Nach der Europawahl kursierten viele Falschbehauptungen über Wahlmanipulation

Der Anteil der von GADMO erfassten Desinformation über die EU war im Juni wieder niedriger als im Mai, ist aber mit 12 Prozent weiterhin hoch. Während der Anteil der Desinformation über den Klimawandel und Migration leicht zugenommen haben (jeweils um 2%), ging der Anteil der Falschinformationen über den Konflikt im Nahen Osten deutlich zurück (um 5%).

Zu diesem Ergebnis kommt das monatliche Briefing des EDMO-Netzwerks. Die 34 Organisationen, die dazu beigetragen haben, veröffentlichten im Juni 2024 insgesamt 1.750 Faktenchecks. Von diesen Beiträgen beschäftigten sich 209 (12%) mit der EU, 148 (8%) mit der Ukraine, 146 (8%) mit dem Klimawandel, 135 (8%) mit Migration, 67 (4%) mit dem Krieg im Nahen Osten, 78 (4%) mit Covid-19 und 39 (2%) mit LGBTQ+ und Genderfragen.

Nachdem bereits im Mai zahlreiche Falschmeldungen über angeblich manipulierte oder ungültige Europawahlen kursierten, wurden während der Wahlen vom 6.-9. Juni und in den Tagen danach viele weitere zu dieser Thematik verbreitet.

In mehreren EU-Ländern wurde behauptet, dass es während der Wahlen Wahlmanipulationen, Wahlbetrug u.a. aufgrund fehlender Stimmzettel und anderen unlauteren Praktiken gekommen sei, wobei in einigen Fällen technische Fehler der Medienberichterstattung oder vorläufige Ergebnisse herangezogen und diese als endgültige Ergebnisse aufgeführt wurden. Einige Falschmeldungen suggerierten, dass die jeweiligen nationalen Regierungen die Wahlen manipuliert hätten, andere dass rechtsextreme Parteien benachteiligt worden seien.

Gleichzeitig war die EU weiterhin Zielscheibe von Falschmeldungen, die ihre Institutionen als autoritäre Gebilde darstellten, die den Mitgliedstaaten und Bürgern ungerechte Maßnahmen aufzwingen.

Desinformation über die Ukraine, Migration, Klima und die Euro 2024

Die Desinformation über den Krieg in der Ukraine konzentrierte sich weiterhin auf die Eskalation des Konflikts und insbesondere auf die angebliche direkte Beteiligung von NATO- oder EU-Staaten. Wie in den Vormonaten wurden Falschbehauptungen aufgestellt, dass westliche Truppen bei Militäroperationen in der Ukraine getötet worden seien, dass EU-Politiker eine europäische Wehrpflicht fordern oder dass EU-Länder die Wehrpflicht einführen oder sich auf einen Krieg vorbereiten würden. Andere Falschinformationen stellten den Westen als Anstifter des Kremls dar oder übertrieben die Unterstützung für Russland und seine Wirtschaftsleistung.

In vielen Falschinformationen wurden Migranten für verschiedene Straftaten in verschiedenen Ländern verantwortlich gemacht, im Einklang mit einem Narrativ, das sie als gewalttätig oder kriminell darstellte. Darüber hinaus wurden Migranten im Zusammenhang mit verschiedenen Wahlen als „Machtmenschen“ dargestellt, zum Beispiel dass sie in der Überzahl seien und mit Hilfe einiger Parteien Wahlen gewännen, während die nationalen Regierungen und die EU sie angeblich bevorzugen oder eine unkontrollierte Einwanderung fördern würden.

Wie schon im vergangenen Sommer und Winter führten extreme Temperaturen zu einer Zunahme klimabezogener Desinformation. Es kursierten zahlreiche Falschmeldungen, in denen die Klimakrise oder die Auswirkungen menschlichen Handelns geleugnet wurden. In vielen Falschinformationen wurde die Unterstützung für Klimaaktivisten, Elektrofahrzeuge oder erneuerbare Energien untergraben.

Im Juni wurden auch einige Falschbehauptungen verbreitet, die mit der Fußballeuropameisterschaft im Zusammenhang standen. Darin wurde oft die Unterstützung für Russland übertrieben. Ein weit verbreitetes Video zeigte angeblich rumänische Fußballfans, die beim Spiel gegen die Ukraine Putin-Sprechchöre singen. In einigen Falschmeldungen wurde behauptet, dass die Flagge der prorussischen Separatisten aus der Ostukraine während eines Spiels zu sehen gewesen sei. Auch kursierte die Falschmeldung, dass die UEFA die slowakische Flagge bei den Spielen der Euro 2024 verboten habe, weil sie der russischen ähnlich sei. Außerdem soll die UEFA im Pride Month Juni die Kapitäne der teilnehmenden Mannschaften dazu verpflichtet haben, Regenbogen-Armbinden zu tragen.

Die am weitesten verbreiteten Falschbehauptungen im Juni

Neben den Behauptungen, dass die Europawahl manipuliert worden sei und dass rumänische Fußballfans Putin-Sprechchöre gesungen hätten, kursierten insbesondere die folgenden drei Falschinformationen in den EU-Ländern:

Falschinformationen mit nationalem Schwerpunkt

Frankreich: Vor den Parlamentswahlen hätten Parteien, die Emmanuel Macron unterstützten, „aus Verzweiflung“ auf ihrer Website jedem Macron-Wähler 100 Euro versprochen.

Spanien: Frankreich habe aufgrund von Zwischenfällen bei Protesten nach dem Sieg der Rechtsextremen bei der Europawahl eine Ausgangssperre verhängt.

Tschechien: Nach dem Zugunglück in der tschechischen Stadt Pardubice hätten die Medien nicht die slowakischen Opfer erwähnt, sondern lediglich berichtet, dass zwei ukrainische Opfer gestorben seien und dass Russland für das Unglück verantwortlich sei.

Estland: Die Metro in Kiew habe für den Pride Month Juni Fahrkarten entworfen, auf denen sich zwei Männer küssen.

Methodik

Die in diesem Briefing enthaltenen Informationen wurden mittels eines Fragebogens erhoben, der an die Mitgliedsorganisationen des EDMO-Faktencheck-Netzwerks geschickt wurde. Bezugszeitraum: 1. bis 30. Juni 2024. Anzahl der Befragten: 34. Hauptherausgeber dieses Dokuments: Tommaso Canetta und Enzo Panizio, Pagella Politica/Facta.

Organisationen, die zu diesem Briefing beigetragen haben: AFP, APA, Correctiv, Demagog.cz, Demagog.pl, Demagog.sk, DPA, Eesti Päevaleht, EFE Verifica, Ellinika Hoaxes, Eurocomunicare, Fact Check Cyprus, Factcheck Vlaanderen, Faktabaari, Faktisk, Greece Fact Check, Källkritikbyrån, InfoVeritas, Lakmusz, Les Surligneurs, Logically Facts, Maldita, Medizin transparent, Newtral, Oštro, PagellaPolitica/Facta, Polígrafo, Pravda, Re:Baltica, The Journal Fact-Check, TjekDet, VerificaRTVE, Verificat, VRTNWS.

Das ausführliche Briefing auf Englisch mit weiteren Informationen zu Falschinformationen in verschiedenen EU-Staaten finden Sie hier.

 

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