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Temperaturen im April 2024 waren höher als in vergangenen Jahren

Das Temperaturmittel in Deutschland lag im April 2024 bei knapp zehn Grad Celsius. Das liegt über dem langjährigen Durchschnitt. Angesichts niedrigerer Temperaturen gegen Ende des Monats behaupten User in sozialen Medien jedoch, es habe sich 2024 um den kältesten April seit 92 Jahren gehandelt. Das ist falsch. Aus einzelnen Wetterereignissen kann eine Widerlegung des Klimawandels zudem nicht abgeleitet werden.

„Ich weiss, liebe Klimajünger und Klimatanten: Es ist das Wetter … „, schrieb ein User am 30. April 2024 auf Facebook und teilte ein Foto mehrerer Bäume, die mit Raureif bedeckt sind. „Darüber wird nicht so gerne berichtet: Kältester April in Deutschland Seit 92 Jahren“, lautete der Text dazu.

In den Kommentaren zeigten sich Nutzerinnen und Nutzer empört: „Die Klimaaktivisten müssen sich alle schämen. Das ganze ist nur eine Ausbeutung des Bürgers“, schrieb ein User. Auch auf Reddit wird die Behauptung geteilt.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 2. Mai 2024

In der rechten oberen Ecke des Postings findet sich der Schriftzug „Mobil in Deutschland e.V.“. Hierbei handelt es sich um das Logo eines deutschen Automobilclubs aus München, der bereits in der Vergangenheit Falschinformationen verbreitet hat. Eine AFP-Anfrage an den Verein zur geteilten Behauptung blieb bis zur Veröffentlichung dieses Faktenchecks unbeantwortet.

Die geteilte Aussage ist jedoch falsch. Trotz der teils winterlichen Witterung in der zweiten Monatshälfte war der April 2024 in Deutschland insgesamt wärmer als im langjährigen Mittel. Von Hochsommerwetter bis Spätwintertemperaturen war das diesjährige Wetter im April vielfältig: Die erste Monatshälfte war sehr warm, bevor ein Wetterumschwung die sommerliche Witterung beendete. Gegen Ende des Monats wurden ungewöhnliche Neuschneemengen registriert.

Apriltemperaturen 2024 lagen über Werten der Referenzperioden

Zur Bewertung langfristiger Klimaentwicklung werden sogenannte Referenzperioden genutzt. Dabei werden Mittelwerte über einen längeren Zeitraum, meist 30 Jahre, gebildet. Aus einer Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 29. April 2024 geht hervor, dass das Temperaturmittel in Deutschland im April 2024 mit knapp zehn Grad Celsius um gut 2,6 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis 1990 (7,4 Grad) lag. Im Vergleich zur aktuellen und wärmeren Vergleichsperiode 1991 bis 2020 (9,0 Grad) betrug die Abweichung immer noch ein Grad: „Der Monat fiel dabei erneut viel zu mild aus, vom Rekord aus dem Jahr 2018 mit 12,3 Grad ist er aber ein gutes Stück entfernt.“

Der DWD führte in der Meldung jedoch an, dass es sich um vorläufige Werte handle, da noch nicht alle Messungen zur Verfügung stünden. „Obwohl es sich hierbei noch nicht um die endgültige Auswertung handelt, war der April 2024 dennoch zu 100 Prozent nicht der kälteste seit 92 Jahren“, erklärte DWD-Sprecher Andreas Walter in einem Telefonat am 2. April 2024 gegenüber AFP. „Die Aussage ist Quatsch, mit rund zehn Grad befindet sich die Temperatur im oberen Bereich der gemessenen Aprilwerte“, analysierte Walter. Er verwies auf die historischen Daten des DWD. Daraus geht hervor, dass der Mittelwert im April des vergangenen Jahres bei 7,5 Grad in Deutschland lag. Auch 2022 lag die Temperatur mit rund 7,8 Grad unter den aktuellen Werten.

Dass es sich 2024 nicht um den kältesten April seit 92 Jahren handelt, geht auch aus diesem Posting vom 26. April 2024 von „Kachelmannwetter.com“ hervor. „April trotz aktueller Kälte zu warm“, lautete etwa die Überschrift.

Das Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union Copernicus hat bis zur Veröffentlichung dieses Faktenchecks noch keine Daten für April 2024 publiziert. Auf AFP-Anfrage verwies ein Sprecher in einer Nachricht vom 2. Mai 2024 auf die Ausführungen des DWD.

Posting wurde bereits in der Vergangenheit geteilt

Genau dasselbe Posting wie jenes, das aktuell verbreitet wird, kursierte zudem bereits im Jahr 2021 in sozialen Medien. Tatsächlich handelte es sich beim April 2021 um einen vergleichsweise kalten Monat, wie aus der Zeitreihe des DWD hervorgeht.

Zahlreiche Medien (etwa hier und hier) griffen in der dritten Aprilwoche 2021 einen Durchschnittswert von bis dahin 4,5 Grad auf. Die DWD-Bilanz zeigte später einen Wert von rund sechs Grad im April 2021, was ihn nicht zum den kältesten April seit 92 Jahren machte. Auch davor gab es immer wieder weitaus niedrigere Aprilwerte. Der Gesamttrend der Temperatur geht aber nach oben. Zum Vergleich: Im April 1929 lag die Mitteltemperatur bei 4,5 Grad, im selben Monat des Jahres 1938 bei 5,0.

Temperaturabweichungen im April in Deutschland (Deutscher Wetterdienst)

Die Behauptung, es habe sich um den kältesten April in Deutschland seit 92 Jahren gehandelt, kursierte auch 2023 auf Facebook – allerdings waren die Postings optisch anders ausgestaltet. Das Faktencheck-Team der dpa hat sich hier angesehen, warum die Behauptung auch für vergangenen April falsch war.

Klimawandel ist real – und menschengemacht

Angesichts niedriger Temperaturen stellen Userinnen und User immer wieder den menschengemachten Klimawandel infrage. Das ist falsch. Stefan Rahmstorf, Klimaforscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung wurde von AFP für einen anderen Faktencheck kontaktiert. Er schrieb am 12. April 2024, dass die menschengemachte Klimaerwärmung anhand eines einzelnen Wetterereignisses nicht widerlegt werden könne: „Sie ist eine seit Jahrzehnten gesicherte Tatsache.“

Nutzer sehen die Ursache der Erderwärmung beispielsweise fälschlich in Sonnenzyklen oder sind der Ansicht, Temperaturveränderungen seien viel eher natürliche Wetterereignisse. Auch das Wetter im März wurde bereits fälschlich benutzt, um die Erderwärmung infrage zu stellen. Alle Faktenchecks zum Thema Klima sammelt AFP hier.

Fazit: Angesichts niedriger Temperaturen gegen Ende April 2024 behaupten User in sozialen Medien fälschlich, es habe sich 2024 um den kältesten April seit 92 Jahren gehandelt. Der April 2024 lag laut DWD jedoch im Mittel bei etwa zehn Grad Celsius. Das ist wärmer als der Durchschnittswert von 9,0 Grad der vergangenen 30 Jahre. Einzelne Wetterereignisse sind in jedem Fall kein Beweis gegen die Klimaerwärmung. 

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Klimawandel, Umwelt

Autor(en): Katharina ZWINS / AFP Österreich

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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