Mehr als 3.000 Mal wurde ein Beitrag auf Facebook geteilt, in dem Ende März behauptet wurde, dass die Betonsockel von Windkraftanlagen nach dem Abriss im Boden bleiben und die Rotorblätter als Sondermüll vergraben würden. Der Beitrag ist inzwischen gelöscht, doch das Foto des Betonsockels und die Behauptung verbreiten sich weiter auf Facebook.
Dass nach Abriss eines Windrads der Betonsockel im Boden bleibt, stimmt nicht. Die Rotorblätter zu vergraben, ist verboten. Dennoch ist das in Einzelfällen laut einem Bericht des Umweltbundesamts vorgekommen.
Rotorblätter von Windrädern sind nur schwer recycelbar
Theoretisch ließe sich eine Windkraftanlage komplett recyceln, erklärt Petra Weißhaupt von der Fachstelle für den Rückbau und das Recycling von Windenergieanlagen beim Umweltbundesamt uns per E-Mail. In der Praxis ist eine vollständige Verwertung aber unwirtschaftlich. Normalerweise werden zwischen 80 und 90 Prozent des Materials recycelt. Bei Nordex, einem der größten Hersteller von Windkraftanlagen, werden 85 bis 95 Prozent als recyclebar angegeben. Ein Problem stellen jedoch besonders die Rotorblätter der Windräder dar. Das liegt daran, dass die Rotorblätter aus einem Verbund aus Fasern und Kunstharz bestehen. Die Trennung dieser Materialien ist aufwändig.
Knapp zwei Drittel der Materialien, die für Rotorblätter eines Windrads genutzt werden, bestehen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen. Allein bei diesem Material erwartet das Umweltbundesamt laut eines Berichts von 2022 (Seite 125) über die nächsten 20 Jahre knapp 400.000 Tonnen Rotorblattabfälle.
Laut Umweltbundesamt mangelt es von Seiten des Gesetzgebers an Normen und Verordnungen für den Rückbau und das Recycling der Rotorblätter. „Somit wird es viele Abfallverwerter geben, die Rotorblattabfälle aus technischen und organisatorischen Gründen nicht behandeln können, was regional zu faktisch fehlenden Verwertungskapazitäten führen kann“, erklärt Weißhaupt.
Rotorblätter zu vergraben ist verboten, das Umweltbundesamt berichtet von Einzelfällen
„Das Hinterlassen von Abfällen in der Umwelt ist selbstverständlich nicht erlaubt, denn es kann nicht von schadloser Verwertung ausgegangen werden“, schrieb uns Weißhaupt. Für einen Bericht von 2019 befragte das Umweltbundesamt verschiedene Akteure zum Rückbau von Windkraftanlagen, darunter Windparkbetreiber und Entsorgungsfachfirmen (Seite 61). Sie sagten, dass „das Vergraben von ganzen Rotorblättern in Einzelfällen praktiziert worden sei“ (Seite 92).
Torsten Müller, der sich am ICT mit der Verwertung von faserverstärkten Kunststoffen befasst, schrieb uns per E-Mail, dass die Rotorblätter normalerweise kein Sondermüll seien, da sie „zum Großteil aus Metallen, Holz und faserverstärkten Kunststoffen bestehen“ und „die in den Rotorblättern verbauten Materialien gebunden und damit unkritisch sind“. Aber wegen des hohen Brennwerts dürften die Rotorblätter auch nicht auf Deponien gelagert werden. „Es kursieren durchaus Bilder größerer Mengen von Rotorblättern, die auf Freiflächen gelagert sind, dabei handelt es sich aber um Lagerplätze bis zu einer weiteren Behandlung und keine Deponierung“, erklärt Müller.
Wir haben beim Windradhersteller Nordex nachgefragt, was mit den Rotorblättern passiert, nachdem die Windräder abgerissen wurden. Pressesprecher Felix Losada bestätigte uns, dass es schwierig sei, die Rotorblätter zu recyceln: „Die einzige verfügbare und wirtschaftlich machbare Lösung für das Recycling“ sei sogenanntes Co-Processing. Das bedeutet im Grunde nur, dass die Rotorblätter als Brennstoffe, also etwa zum Betrieb von Hochöfen, oder als geschreddertes Füllmaterial in der Zementindustrie genutzt werden, wie wir bereits in diesem Faktencheck geschildert haben.
Sockel von Windrädern bleiben in der Regel nicht im Boden
Dass die Sockel der Windräder nach deren Abriss einfach im Boden gelassen würden, ist nicht korrekt, wie uns Felix Losada von Nordex schrieb: „Ein vollständiger Rückbau des Fundamentes ist die Regel.“ Dafür gibt es auch einen juristischen Rahmen. Losada verweist unter anderem auf die Rückbauverpflichtung, die im Baugesetzbuch (Paragraph 35, Absatz 5, Satz 2) verankert ist. Dort heißt es, dass „das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen“ seien.
Es gibt jedoch eine Ausnahme: Wurde das Windrad nicht nur durch ein Fundament, sondern durch einen zusätzlichen Pfahl im Boden verankert, erscheint es laut Umweltbundesamt ausreichend, wenn dieser Pfahl nur bis in wenige Meter Tiefe zurückgebaut wird, weil die komplette Entfernung unwirtschaftlich wäre. Das ist auf der Webseite des Umweltbundesamts zu lesen. Die meisten der knapp 29.000 Windräder auf dem Festland in Deutschland haben jedoch keine Pfähle, wie es auf der Webseite des Bundesverbands Windenergie heißt. Sie seien nur auf weichem Untergrund nötig.
Redigatur: Kimberly Nicolaus, Uschi Jonas