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Stellenanzeige für Filmdreh mehr als ein Jahr alt

Rund um die Berichterstattung zu den Protesten in Deutschland gegen Rechtsextremismus und für demokratische Werte kursieren im Netz zahlreiche Fake-Vorwürfe gegen die Medien – dpa-Faktenchecks konnten ein paar davon widerlegen (hier und hier). Nun behaupten Nutzerinnen und Nutzer in den sozialen Medien (hier, hier und hier), für die Demonstration am 19. Januar 2024 in Hamburg seien Statisten gesucht worden. Als Beweis führen sie Screenshots einer Anzeige auf einer Jobplattform an, die Menschen in Hamburg 60 Euro biete, wenn sie für Videoaufnahmen als «Demoteilnehmer» auftreten.Bewertung

Die Anzeige ist über ein Jahr alt und steht in keinem Zusammenhang mit den aktuellen Demonstrationen. Ein anderer vermeintlicher Beweis ist tatsächlich Satire.

Fakten

Das Original der Anzeige ist nicht mehr auffindbar. Aber schon die Angaben auf den verbreiteten Screenshots lassen nicht darauf schließen, dass die Anzeige für die Anti-Rechts-Demo in Hamburg angefertigt wurde. Darin werden «einige Statisten» für «eine kurzes Video» (Schreibweise im Original) gesucht. Aufgenommen werde «eine kleine Demonstration». Laut Angaben von Polizei und DGB Hamburg waren am Hamburger Jungfernstieg zwischen 50 000 und 80 000 Menschen unterwegs.

Die Plattform, auf deren Seite die Anzeige veröffentlicht wurde, hat mittlerweile einen Hinweis über die Anzeige gelegt: Darin weist sie darauf hin, dass die Anzeige, die man nur als registriertes Mitglied vollständig sehen kann, im Oktober 2022 veröffentlicht wurde. Bewerbungsschluss war demnach ebenfalls im Oktober 2022.

Die Plattform «Jobwrk» bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass das Inserat in keinem Zusammenhang mit der Demonstration in Hamburg steht: «Leider wurde das Inserat aus dem Kontext gezogen, um dem Narrativ der Fake-Demonstration am 19.01.2024 zu dienen.» Schränkt man bei der Google-Suche nach der Anzeige den Zeitraum auf Oktober 2022 ein, ist auch sichtbar, dass sie schon am 13. Oktober 2022 veröffentlicht wurde.

Warum die alte Anzeige noch online war und für welche Produktion sie ursprünglich geschaltet wurde, wollte «Jobwrk» nicht sagen. Eine Sprecherin teilte mit: «Um den teils extremen Stimmungen von Rechts und Links, die über das Wochenende mit Anschuldigungen und Beleidigungen auf uns eingeprasselt sind, kein weiteres Futter zu geben, ist der Sachverhalt für uns mit der Klarstellung auf dem Jobinserat zum jetzigen Zeitpunkt vollständig aufgeklärt.»

Die Anzeige steht also in keinem Zusammenhang mit der Demonstration in Hamburg.

Vermeintlicher Beweis richtet sich gegen Verschwörungstheorie

Auch ein Video auf Tiktok beweist nicht, dass Protestteilnehmer in Hamburg für ihre Teilnahme bezahlt wurden – auch wenn eine Nutzerin das Video als Beweis anführt, dass gegen die «AFD stunk» (Schreibweise im Original) gemacht werde. In dem Video sagt ein Mann, er sei auf der Demonstration in Hamburg gewesen, nachdem er die Anzeige gelesen habe, dass Statisten gesucht würden.

Dann hält er mehrfach eine Karte, die mit dem angeblichen Honorar aufgeladen worden sei, in die Kamera. Der Tiktoker führt in seiner Profilbeschreibung das Wort «Comedy» auf. Laut seinem Facebookprofil ist er Gastronom und ehemaliger Neonazi, der sich heute für die Linke in Hamburg gegen Rechts einsetzt. In einem anderen Video, in dem er sich mit anderen Falschbehauptungen rund um die Demo in Hamburg beschäftigt, berichtet er, dass er tatsächlich vor Ort war. Er beschreibt, der Jungfernstieg sei «brechend voll» gewesen.

Was er im Video zur vermeintlichen Bezahlung vor die Kamera hält, ist die ANTIFAmily-Card der linken Satiregruppe «Hooligans Gegen Satzbau». Diese kann man tatsächlich kaufen – sie wurde aber entwickelt, um sich gerade über Verschwörungstheorien lustig zu machen, Menschen würden für linke Demonstrationen gekauft. Das zeigt sich auch in der Beschreibung der Karte im Shop: Von «Satirefaction» ist dort die Rede und dass man damit bargeldlos zahlen – also anschreiben lassen – und «den ÖPNV kostenfrei nutzen» – also Schwarzfahren – könne. Die Karte kann also nicht mit Geld aufgeladen werden.

Der vermeintliche Beweis für gekaufte Demonstranten macht sich tatsächlich genau über diese Falschbehauptung lustig.

(Stand: 24.1.2024)

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Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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