Rekordhitze im Jahr 2024 liegt nicht an Vulkanausbruch - Featured image

Rekordhitze im Jahr 2024 liegt nicht an Vulkanausbruch

Der Sommer 2024 brachte bereits mehrere Hitzerekorde mit sich. Online wird  behauptet, dass ein Vulkanausbruch bei Tonga im Jahr 2022 die Ursache für die hohen Temperaturen sei. Das ist irreführend, wie Expertinnen und Experten gegenüber AFP erklärten: Vulkanausbrüche können zwar kurzzeitig sowohl für Erwärmung als auch für Abkühlung sorgen. Doch die langfristigen globalen Temperaturveränderungen gehen auf den Treibhausgasausstoß des Menschen zurück.

„Warum haben wir in den letzten Monaten so viel Hitze auf dem Planeten – die Antwort ist einer der Schuldigen: Der große Tonga-Ausbruch vom 15. Januar 2022“, heißt es in einem Facebook-Beitrag vom 18. Februar 2024. „146 Millionen Tonnen Wasser aus dem Pazifik wurden in die obere Atmosphäre gepresst“, heißt es weiter in dem Post. Dieser Wasserdampf mache jetzt „15% der Gase aus, aus denen die Atmosphäre besteht, und sind somit weitgehend für die Hitze verantwortlich, unter der wir jetzt in Form eines extrem wärmeren Klimas leiden“.

Die Behauptung wurde neben Facebook auch auf X, Youtube und Instagram geteilt sowie auf Englisch weit verbreitet.

X- und Instagram-Screenshots der Behauptung: 16. August 2024

Das Jahr 2024 brachte bereits mehrere Hitzerekorde mit sich: Der Juni 2024 war laut Daten des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus der 13. Monat in Folge, der alle Temperaturrekorde brach. In sozialen Medien kursierten bereits zahlreiche Behauptungen, die die Auswirkungen der extremen Temperaturen zu relativieren versuchen.

Um die Hitzeanomalien der Jahre 2023 und 2024 besser zu verstehen, untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehrere Naturphänomene der vergangenen Jahre – darunter den Ausbruch des Unterwasservulkans bei Tonga aus dem Jahr 2022 und einen starken El-Niño-Wetterzyklus.

Außergewöhnlicher Vulkanausbruch

Im Januar 2022 brach im Südpazifik der Unterwasservulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai mit einer Kraft aus, die Hunderten von Atombomben entspricht. Die Eruption – laut neuseeländischen Forscherinnen und Forschern die größte, die jemals aufgezeichnet wurde – schoss Gase und Aerosole über 50 Kilometer in die Höhe. Sie löste auch die schnellsten Unterwasserströmungen aus, die je gemessen wurden, sowie einen 15 Meter hohen Tsunami, der Häuser zerstörte und mindestens drei Menschen tötete.

 

Vulkanausbruch bei Tonga am 14. Januar 2022 – STAFF / AFP

Vulkanausbrüche können tatsächlich vorübergehend das Klima beeinflussen, wie wissenschaftliche Studien nachgewiesen haben. Auch der Ausbruch von Tonga hat Reaktionen ausgelöst, die derzeit wissenschaftlich untersucht werden. Expertinnen und Experten haben jedoch gegenüber AFP der Behauptung widersprochen, dass Unterwasservulkane maßgeblich für die zunehmende Erderwärmung verantwortlich seien.

Der Ausbruch des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai „war nicht für die jüngste Rekord-Erwärmung verantwortlich“, sagte Alan Robock, Professor an der US-amerikanischen Rutgers-Universität in New Jersey am 26. Juli 2024 gegenüber AFP. Laut Robock ergaben laufende wissenschaftliche Untersuchungen eines Teams der texanischen A&M Universität und der Nasa, dass der Vulkanausbruch das globale Klima geringfügig abgekühlt habe.

Robock erklärte, dass der Ausbruch zwar „eine Menge Wasserdampf in die Stratosphäre brachte, was eigentlich eine Erwärmung verursachen würde“, aber auch „eine kleine Menge Schwefeldioxid emittierte, das Sulfatpartikel bildete, die das Sonnenlicht reflektierten und eine Abkühlung verursachten“. Neuere Forschungen zeigten demnach, „dass sich diese Effekte fast aufheben, aber dass der Sulfateffekt etwas größer war und eine Abkühlung verursachte“.

Leichte „Nettoabkühlung“

Frühere Analysen eines Nasa-Teams hatten zunächst darauf hingedeutet, dass die Eruption zur Erwärmung der Erde beitragen würde, da riesige Mengen überschüssigen Wasserdampfs in die Atmosphäre und Stratosphäre gelangt waren.

Im September 2023 kam eine gemeinsame Folgestudie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der texanischen A&M Universität und der Nasa jedoch zum gegenteiligen Schluss: Der zusätzliche Wasserdampf in der Stratosphäre sorge demnach für eine stärkere Abschwächung der Sonnenstrahlung. Das Sonnenlicht werde von den Wasserdampf-Aerosolen bereits in der Stratosphäre blockiert, die Atmosphäre kühle ab, sodass es auf der Südhalbkugel der Erde zu einer „leichten Nettokühlung“ kommen könnte.

Ein Folgeartikel der A&M Universität und der Nasa vom Juli 2024 bestätigte diese Erkenntnisse. Die Autoren schrieben: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass es seit dem Ausbruch des Hunga-Vulkans zu einer globalen Nettoabkühlung kam. Einzige Ausnahme dieses Trends ist der Zeitraum von Januar bis Februar 2022 direkt nach dem Ausbruch. Damals erreichte der erhitzende Effekt des Wasserdampfs seinen Höhepunkt, bevor sich der größte Teil des Aerosolmantels gebildet hatte.“

 

 

„Das Forschungsteam widerlegt eindeutig, dass der Vulkanausbruch ein Hauptfaktor für die jüngste Erwärmung darstellt. Damit untermauert es den Standpunkt, dass die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen die Hauptursache des Klimawandels sind“, sagte Grant Hawkins, Sprecher der A&M Universität am 31. Juli 2024 gegenüber AFP. „Angesichts der anhaltenden Debatte und Fehlinformationen über die Ursachen der globalen Erwärmung sind diese Ergebnisse besonders wichtig.“

Emissionen von Menschen und Vulkanen

Die mit einem Vulkanausbruch verbundenen Emissionen haben nach Ansicht von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nachhaltige Auswirkungen. Christoph Kern, Physiker am USGS Vulkanwissenschaftszentrum in Washington, erklärte am 26. Juli 2024 gegenüber AFP, dass das bei einem Vulkanausbruch freigesetzte CO2 jahrzehntelang in der Atmosphäre verbleibe. „Aber während die CO2-Freisetzungsrate bei sehr großen Vulkanausbrüchen kurzzeitig die anthropogene Emissionsrate erreichen kann, dauern solche Ausbrüche nur Stunden, während die anthropogenen Emissionen kontinuierlich weitergehen. Im Durchschnitt tragen Vulkane daher nur etwa ein Prozent zum gesamten atmosphärischen CO2-Fluss pro Jahr bei“, führte Kern aus.

Vulkane und andere „magmatisch aktive Regionen“ setzen zwischen 280 bis 360 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr frei, wie ein Team des Forschungsprojekts Deep Carbon Observatory in Paris herausgefunden hat. Im Gegensatz dazu haben die vom Menschen verursachten Aktivitäten nach Angaben der Internationalen Energieagentur allein im Jahr 2023 einen neuen Rekordwert von 37,4 Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid erzeugt.

Der Weltklimarat (IPCC) hat die Auswirkungen der vom Menschen verursachen CO2-Emissionen und anderen Treibhausgasen auf das Klima umfassend dokumentiert.

Alle Faktenchecks zum Thema Klima sammelt AFP hier.

Fazit: Vulkanausbrüche können zwar einen geringfügigen Einfluss auf das globale Klima haben, doch tragen sie nicht maßgeblich zur Erderwärmung bei. Auch die massive Eruption des Unterwasservulkans bei Tonga aus dem Jahr 2022 ist nicht für die Hitzerekorde des Jahres 2024 verantwortlich. Stattdessen sind menschliche Emissionen von Treibhausgasen wie CO2 der maßgebliche Ursache, erklärten Expertinnen und Experten.

Fact Checker Logo

Klimawandel, Umwelt

Autor(en): Gundula HAAGE / Manon JACOB / AFP USA

Ursprünglich hier veröffentlicht.

Nach oben scrollen