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56 Grad in Bahnhofsuhr gemessen – Meteorologe sprach über Frühsommer

Während in Deutschland sehr wechselhaftes Aprilwetter vorherrscht, sind in anderen Teilen Europas bereits enorm hohe Temperaturen für diese Jahreszeit gemessen worden. Spanien etwa verzeichnet eine ungewöhnlich frühe Hitzewelle. Angesichts dieser Nachrichten kursiert in den sozialen Medien ein Sharepic mit Blick auf den Hochsommer in Deutschland: Die «Bild»-Zeitung habe im Jahr 1957 Temperaturen von 56 Grad Celsius vermeldet. Heute hingegen würden Meteorologen sagen: «Temperaturen um die 35 Grad, das hat es früher nicht gegeben.» Ein Widerspruch oder gar eine Lüge in der Wetter- und Klimaberichterstattung?

Bewertung

Die Gegenüberstellung ist irreführend. Der untere Artikel bezieht sich auf den Juni 2022 in Österreich, der tatsächlich überdurchschnittlich heiß war. Die 56 Grad aus dem Jahr 1957 kann man damit nicht vergleichen, denn sie wurden im Inneren einer Bahnhofsuhr gemessen.

Fakten

Die Schlagzeile «56 Grad! Ganz Deutschland ein Brutofen!» stammt aus der «Bild»-Zeitung vom 7. Juli 1957, einem Sonntag. Doch der Wert ist keine Außentemperatur und schon gar kein offizieller Messwert. Im Text heißt es: «Bei 56 Grad im Gehäuse versagte die Bahnhofsuhr von Wanne-Eickel den Dienst.» An jenem Tag herrschte in Deutschland zwar sehr heißes Wetter. Die 40-Grad-Marke wurde jedoch nicht geknackt.

Der untere Teil des Sharepics zeigt die Überschrift eines Artikels der österreichischen «Kronen Zeitung» aus dem Juni 2022. Der Meteorologe Klaus Reingruber bezog sich damals auf die vergleichsweise hohen Temperaturen im Frühsommer. Ihn überrasche es, dass es «so schnell gleich so heiß ist». Auf die Frage, ob es kein normales Wetter mehr gebe, antwortet er: «Es ist schon so, dass Temperaturen um 34 oder 35 Grad ungewöhnlich sind, das hat es früher nicht gegeben.» Er bezog sich damit auf den Juni – nicht auf Sommerhitze im Allgemeinen. Reingrubers Einschätzung zum Juni 2022 wurde von anderen österreichischen Meteorologen bestätigt.

Die Gegenüberstellung wurde auf Facebook unter anderem von der AfD-Politikerin Erika Steinbach verbreitet. Sie kursiert jedoch schon seit Monaten und ist bereits mehrfach widerlegt worden. Die Schlagzeile über die Temperatur in der Bahnhofsuhr etwa wird seit Jahren auf irreführende Weise verbreitet, um die Ausmaße der Klimakrise zu relativieren.

In weiteren Beiträgen wird noch ein dritter Zeitungsbericht gezeigt. Er stammt aus der «Bild»-Zeitung aus dem Jahr 1975 und warnt vor 40 Grad Hitze Anfang August. Es handelt sich jedoch nur um eine Prognose. Tatsächlich wurden in den folgenden Tagen in Deutschland nur Höchstwerte knapp über 35 Grad gemessen.

Auch vor Jahrzehnten gab es in Deutschland und Österreich bereits Hitzewellen und sehr heiße Tage. Hohe Temperaturen zum Beispiel im Juni und Juli haben nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes in den vergangenen Jahren aber deutlich zugenommen. Auch die Zahl der Hitzetage ist stark angestiegen. Von einem solchen Tag sprechen Meteorologen bei Temperaturen ab 30 Grad Celsius. Experten führen diese Entwicklungen auf den Klimawandel zurück.

(Stand: 26.4.2023)

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Klimawandel, Gesellschaft, Umwelt

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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