Bewertung
Es gibt keine Vorschrift, wonach eine Wahlurne versiegelt sein muss. Sie muss laut der Berliner Landeswahlordnung aber verschlossen sein und darf erst nach der Wahl geöffnet werden. An mindestens einer der Urnen, von der Aufnahmen kursieren, ist wie vorgeschrieben ein Vorhängeschloss zu sehen.
Fakten
Es ist eine weit verbreitete Annahme, dass eine Wahlurne während des Wahltags versiegelt sein muss. Doch die Regeln für Wahlen in Berlin sehen das nicht vor. Auch bei Wahlen im Bund gibt es eine solche Vorschrift nicht.
In Paragraf 47 der Berliner Landeswahlordnung heißt es: «Vor Beginn der Wahl hat der Wahlvorstand sich davon zu überzeugen, dass die Wahlurne leer ist; sie ist sodann zu verschließen. Den Schlüssel nimmt der Wahlvorsteher oder die Wahlvorsteherin an sich. Bis zur Entleerung nach Abschluss der Wahl darf die Wahlurne nicht geöffnet werden.»
Durch diese Vorschrift soll verhindert werden, dass vor oder während der Wahl andere Dinge als die Stimmzettel der Wählerinnen und Wähler in der Urne landen. Ein Siegel wird dafür jedoch nicht benötigt.
Die Aufnahmen, die derzeit kursieren, stammen aus der Nachrichtensendung «RTL aktuell» vom Wahlsonntag. Zu sehen ist unter anderem der CDU-Kandidat Kai Wegner bei der Stimmabgabe. Auf mehreren der Wahlurnen in dem RTL-Beitrag sind durchtrennte Siegel zu sehen. Es könnte sich um ältere Siegel von zurückliegenden Wahlen oder Abstimmungen handeln.
Vorhängeschloss ist im Video zu sehen
Anhand der Aufnahmen lässt sich nicht sicher feststellen, ob die Wahlurnen vorschriftsmäßig verschlossen waren. Unter anderem an der Urne, in die Wegner seinen Stimmzettel wirft, ist im RTL-Beitrag jedoch ein Vorhängeschloss zu erkennen.
Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler sprach am Sonntagabend von einem guten Verlauf der Wahl. Es habe nur kleinere Pannen gegeben: In einem Fall habe der Schlüssel für eine Wahlurne gefehlt, in einem anderen Fall habe ein Wahlvorstand verschlafen – er sei dann von der Polizei geweckt und zunächst von seiner Stellvertreterin vertreten worden. Ein Wahlbeobachter des Europarats sagte am Sonntag: «Die Dinge sind wirklich gut organisiert.» Er regte aber an, künftig durchsichtige Urnen zu verwenden. Das schaffe Transparenz und Vertrauen.
Die Wiederholungswahl in Berlin war nötig geworden, weil es bei der Abgeordnetenhauswahl parallel zur Bundestagswahl 2021 schwere Pannen gegeben hatte. In vielen Wahllokalen fehlten damals Stimmzettel, es bildeten sich lange Schlangen, viele Wahlberechtigte stimmten deshalb noch weit nach 18 Uhr ab, andere gar nicht. Der Berliner Verfassungsgerichtshof ordnete deswegen im November 2022 die Wiederholung an.
(Stand: 13.2.2023)