Trotz Versprechungen scheitern Online-Plattformen im Kampf gegen Desinformation

Das Executive Board des European Digital Media Observatory (EDMO) begrüßt die Veröffentlichung der ersten Berichte der Unterzeichner des Strengthened Code of Practice on Disinformation im Transparency Centre. EDMO fordert die Unterzeichner, allen voran die großen digitalen Plattformen dazu auf, in ihren Berichten genauer, klarer und transparenter zu sein. Die veröffentlichten Berichte erfüllen die von den Unterzeichnern eingegangenen Verpflichtungen nicht ausreichend.

Die Unterzeichner des Verhaltenskodexes haben außerdem zugesagt, an der Entwicklung von strukturellen Indikatoren zu arbeiten und innerhalb von neun Monaten nach Unterzeichnung des Kodexes eine erste Version von Indikatoren zu veröffentlichen. Wie von der Europäischen Kommission gefordert, hat EDMO den Unterzeichnern einen ersten Vorschlag für solche Indikatoren vorgelegt, wobei der Schwerpunkt auf der Verbreitung, den Quellen und den Adressaten von Desinformation liegt. Da sich der ursprüngliche Zeitplan bereits verzögert hat, ermutigt EDMO die Unterzeichner, sich so bald wie möglich auf die Indikatoren zu einigen. Um die Indikatoren in allen EU-Mitgliedstaaten erfolgreich umsetzen zu können, werden sowohl der Zugang zu den Daten der Plattformen als auch zusätzliche wirtschaftliche Ressourcen benötigt.

Professor Miguel Poiares Maduro, Vorsitzender des EDMO Executive Boards: „Wir verstehen voll und ganz, dass dies der Beginn eines Prozesses ist. Die Bereitstellung von Berichten mit nicht überprüfbaren Zahlen wird jedoch nicht ausreichen, um den Verhaltenskodex glaubwürdig und umfänglich einzuhalten.“

EDMO ist besorgt über die jüngste Entscheidung von Twitter, Gebühren für den Zugang zu seiner API zu erheben. Der Zugang zu den öffentlichen Daten von Twitter ist der Schlüssel zur Erforschung von Desinformation. Für den Zugang zu diesen Daten Gebühren zu verlangen hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Durchführbarkeit und Kontinuität einer Reihe von Forschungsprojekten und führt zu einer Diskriminierung von Forschenden aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten.

Professor Claes de Vreese, Mitglied des EDMO Executive Boards: „Das angekündigte Ende des freien Zugangs über die Twitter-API für Forschende gefährdet die laufenden und zukünftigen Projekte, z. B. zu Hassrede und Desinformation. Ein kostenpflichtiger Zugang wird die bestehenden Ungleichheiten weiter verschärfen, da Forscher nur teilweise Zugang haben und wir als Gesellschaft eher weniger als mehr wissen werden.“

Die Europäische Union hat kürzlich potenziell entscheidende Schritte im Kampf gegen Desinformation gemacht. Es wird erwartet, dass Twitter im Rahmen des Digital Services Act (DSA) als sehr große Online-Plattform eingestuft wird und folglich nur vier Monate Zeit hat, die Vorschriften des DSA vollständig zu erfüllen. Darüber hinaus hat sich das Unternehmen im Rahmen des Strengthened Code of Practice on Disinformation zu einer Reihe von Maßnahmen verpflichtet, u.a. zur Bereitstellung eines Datenzugangs für die Forschung. EDMO fordert Twitter und alle Plattformen nachdrücklich auf, diesen Verpflichtungen nachzukommen.

Diese Stellungnahme wurde zuerst auf English auf edmo.eu veröffentlicht.

Über das EDMO Executive Board:

Das Board ist das oberste Lenkungsgremium des European Digital Media Observatory (EDMO) und besteht aus sieben Mitgliedern. Alle Informationen über die Mitglieder des Boards finden Sie hier. EDMO ist die Koordinierungsstelle für nationale und multi-nationale Hubs wie GADMO.

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