Bewertung
Es gibt keine Belege dafür, dass das Plakat von offiziellen ukrainischen Stellen stammt. Die ukrainische Botschaft in den USA – Anlaufstelle für Amerikaner, die der internationalen Legion beitreten wollen – bestätigte gegenüber der dpa, dass weder die Botschaft noch das ukrainische Verteidigungsministerium solches Rekrutierungsmaterial für US-Bürger veröffentlicht. Auch andere ukrainische Regierungsquellen bestätigten dies.
Fakten
Auffällig ist, dass im Internet nur dieses eine Bild kursiert. Sollte dieses Plakat wirklich an mehreren Stellen ausgehängt worden sein, hätten höchstwahrscheinlich mehrere Menschen Aufnahmen davon verbreitet.
Es findet sich auch weder auf den offiziellen Kanälen der ukrainischen Botschaft in den USA, bei der sich US-Freiwillige für eine Mitgliedschaft in der Legion bewerben müssen, noch auf einer der beiden Websites der Internationalen Legion. Unwahrscheinlich also, dass es sich um eine echte Kampagne handelt.
Kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gründete Präsident Selenskyj am 27. Februar 2022 die internationale Legion zur Verteidigung der Ukraine. Im Rahmen dieser militärischen Struktur können auch Ausländer Verträge mit der ukrainischen Armee abschließen.
Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) teilte die Sprecherin der ukrainischen Botschaft in Washington DC, Halyna Yusypiuk, mit, dass weder das ukrainische Verteidigungsministerium noch die ukrainische Botschaft in Washington jemals derartiges Kampagnenmaterial für die Anwerbung von US-Bürgern für die Legion erstellt hätten. Auf mehreren Seiten der ukrainischen Regierung heißt es außerdem, das Plakat sei nicht von offizieller ukrainischer Seite.
Hinweise auf Plakat sprechen für Fälschung
Es gibt keine schlüssigen Hinweise auf die Herkunft und die Urheber des Plakats. Oberhalb des Plakats stehen die Nummern von zwei US-Regierungsbehörden für die Arbeitslosenversicherung. Die Formatierung deutet auf eine gedruckte Version einer Liste von Behörden hin. Das Foto könnte also in einem Gebäude einer US-Gemeinde aufgenommen worden sein, aber endgültige Beweise dafür gibt es nicht.
Das Plakat scheint mit Informationen von der ukrainischen Regierungswebsite «Fight for Ukraine» zusammengestellt worden zu sein. So steht auf der Website unter «Vereinigte Staaten» die Telefonnummer, die auch unten auf dem Plakat angegeben ist. Für Anrufer aus den USA ist diese Nummer übrigens ungewöhnlich formatiert: Sie enthält die Landesvorwahl (001), die für Anrufe innerhalb der Vereinigten Staaten nicht notwendig ist.
Außerdem findet sich auf der Website der Slogan «Join the Brave». Diese Ähnlichkeiten weisen noch nicht auf einen eindeutigen Urheber des Plakats hin. Es könnte immer noch von jedem gemacht worden sein, auch von Ukrainern.
Interessierte brauchen militärische Erfahrung
Tatsächlich deutet besonders der Inhalt des Plakats darauf hin, dass es von jemand anderem als den ukrainischen Regierungsbehörden erstellt wurde. So entsteht der Eindruck, jeder Interessierte könne einfach für die ukrainische Fremdenlegion rekrutiert werden – doch das ist falsch.
Auf der Website von Fight for Ukraine heißt es unter dem Ablauf der Bewerbung eindeutig, dass Interessierte militärische Erfahrung nachweisen müssen. Außerdem ist im Bereich FAQ zu lesen, dass Bewerber zwischen 18 und 60 Jahre alt sein und keine Vorstrafen haben dürfen. Nach Angaben der «New York Times» werden die Bewerber zudem auf ihren Hintergrund und ihre geistige Verfassung hin überprüft.
Auch von einem so genannten «internationalen Freiwilligenstatus», der auf dem Plakat erwähnt wird, ist in den offiziellen Informationen nichts zu lesen. Amerikaner und Menschen aus anderen Ländern können sich als Freiwillige für die ukrainische Armee melden, aber sie werden dadurch nicht zu «Freiwilligen».
Wenn sie ausgewählt werden, gehen sie einen Vertrag mit der ukrainischen Armee ein und werden in deren Streitkräfte aufgenommen. Sie werden dann genauso bezahlt wie das ukrainische Militär. Das bestätigte auch Sprecherin Yusypiuk.
Es sprechen also mehrere inhaltliche und gestalterische Merkmale gegen die Echtheit des verbreiteten Plakats. Gefälschte Fotos und Plakate im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine wurden bereits mehrfach durch dpa-Faktenchecks widerlegt.
(Stand: 19.4.2023)