Die deutsche Regierung hat nicht „zugegeben“, dass die Covid-19-Pandemie gar nicht stattgefunden hat. Online kursierende Beiträge behaupten jedoch anhand von Dokumenten des öffentlichen Gesundheitsdienstes von 2024 genau das. Die Falschbehauptung belebt eine bekannte Verschwörungserzählung, wonach das Coronavirus erfunden wurde. Die Falschbehauptungen scheinen von einer Website zu stammen, die regelmäßig Desinformation verbreitet.
„Die deutsche Regierung gibt zu, dass es keine Pandemie gab“, heißt es in einem Weibo-Beitrag in vereinfachtem Chinesisch, der am 10. April 2024 geteilt wurde. Und weiter: „Eilmeldung aus Deutschland: Die Bundesregierung hat zugeben müssen, dass die sogenannten ‚Verschwörungstheoretiker‘ während der Corona-Pandemie in allem Recht hatten.“
Die Covid-19-Pandemie löste eine Welle unbegründeter Verschwörungserzählungen aus, darunter die Überzeugung, dass die Pandemie von einer globalen Elite inszeniert worden sei, um die Welt zu kontrollieren.
„Tatsächlich gab es laut den Daten der deutschen Regierung überhaupt keine Pandemie“, heißt es in dem Weibo-Post weiter. „Es war eine streng choreografierte Militäroperation zur Gehirnwäsche der Massen, damit sie einen experimentellen Impfstoff mit katastrophalen Folgen akzeptieren.“
Screenshot der Falschbehauptung auf Weibo, aufgenommen am 17. Mai 2024
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte im Mai 2023 das Ende der Covid-19-Pandemie, doch online verbreiteten sich weiterhin Falschinformationen über die Krankheit.
Die falsche Behauptung, dass Deutschland „zugab“, es habe keine Pandemie gegeben, kursierte in Beiträgen auf Japanisch, Tschechisch und Griechisch. Auch der französische Politiker Nicolas Dupont-Aignan teilte sie in einem Facebook-Video.
„Geheime“ Dokumente
Bei den Posts, die diese Behauptung verbreiteten, handelt es sich um Übersetzungen eines englischsprachigen Artikels von The People’s Voice. Die Website war früher unter dem Namen News Punch bekannt und wiederholt durch die Verbreitung von Falschinformationen auf, wie AFP überprüfte.
Der Artikel zitiert einen angeblichen X-Beitrag von Bundeskanzler Olaf Scholz: „Covid war eine PsyOp, um die Einhaltung von mRNA und Lockdowns zu testen. Es gab keine Pandemie.“
Auf dem offiziellen X-Konto des deutschen Bundeskanzlers konnte AFP jedoch keine Spur eines solchen Beitrags finden.
Screenshot des Artikels der People’s Voice, aufgenommen am 23. Mai 2024
Laut dem Artikel von The People’s Voice veröffentlichte die deutsche Regierung 2.000 Seiten „geheimer“ Dokumente der Gesundheitsbehörde Robert Koch-Institut (RKI) infolge eines Informationsfreiheitsantrags des Journalisten Paul Schreyer und seines Magazins Multipolar.
Weitere Details nennt der Artikel jedoch nicht.,
Ein weiterer Artikel auf der Website von Multipolar führt jedoch aus, dass die Dokumente angeblich enthüllten, dass die Regierungsentscheidung im März 2020, das Pandemierisiko hoch einzustufen, gar nicht vom RKI selbst getroffen worden sei. Demnach sei die Entscheidung auf eine politische Maßnahme eines „externen Akteurs“ zurückzuführen, dessen Name in den Dokumenten geschwärzt worden sei.
In The People’s Voice wird zudem ein X-Beitrag zitiert, der zu dem Schluss kommt, dass die Pandemie ein „Betrug“ war, weil die Einstufung von Covid-19 als hohes Gesundheitsrisiko eine politische und keine wissenschaftliche Entscheidung gewesen sei.
Das RKI stellte jedoch klar, dass es sich bei dem geschwärzten Namen in den Dokumenten um einen RKI-Mitarbeiter handelte und nicht um einen „externen Akteur“ (archivierter Link).
Laut RKI wurde die Entscheidung, Covid-19 als hohes Gesundheitsrisiko neu zu klassifizieren, getroffen, als die Fälle in Europa und weltweit zunahmen. Kurz vor dem Treffen der Taskforce habe die WHO die Pandemie ausgerufen (archivierter Link).
Die Weltgesundheitsorganisation dokumentierte mehr als sieben Millionen Covid-19-Todesfälle, Stand 5. Mai 2024 (archivierter Link).