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Diese Dokumente über den Kauf von Yachten durch den ukrainischen Präsidenten sind gefälscht

Seit Ende 2023 kursieren in sozialen Medien Bilder von angeblichen Verkaufsurkunden zweier Luxusyachten. User behaupten fälschlich, die Schiffe seien vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über ein Finanzkonstrukt und mit westlichen Hilfsgeldern erworben worden. Die in den vermeintlichen Verkaufsunterlagen zitierte Vereinigung gab jedoch an, dass die Dokumente gefälscht seien. Der Verein wies weiter darauf hin, dass ihr altes, heute nicht mehr verwendetes Logo auf den Papieren zu sehen sei. Die für die Verwaltung der beiden Yachten zuständigen Makler bestätigten zudem gegenüber AFP, dass die Yachten im Januar 2024 immer noch zum Verkauf stehen.

„Der ukrainische Präsident Zelensky benutzt Bevollmächtigte, um den Besitz von zwei Yachten im Wert von 75 Millionen Dollar zu verbergen“, heißt es in einem Beitrag auf Facebook von November 2023. User teilten etwa Fotos von Yachten sowie Dokumente, die belegen sollen, dass eine der Yachten mit dem Namen „My Legacy“ am „25. Oktober 2023“ von Selenskyjs Vertrautem „Serhiv Shefir“ für „49.750.000,00 US-Dollar“ gekauft wurde.

In anderen Beiträgen auf X, Facebook und Telegram hieß es außerdem, dass eine weitere Yacht namens „Lucky Me“ von den „Brüdern Boris und Sergey Shefir“, die dem ukrainischen Präsidenten nahestehen würden, für diesen gekauft worden sei. In einigen Beiträgen wurde zudem behauptet, dass der ukrainische Präsident dieses Geld aus den Hilfszahlungen westlicher Länder an die Ukraine für den Krieg gegen Russland seit dessen militärischer Invasion im Februar 2022 abgezweigt habe.

Häufig verbreiten User ein englischsprachiges Video mit der Behauptung, dass der ukrainische Präsident inmitten des Krieges zwei Luxusyachten erworben habe. Die angeblichen Dokumente, die den Kauf durch Selenskyj belegen sollen, kursierten zunächst vermehrt im englischsprachigen Raum. Sie wurden etwa auf der Webseite „DC Weekly“ geteilt. Hierbei handelt es sich um ein Medium, das von einem ehemaligen US-Militär mit Wohnsitz in Russland gegründet wurde und laut Desinformationsexperten, die von der BBC befragt wurden, bereits irreführende Behauptungen über den Krieg in der Ukraine verbreitet hat. Auch auf der Facebook-Seite von „Redacted“, einer Online-Sendung in den USA, wurden die Aussagen geteilt.

Zudem kursieren die Behauptungen auch in anderen Sprachen wie Französisch oder Koreanisch.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 30. Januar 2024

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 werden soziale Medien von einer Welle kremlfreundlicher Desinformationen überschwemmt, die insbesondere darauf abzielt, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu diskreditieren. AFP hat in der Vergangenheit bereits Falschinformationen in diesem Zusammenhang überprüft (etwa hier und hier). Alle Faktenchecks zum Krieg in der Ukraine sammelt AFP hier.

Das Büro des ukrainischen Präsidenten wies jedoch gegenüber der BBC im Dezember 2023 die Behauptungen über den Kauf dieser Yachten zurück und erklärte, dass Selenskyj und seine Familienmitglieder „keine Yachten haben und auch nie besessen haben“.

Dokumente sind gefälscht

In den angeblichen Dokumenten, die den Kauf der Yacht „My Legacy“ belegen sollen, wird mehrfach die „Mediterranean Yacht Brokers Association“ erwähnt – eine Organisation, die die Transaktion „genehmigt“ haben soll. Ein Logo mit dem Namen des Verbandes findet sich am Seitenanfang der Dokumente.

Der Name dieser in Frankreich ansässigen Organisation findet sich auch in einer Verkaufsanzeige, die am 29. November 2008 im französischen Amtsblatt für Vereinigungen und Unternehmen (JOAFE) erschien, das offizielle Informationen in diesem Zusammenhang enthält. In der Anzeige heißt es jedoch, dass der Verband damals in MYBA The Worldwide Yachting Association umbenannt wurde. Zum Zeitpunkt des angeblichen Kaufes trug er daher nicht mehr jenen Namen, der in den online verbreiteten Dokumenten angegeben wird.

AFP stellte außerdem bei der Durchsicht von archivierten Seiten der Website des Verbands fest, dass das Logo auf den angeblichen Dokumenten über den Verkauf der Yacht seit 2014 offenbar nicht mehr von MYBA verwendet wurde. Dort ist außerdem zu sehen, dass die aktuelle Gestaltung des Logos völlig anders ist.

Vergleich eines Screenshots der gefälschten Dokumente (links) und des aktuellen Logos des Vereins (rechts)

Die in den Postings in sozialen Netzwerken enthaltenen Dokumente „wurden offensichtlich manipuliert“, erklärte Jane Adlington-Brumer, Generalsekretärin von MYBA, am 15. Januar 2024 gegenüber AFP. Sie fügte hinzu, dass das „aktuelle Logo unserer Vereinigung aus dem Jahr 2021“ stamme. Das in den geteilten Dokumenten abgebildete Logo werde heutzutage nicht mehr verwendet.

AFP fand heraus, dass die geteilten Dokumente einer alten Mustervorlage für einen Kaufvertrag ähnelten, die auf der MYBA-Website zu finden war. Jane Adlington-Brumer versicherte allerdings, dass diese Vorlage im Januar 2024 „nicht mehr von MYBA genehmigt“ war.

Yachten standen im Januar 2024 noch immer zum Verkauf

Die Makler der Firmen Burgess und Behnemar, die für die beiden erwähnten Luxusyachten zuständig sind, erklärten zudem gegenüber AFP, dass „My Legacy“ und „Lucky Me“ im Januar 2024 nicht verkauft worden seien – anders als in sozialen Medien behauptet wurde.

„Die Yacht ‚My Legacy‘ steht immer noch zum Verkauf und Burgess ist die einzige Agentur, die mit der Verwaltung der Yacht beauftragt ist. Die Yacht wurde nicht verkauft“, erklärte Nicci Perides, Sprecherin des Unternehmens Burgess, am 8. Januar 2024 gegenüber AFP.

Die Meldungen über den Kauf der zweiten Yacht durch den ukrainischen Präsidenten seien „völlig irreführend und falsch“, sagte auch ein Vertreter von Behnemar, dem Unternehmen, das die Yacht „Lucky Me“ zum Verkauf anbietet, am 10. Januar 2024 gegenüber AFP. „Die Yacht wurde nicht verkauft und wird weiterhin über Behnemar, die die einzige Agentur ist, die sie verwaltet, zum Verkauf angeboten“, sagte er.

Die beiden Schiffe „My Legacy“ und „Lucky Me“ werden tatsächlich auf den jeweiligen Websites von Burgess und Behnemar am 31. Januar 2024 immer noch als „zum Verkauf stehend“ angeführt.

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht während eines Treffens mit dem polnischen Premierminister in Kiew am 22. Januar 2024 zu ukrainischen Studierenden – Sergei SUPINSKY / AFP

Wolodymyr Selenskyj wird in Pandora Papers beschuldigt

Falschbehauptungen, die den ukrainischen Präsidenten oder andere ukrainische Politiker als korrupte Personen darstellen sollen, die Geld verwenden, das von westlichen Ländern geschickt wurde, sind seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine immer wieder aufgetaucht. AFP hat diese etwa hier überprüft.

Wolodymyr Selenskyj, der sein Image auf den Kampf gegen Korruption gründete, war jedoch in den Enthüllungen der Pandora Papers beschuldigt worden. Hierbei handelt es sich um eine umfangreiche Untersuchung des Internationalen Netzwerks investigativer Journalisten (ICIJ), die 2021 veröffentlicht wurde und sich auf 11,9 Millionen Dokumente von 14 Finanzdienstleistungsunternehmen stützte.

„Pandora Papers“ enthüllen heimliche Offshore-Geschäfte zahlreicher Politiker: Übersicht über die Herkunft der ausgewerteten Unterlagen nach Land, Kanzlei und Anzahl der jeweiligen Dokumente – John SAEKI, Thorsten EBERDING / AFP

Die Ermittlungen warfen Selenskyj damals vor, ab 2012 ein Netzwerk von Offshore-Firmen aufgebaut zu haben, das unter anderem zum Kauf von drei exklusiven Immobilien in London genutzt worden sein soll. Den Ermittlungen zufolge hatte Wolodymyr Selenskyj kurz vor seiner Wahl zum ukrainischen Präsidenten 2019 seine Anteile an einer dieser Offshore-Firmen, Maltex Multicapital, an seinen damaligen Geschäftspartner Sergej Schefir übertragen, der später zu seinem ersten Berater wurde.

Das Präsidialamt der Ukraine argumentierte damals, dass Wolodymyr Selenskyj und seine Partner versucht hätten, sich vor „aggressiven Aktionen“ des Regimes des ehemaligen prorussischen Staatschefs Viktor Janukowitsch zu „schützen“.

Nationales Büro zur Korruptionsbekämpfung 

Maria Popova, Professorin für Politikwissenschaft an der McGill University in Montreal und Expertin für Korruptionsfragen, wurde bereits vergangenes Jahr von AFP zum Thema Korruption in der Ukraine kontaktiert. Am 10. Januar 2023 erklärte sie, dass „viele Informationen“ über das Vermögen ukrainischer Politiker bekannt seien und dass „der Grad der Transparenz in dieser Hinsicht dem in westlichen Ländern entspricht“.

„Seit 2014 untersucht das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (Nabu) Korruption im öffentlichen Bereich und kann auch die Justiz einschalten. (…) Ein Abgeordneter von Selenskyjs Partei und ein Richter wurden etwa vom Nabu wegen Unregelmäßigkeiten in ihrer Steuererklärung für 2021 kritisiert“, meinte Popova.

Die Ukraine, deren Kriegsanstrengungen größtenteils von westlicher Unterstützung abhängen, wurde bereits im Januar 2023 von einem großen Skandal um mutmaßliche Korruption bei der Versorgung des Militärs erschüttert. Auch in der Politik kam es zu Entlassungen. Auch aktuelle Medienberichte beschreiben Korruption in der Ukraine.

Fazit: Online heißt es fälschlich, Dokumente belegen, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj über ein Finanzkonstrukt und mit westlichen Hilfsgeldern zwei Luxusyachten erworben habe. Die in den vermeintlichen Verkaufsunterlagen zitierte Vereinigung gab jedoch an, dass die Dokumente gefälscht seien. Auf den Papieren ist ihr altes, heute nicht mehr verwendetes Logo zu sehen. Die für die Verwaltung der beiden Yachten zuständigen Makler bestätigten zudem gegenüber AFP, dass die Schiffe im Januar 2024 noch zum Verkauf standen.

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Politik, Ukraine

Autor(en): Hailey JO / Katharina ZWINS / AFP Südkorea

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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