X klar, dass der Post eine Fälschung sei: «Ich habe diesen Beitrag nicht geschrieben, das gesamte Bild ist gefälscht und so gestaltet, dass es wie ein Screenshot meiner Facebook-Seite aussieht.»

Der vermeintliche Beleg ist also ein Fake – und auch sonst lassen sich keine Hinweise finden. Das schwedische Außenministerium teilte auf dpa-Anfrage mit, dass keine Schweden unter den Verletzten oder Todesopfern in Poltawa seien. Ebenso veröffentlichten die schwedischen Streitkräfte eine Stellungnahme und sprachen von «falschen Informationen».

Trotz wiederholter Anfragen hatte die Europäische Union (EU) zuletzt Kiew eine Absage erteilt, ukrainische Soldaten innerhalb der Ukraine auszubilden. Allerdings werde man die Ausbildung «so nah wie möglich» am ukrainischen Territorium durchführen, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Ende August.

Außenminister Billström zieht sich aus Politik zurück

Am 4. September kündigte der schwedische Außenminister Tobias Billström überraschend seinen Rücktritt an. Er ziehe sich vollständig aus der Politik zurück und gebe auch seinen Parlamentssitz auf, schrieb Billström ohne Angabe von Gründen auf der Plattform X.

Die schwedische Zeitung «Expressen» spekuliert unter Berufung auf anonyme Quellen, der Grund für Billströms Entscheidung könnte ein Zerwürfnis mit Ministerpräsident Ulf Kristersson sein. Die Sprecherinnen von Billström und Kristersson bestritten dies jedoch auf Nachfrage der Zeitung.

(Stand: 19.9.2024)

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Russland, Wirtschaft, Ukraine

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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