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Video mit Farbattacke auf Antifa-Gruppe ist KI-generiert

Ende September hat US-Präsident Donald Trump die Antifa, eigentlich eine lose Bewegung ohne klare Organisationsstruktur, in den Vereinigten Staaten als Terrorgruppe eingestuft. Auch in Deutschland sind die linken bis teilweise linksextremen Gruppierungen, die sich unter dem Gedanken der «Antifaschistischen Aktion» zusammenfinden, ein Feindbild meist rechter Akteure.

Nun kursiert in sozialen Medien ein Video, dass einen Farbbeutelwurf auf demonstrierende Antifa-Aktivisten zeigen soll. In dem Clip sieht man vier Personen auf einer Treppe vor einem historischen Gebäude, einige Personen sind vermummt, in schwarz gekleidet und halte ein schwarz-rotes Antifa-Banner. Von der rechten Bildseite aus werden gelbe und rote Farbbeutel auf die Aktivisten geworfen, die Farbe verteilt sich dann auf ihrer Kleidung. In den Hashtags unter einem Facebook-Posting mit dem Video ist von #alexanderplatz und #Satire die Rede.

Bewertung

Es handelt sich um ein Video, das mit Künstlicher Intelligenz erstellt wurde. Grundlage ist ein echtes Foto eines Protests in Großbritannien 2024 – allerdings gibt es keinen Beleg, dass die Situation mit dem Farbbeutelwurf je passiert ist.

Fakten

Das Video weist zahlreiche Bildfehler auf, die typisch für KI-generierte Medien sind:

  • Die Schrift: Zu Beginn steht auf dem Banner in der Bildmitte: «Antiyascist Action». Spätestens ab Sekunde 6 ändert sich die Schrift und es sind keine verständlichen, lateinischen Buchstaben mehr zu erkennen. Lesbare, sinnvolle Schrift ist für Künstliche Intelligenz noch immer schwer zu erstellen und eine häufige Fehlerquelle. Auch die Schrift auf den Bannern im Hintergrund wirkt nicht immer verständlich.
  • Bewegung: Flüssige Veränderungen von beweglichen Objekten fallen der KI ebenfalls schwer. Erkennbar ist das etwa auf dem wehenden Antifa-Banner. Die Griffe oder kurzen Stangen der roten und der schwarzen Flaggen auf dem Banner sind zu Beginn des Videos noch gerade verlaufend abgebildet mit gleicher Breite am Ansatz zur Flagge und am Rand, wo der Kreis um das Logo beginnt. Im Verlauf, gut zu sehen ab Sekunde 7, verzerrt sich etwa die schwarze Fahnenstange fast sichelförmig und unten spitz zulaufend.
  • Inkonsistenz: Physikalischer Logik folgen KI-Modellen noch immer nicht exakt, auch wenn die Modelle besser darin werden. In dem Video ist etwa erkennbar, dass der Hintergrund an der linken Säule und leicht daneben wabert und sich leicht verzerrt. In Sekunde 8 taucht aus dem Nichts ein verschwommenes Objekt in der Hand des sitzenden Mannes hinter dem Antifa-Banner auf, das vorher nicht dort war. Zudem erscheinen auf den Schultern und Köpfen der Personen links neben dem Banner bei Sekunde 2 Farbbleckse, ohne dass ein Farbbeutelwurf erkennbar ist. Unlogisch ist zudem, dass die zwei Personen, die hinter dem Antifa-Banner sitzen, keine Farbspritzer abzukriegen scheinen.

KI-Video basiert auf echtem Foto aus Großbritannien

Anders als mit dem Hashtag #alexanderplatz in einem Facebook-Beitrag angedeutet wird, hat dieses Video keine Situation in Deutschland zum Vorbild. Stattdessen gibt es ein Bild einer Demonstration im September 2024 in Portsmouth an der Südküste Grobritanniens, das große Ähnlichkeit mit der Szene in dem KI-generierten Video hat. Das Gebäude im Hintergrund, die sichtbaren Personen im Vorder- und Hintergrund sowie die Positionen der Banner stimmen im KI-Video und auf dem Foto überein.

Es ist davon auszugehen, dass dieses Bild genutzt wurde, um daraus mit KI ein Video zur erfundenen Szene mit dem Farbbeutelwurf zu erstellen. Die Situation des Protests ist also echt – der Farbbeutelwurf nicht.

Am 7. September 2024 fanden auf dem Guildhall-Platz in Portsmouth Proteste mehrerer Gruppen statt. Die Guildhall, heute eine Konzerthalle, ist auch das Gebäude, das in dem KI-Video und auf der Foto-Grundlage zu sehen ist, wie ein Vergleich mit Bildern auf Google Maps zeigt.

Kein Beleg für Farbbeutelwurf

Einer Demonstration von Einwanderungsgegnern stellte sich in Portsmouth 2024 laut BBC ein Gegenprotest der Kampagne «Aufstehen gegen Rassismus» entgegen. Der Protest verlief laut Polizei insgesamt friedlich, zwischen einer kleineren Gruppe von Antifa-Aktivisten und einigen Einwanderungsgegnern kam es jedoch laut dem Lokalmedium «The News» aus Portsmouth zu einem Wortgefecht. Fotos und ein Video von «The News» zeigen auch die Antifa-Aktivisten, die auf Grundlage des Fotos in dem KI-generierten Video zu sehen sind.

In Berichten über die Proteste, etwa von der BBC und «The News», finden sich keine Hinweise auf Würfe von Farbbeuteln. Auch andere Berichte über einen solchen Vorfall sind nicht zu finden. Es ist also davon auszugehen, dass die Szene gänzlich frei erfunden ist. Das KI-Video dient also auch nicht der Illustration einer Situation, die tatsächlich stattgefunden hätte.

Der Begriff «Antifa» oder «Antifaschistische Aktion» umfasst eine Vielzahl linksgerichteter Gruppierungen. Dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zufolge gibt es keine einheitliche, bundesweite Organisation mit diesem Namen, sondern lediglich eine lose Szene aus Gruppen, die meist lokal organisiert sind. Das Bundesamt für Verfassungsschutz schreibt: «Oft handelt es sich dabei um lockere, zeitlich begrenzte Verbindungen mit wechselnden Personen, die sich teilweise, aber häufig nicht ausschließlich, im linksextremistischen Aktionsfeld „Antifaschismus“ betätigen.»

Auch in den USA hat die Antifa-Bewegung nach Einschätzung gemeinnütziger Forschungsinstitute und Bürgerrechtsorganisationen keine klare Organisationsstruktur.

(Stand: 15.10.2025)

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Künstliche Intelligenz, Politik

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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