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Schleswig-Holsteins Muslime dürfen an Festtagen freinehmen

Hitzige Debatten um religiöse Bräuche spiegeln oft tiefere gesellschaftliche Konflikte wider – etwa die Frage, wie ein säkularer Staat mit religiöser Vielfalt umgeht. Die Schweizer Wochenzeitung «Die Weltwoche» behauptet: «Deutschland in Schieflage: Schleswig-Holstein führt zwei islamische Feiertage ein». Diese Formulierung erweckt den Eindruck, die Tage würden künftig den bestehenden gesetzlichen Feiertagen gleichgestellt.

Bewertung

Die Behauptung ist irreführend. Schleswig-Holstein führt keine neuen Feiertage ein, sondern sichert Freistellungen für Musliminnen und Muslime an zwei bestehenden religiösen Festtagen rechtlich ab.

Fakten

Die Landesregierung von Schleswig-Holstein und der Landesverband der Islamischen Kulturzentren Norddeutschland (VIKZ) unterzeichneten am 24. September 2025 einen Kooperationsvertrag, wie einer Pressemitteilung des Landes zu entnehmen ist. Darin werden Religionsfreiheit, Bildungsarbeit und gesellschaftlicher Zusammenhalt betont.

Künftig soll am erste Tag des Ramadan- und des Opferfests eine Freistellung möglich sein. Die Vereinbarung bekräftigt die Ausübung der Religionsfreiheit (§ 4 Grundgesetz), wonach Angehörige religiöser Gemeinschaften an bestimmten Feiertagen freigestellt werden können.

Muslimische Beschäftigte sowie Schülerinnen und Schülern haben damit einen Anspruch auf Freistellung. Diese erfolgt im Rahmen der üblichen Regelungen: etwa über Urlaub, Zeitausgleich oder unbezahlte Freistellung. Musliminnen und Muslime bekommen also infolge der Regelung nicht zwei zusätzliche arbeitsfreie Tage im Jahr.

Nicht gleichbedeutend mit gesetzlichen Feiertagen

Es handelt sich dabei um kein Gesetz und deshalb auch um keine Änderung des Sonn- und Feiertagsrechts. Der geschlossene Vertrag sichert jedoch individuelle Ansprüche im Rahmen bestehender Rechtsnormen. Gesetzliche Feiertage werden per Gesetzgebung (SFTG) bestimmt und gelten allgemein und unabhängig von individueller Religionszugehörigkeit.

Die Berichterstattung zum Vertragsabschluss reicht von sachlich-nüchternen Darstellungen bis zu zugespitzten Schlagzeilen, die Missverständnisse begünstigen: Beim lokalen Medium «Kieler Nachrichten» heißt es: «Muslime dürfen (…) freinehmen». Beim «NDR» bezieht sich die Headline auf die Abschließung eines Vertrags – die Regelung zu Feiertagen wird innerhalb des Textes erklärt.

«Bild» titelte zunächst: «Muslime bekommen zusätzliche Feiertage», was die Tatsachen wie beim Artikel der «Weltwoche» verzerrt. Zwar folgt später eine Klarstellung, die irreführende Überschrift blieb jedoch online.

Zugespitzte Schlagzeilen wie diese verbreiten sich in sozialen Netzwerken häufig ohne Kontext und verstärken so Fehldeutungen. Die «Deutsche Welle» verfasste zuletzt eine Übersicht zum Thema. Die «Tagesschau» etwa ordnet den Vertrag als rechtliche Absicherung bereits gelebter Praxis ein, nicht als Einführung neuer gesetzlicher Feiertage.

(Stand: 14.10.2025)

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Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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