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Deutschland trägt zum Klimawandel bei

Die Auswirkungen von Kohlendioxid auf das Klima der Erde sind signifikant. In sozialen Medien wird der CO2-Gehalt in der Atmosphäre jedoch als unbedeutend dargestellt. Das ist irreführend. Denn obwohl der CO2-Anteil in der Atmosphäre tatsächlich bei auf den ersten Blick gering wirkenden rund 0,04 Prozent liegt, trägt dieses Treibhausgas entscheidend zur Erderwärmung bei, wie Fachleute gegenüber AFP erklärten. Studien belegen den deutlichen Anstieg von Kohlendioxid aufgrund menschlicher Aktivitäten und den damit zusammenhängenden Klimawandel. Deutschland trägt zur globalen Erwärmung bei.

„Aufklärung und Bildung ist wichtiger denje“, „Die Wahrheit über die CO2 Lüge“ und „Nachhilfeunterricht“, heißt es in einem Facebook-Video, der rund 6000 Mal geteilt wurde. Auch auf Instagram wurde der Beitrag verbreitet. In dem Video sind unter anderem eine Weltkugel, ein Wolkenhimmel sowie mehrere Grafiken zu sehen. Diese sollen die Aussagen zum Thema CO2, die in dem Clip getätigt werden, untermauern.

Zur Zusammensetzung der Atmosphäre der Erde heißt es in dem Video, dass CO2 nur „4000 von zehn Millionen Molekülen“ ausmache. Und weiter: „Nur 120 dieser CO2-Moleküle sind menschengemacht. Und von diesen 120 CO2-Molekülen stammen drei aus Deutschland.“ Schließlich wird in dem Video der Schluss gezogen, dass CO2 „nur wenig zum Erdklima beiträgt, was uns die CO2-Aufzeichnungen der Geologen über die hunderttausende Jahre auch bestätigen“. Abschließend heißt es: „Weder im Guten noch im Schlechten können wir das CO2 in der Atmosphäre beeinflussen.“

Facebook-Screenshot der Behauptung: 13. Februar 2024

Immer wieder stellen User in sozialen Medien die Existenz des menschengemachten Klimawandels infrage. Die Mehrheit der Klimaforschenden ist sich jedoch einig, dass vom Menschen verursachte Treibhausgasemissionen einen globalen Temperaturanstieg verursachen. Faktenchecks zum Thema Klima sammelt AFP hier.

Auch im Zusammenhang mit der Auswirkung von CO2 auf den Klimawandel kursieren zahlreiche falsche und irreführende Behauptungen. AFP hat diese etwa hier und hier auf Deutsch sowie hier auf Englisch überprüft.

Auch die aktuell geteilten Behauptungen zum Anteil von natürlichem und menschengemachtem Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre, zu den Auswirkungen von CO2 auf das Erdklima sowie zum Einfluss Deutschlands sind unzutreffend.

422 ppm Kohlendioxid in der Atmosphäre

Zur Zusammensetzung der Atmosphäre heißt es in dem Clip, dass diese zu 78 Prozent aus Stickstoff und zu 21 Prozent aus Sauerstoff bestehe. Und weiter: „Sauerstoff und Stickstoff sind bereits 99 Prozent der Atmosphäre. Argon, Dämpfe und Spurengase machen 0,93 Prozent aus. Nur 4000 von zehn Millionen Molekülen sind CO2 in der Atmosphäre.“

Tatsächlich ist 78 Prozent unserer Luft Stickstoff, 21 Prozent Sauerstoff, der Rest sind Edelgase und Spurengase wie Kohlendioxid. Auf den ersten Blick wirkt der Anteil von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre in der Tat klein. Hauke Schmidt, Geophysiker am Max-Planck-Institut für Meteorologie, schrieb AFP am 17. Februar 2024: „Der Anteil von CO2 liegt aktuell etwa bei 0,042 Prozent, meist als 420 ppm angegeben.“ Ppm steht für „parts per million“, also Teilchen pro Million. 0,042 Prozent entsprechen 420 ppm.

Douglas Maraun, Leiter der Forschungsgruppe Regionales Klima am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz schrieb AFP zu den Behauptungen im Video am 16. Februar 2024: „Das Ganze ist eine Kombination aus physikalisch falschen Aussagen und einer Milchmädchenrechnung.“ Er erläuterte, dass die Konzentration von Treibhausgasen im Vergleich zu Stickstoff und Sauerstoff tatsächlich gering sei: „Allerdings sind letztere zweiatomige Gase, die im wesentlichen keinen Einfluss auf die Abstrahlung der Wärmestrahlung von der Erde haben.“ Demgegenüber seien Treibhausgase in der Lage, Wärmestrahlung zu absorbieren und einen großen Teil davon wieder zur Erde auszusenden. Zudem bezeichnete er den Bezug auf die knapp zehn Millionen anderen Moleküle als „irreführend“, da diese für die Strahlungsbilanz irrelevant seien.

Stefan Rahmstorf, Klimaforscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, schrieb AFP am 16. Februar 2024 ebenfalls: „Die Wirkung der CO2-Menge auf die Strahlungsbilanz der Erde ist eine Messtatsache.“ Das Gas ist so schädlich, weil es den Treibhauseffekt verstärkt. Die Erdatmosphäre agiert wie ein Schutzschild um unseren Planeten, wodurch die Temperaturen moderater sind. Gase wie CO2 spielen eine entscheidende Rolle dabei, die Rückstrahlung der Sonnenenergie ins Weltall zu verhindern. Moleküle mit mehreren Atomen, wie Kohlendioxid, beeinflussen die Wärmereflektion auf eine andere Weise und legen sozusagen eine wärmende Decke um die Erde.

Auch Hans Pörtner, Klimaforscher am Alfred-Wegener-Institut, übte Kritik an den Behauptungen im Video. Er schrieb AFP am 18. Februar 2024: „Zunächst hat jemand wieder einmal nicht verstanden, dass CO2 mit weiteren Treibhausgasen zusammenwirkt, wie zum Beispiel mit Wasser, dessen Gehalt (Dampf) in der Atmosphäre mit der CO2-induzierten Erwärmung steigt und diese Erwärmung verstärkt.“

Stefan Rahmstorf verwies in seiner Nachricht an AFP auf einen seiner Artikel aus dem Jahr 2017 mit näheren Erklärungen. Dort heißt es unter anderem, dass die CO2-Konzentration im Laufe der Zeit massiv angestiegen ist. Zum angeführten CO2-Anteil von 0,04 Prozent schrieb Rahmstorf: „Dieselbe Konzentration erhält man, wenn man 1000 Liter Urin in ein normales olympisches Schwimmbecken schüttet (mit 2,5 Millionen Liter Volumen). Die Klimaskeptiker würden darin sicher gerne schwimmen.“

Entwicklung der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre – Maxence D’AVERSA / Laurence SAUBADU / AFP

Erderwärmung ist menschengemacht

Im Video wird weiter angedeutet, dass der Anteil des Menschen an der Erderwärmung zu vernachlässigen sei. Der Wortlaut der Behauptung: „Nur 4000 von zehn Millionen Molekülen sind CO2 in der Atmosphäre. Nur 120 dieser CO2-Moleküle sind menschengemacht. Und von diesen 120 CO2-Molekülen stammen drei aus Deutschland. Drei Gas-Moleküle von zehn Millionen Gas-Molekülen sind CO2 aus Deutschland.“

Im Fazit eines 2021 erschienenen Berichts des Weltklimarates (IPCC) heißt es: „Es ist eindeutig, dass der Einfluss des Menschen die Atmosphäre, den Ozean und die Landflächen erwärmt hat.“ IPCC-Berichte gelten als Zusammenfassung des aktuellen Stands der Wissenschaft zu dem Thema. Auch Klimawissenschaftlerin Diána Ürge-Vorsatz, stellvertretende Vorsitzende des Weltklimarates, schrieb am 20. Januar 2024, dass „Kohlendioxid der Hauptverursacher des derzeitigen Klimawandels ist“. Kohlendioxid sei aufgrund menschlicher Aktivitäten zunehmend in der Atmosphäre vorhanden – gefolgt von Methan, erklärte die Expertin, die von AFP zu einer anderen Falschbehauptung zum Thema CO2 kontaktiert wurde.

Stefan Brönnimann vom Geographischen Institut der Universität Bern schrieb AFP dazu am 15. Februar 2024: „CO2 ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts der wichtigste Antrieb des Erdklimas.“ Auf AFP-Anfrage an das deutsche Umweltbundesamt antwortete Klimaforscher Jens Tambke am 19. Februar 2024, dass 33 Prozent des CO2 in der Atmosphäre menschengemacht seien. „Und es wären theoretisch sogar 50 Prozent, wenn die Ozeane und die Landflächen uns nicht (…) jedes Jahr etwa die Hälfte unserer Emissionen dankenswerterweise ‚abnehmen‘ würden.“

Höhe der CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit den letzten 400.000 Jahren – Eléonore HUGHES, Jean-Michel CORNU, Simon MALFATTO, Jonathan WALTER, Thorsten EBERDING / AFP

Deutschland ist für Klimawandel mitverantwortlich

Tambke führte weiter aus, dass aus aktuellen Zahlen des Umweltbundesamtes hervorgehe, dass Deutschland im Jahr 2022 einen Anteil von etwa 1,8 Prozent an den weltweiten CO2-Emissionen aus fossilen Energiequellen und Industrieprozessen hatte. „Der deutsche Anteil an der Weltbevölkerung beträgt jedoch nur circa 1,05 Prozent.“ Deutschlands Emissionen haben demnach Einfluss auf das Klima.

Die genauen Emissionen aller Länder zu berechnen ist grundsätzlich kompliziert. Verschiedene Schätzungen unterliegen daher einer gewissen Schwankungsbreite. Die EU-Datenbank EDGAR, die Treibhausgase schätzt, gibt den Anteil Deutschlands mit 1,46 Prozent der weltweiten Emissionen im Jahr 2022 an. Pro Kopf sind es mit 9,49 Prozent deutlich mehr.

Das Deutsche Klima Konsortium führte online an: „Im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl emittiert Deutschland deutlich zu viel Kohlendioxid.“ Betrachtet man den Ausstoß in Deutschland pro Kopf, gehört Deutschland zu den größten Klimasündern der Welt. Im Schnitt verursachen Deutsche weit mehr CO2-Emissionen als der Rest der Weltbevölkerung.

Douglas Maraun wies darauf hin, dass es vor Beginn der Industrialisierung etwa 2800, mittlerweile über 4200 Moleküle pro zehn Millionen in der Atmosphäre gäbe. Dass nur „drei Gas-Moleküle von zehn Millionen Gas-Molekülen“ CO2 aus Deutschland seien, bezeichnete der Fachmann als „falsch“. Denn: „Insgesamt hat die Menschheit seit 1850 circa 2500 Gigatonnen CO2 emittiert, davon Deutschland circa 93 Gigatonnen.“ Und weiter: „Wichtig ist, dass der Mensch die Konzentration von 2800 auf 4200 Moleküle erhöht hat, also um etwa 1400.“ Der relative Anteil Deutschlands an dieser Erhöhung liege bei etwa 93 von 2500, also bei etwa 3,7 Prozent oder 52 Molekülen pro zehn Millionen.

CO2 treibt Erdklima in die Höhe

Das bestätigte auch Jan Esper, Professor für Klimageographie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er schrieb AFP am 15. Februar 2024: „Auch wenn es ein Spurengas ist, trägt CO2 ganz erheblich zur Erwärmung des Erdklimas bei. Das ist unumstritten.“ Im Clip heißt es nämlich fälschlich, dass CO2 nur wenig zum Erdklima beitrage. Dies würden „die CO2-Aufzeichnungen der Geologen über die hunderttausende Jahre auch bestätigen“, wird behauptet.

Douglas Maraun erklärte, dass die Klimaänderungen der letzten 100.000 Jahre, im Wesentlichen der Wechsel zwischen Kalt- und Warmzeiten, durch Änderungen der Erdbahn und Erdneigung erzeugt wurden, welche die Verteilung der Sonneneinstrahlung über das Jahr geändert haben. „Da war CO2 in der Tat kein Treiber, sondern hat die astronomischen Änderungen nur verstärkt.“ Der aktuelle Klimawandel sei jedoch „im Wesentlichen“ durch CO2 verursacht: „Die Sonneneinstrahlung schwankt zwar ein wenig über die Jahrzehnte, ist im Mittel seit dem Ende der kleinen Eiszeit konstant geblieben und hat in den letzten Jahrzehnten sogar eher abgenommen.“

Hauke Schmidt erläuterte zu den Abfolgen von Warm- und Kaltzeiten der letzten 100.000 Jahre ebenfalls: „Die CO2-Konzentration der Atmosphäre variierte während dieser Zeit ungefähr zwischen 190 und 280 ppm, also weit unterhalb dessen, was wir aktuell beobachten.“ Für einige der Übergänge von Kalt- zu Warmzeit oder umgekehrt sehe es zudem so aus, dass die Temperatur sich erst verändere und dann das CO2 nachziehe. „Dieses wird seit längerer Zeit von Klimawandelleugnern als vermeintlicher Beweis dafür angeführt, dass der aktuelle Klimawandel nicht durch CO2 verursacht wird“, so der Fachmann.

Fazit: In sozialen Medien wird derzeit der CO2-Gehalt in der Atmosphäre als unbedeutend dargestellt. Das ist irreführend. Trotz des vergleichsweise geringen Anteils von etwa 0,04 Prozent spielt dieses Treibhausgas eine entscheidende Rolle bei der Erderwärmung, wie von Fachleuten gegenüber AFP erklärt wurde. Untersuchungen belegen einen signifikanten Anstieg von Kohlendioxid aufgrund menschlicher Aktivitäten und den daraus resultierenden Klimawandel. Darüber hinaus leistet auch Deutschland durch seine Emissionen einen Beitrag zur globalen Erwärmung. 

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Klimawandel, Wissenschaft, Umwelt

Autor(en): Katharina ZWINS / AFP Österreich

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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