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Angaben zur Steuerlast sind irreführend und falsch

Wer arbeiten geht, bekomme vom Staat 50 Prozent weggenommen, klagt eine Facebook-Nutzerin. Beim Einkaufen kassiere der Staat zudem 19 Prozent ein und beim Tanken sogar 70 Prozent. Offenbar sind ihr die Steuersätze in Deutschland zu hoch. Über die Verwendung des Steuergelds hierzulande hat die Nutzerin schon falsche Angaben verbreitet. Stimmen die Zahlen diesmal?

Bewertung

Nein. Die Einkommensteuer in Deutschland ist deutlich niedriger als angegeben, für eine Reihe von Produkten gelten ermäßigte Mehrwertsteuersätze und auch beim Tanken kassiert der Staat weniger als die behaupteten 70 Prozent ab.

Fakten

Was der Staat den Bürgerinnen und Bürgern angeblich wegnimmt, lässt sich anhand geltender Steuersätze überprüfen.

Einkommensteuer

Wer in Deutschland arbeiten geht, zahlt auf sein Gehalt in der Regel Einkommensteuer. Diese liegt je nach Höhe des Einkommens zwischen 14 und 45 Prozent. Die ersten 11.785 Euro bei Ledigen und 23.570 Euro bei Verheirateten sind immer steuerfrei, betont die Finanzverwaltung unter Bezug auf die 2024 gültigen Werte.

Deshalb fällt der Steuersatz auf das gesamte Einkommen bezogen geringer aus. Nach Berechnungen der Universität Duisburg-Essen liegt der Durchschnittssteuersatz immer deutlich niedriger.

«Bis 1990 lag der Spitzensteuersatz noch deutlich höher, nämlich bei 56 Prozent», erinnern die Fachleute zudem. Seither wurde er schrittweise abgesenkt. Den höchsten Satz von derzeit 45 bekommen lediglich Arbeitnehmer berechnet, die ein Jahreseinkommen von 277.826 Euro oder mehr versteuern.

Mehrwertsteuer

Die Mehrwert- oder korrekter Umsatzsteuer wird beim Verkauf von Waren und Dienstleistungen erhoben und beträgt in Deutschland maximal 19 Prozent. Für eine Reihe von Produkten wird allerdings ein ermäßigter Satz erhoben. Wer beispielsweise Lebensmittel, Kaffee, Tee, Bücher oder Kunstgegenstände einkauft, muss nur 7 Prozent an den Staat abführen. Pauschal zu behaupten, «der Staat nimmt dir 19% weg», wenn man einkaufen geht, ist also zumindest irreführend.

Eine Auflistung der IHK München auf der Basis von EU-Angaben zeigt übrigens, dass die Mehrwertsteuer in Deutschland niedriger liegt als in den meisten anderen EU-Staaten. Nur in Luxemburg und auf Malta sind die Sätze mit 17 beziehungsweise 18 Prozent geringer.

Kraftstoffsteuern

Auch auf Benzin und Diesel wird – nach der Energiesteuer – die Zahlung von Umsatzsteuer fällig. Hinzu kommt die CO2-Abgabe. Alles zusammen macht aber keine 70 Prozent aus, wie der ADAC berechnete. Der Staat kassiert demnach von jeder Tankrechnung 61 Prozent beim Benzin und 53 Prozent beim Diesel. Aus einer Berechnung des Bundesverbandes freier Tankstellen im Jahr 2023 ergab sich (bei damals etwas niedrigerer CO2-Bepreisung) ein staatlicher Anteil von 58 Prozent am Benzinpreis und von 48 Prozent beim Dieselpreis.

Grundsätzlich stehen den Steuern natürlich auch Leistungen des Staats für seine Bürgerinnen und Bürger gegenüber – und beide werden von gewählten Politikern festgelegt. Die Steuerzahler bekommen also nicht nur etwas weggenommen, wie der falsche Facebook-Post es formuliert.

Vor einigen Jahren wurde dieselbe Behauptung übrigens auch schon in der Schweiz verbreitet. Nach Maßstab der dortigen Steuersätze stellte sie sich im Faktencheck ebenfalls als falsch heraus.

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Politik, Wirtschaft

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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