Während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) ermordeten die deutschen Nationalsozialisten und Nationalsozialisten Millionen von Menschen, die Mehrheit von ihnen Jüdinnen und Juden, in Gaskammern. Die größte Anlage war Auschwitz-Birkenau in Polen. Der englische Bischof Richard Williamson behauptete jedoch in einem Interview, dass es keine Gaskammern gegeben habe und dass „keine Juden gestorben“ seien. Einige der historischen Gebäude sind heute noch erhalten und können besichtigt werden, außerdem existieren Aufzeichnungen über die Vergasungsaktionen.
„Nicht ein Jude starb in den Gaskammern“, heißt es in einem spanischsprachigen Twitter-Beitrag, der den Videoausschnitt auf Englisch mit den Behauptungen des Bischofs teilt. Das Video wurde auch auf Facebook und Telegram geteilt. Auch englischsprachige Beiträge verbreiteten die Aufnahme in sozialen Netzwerken.
In dem Videoausschnitt argumentiert ein Mann in kirchlichen Gewändern auf der Grundlage angeblicher „Beweise“, dass es in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten aufgrund einer Reihe angeblicher Ungereimtheiten keine Gaskammern gegeben haben könne.
In dem rund sechsminütigen Interview behauptet Williamson, dass die Türen der Kammern nicht hermetisch abgeschlossen gewesen wären, dass die Schornsteine nicht groß genug gewesen wären, um die Kammern auszulüften, und dass ein Pestizid namens Zyklon B nicht habe verwendet werden können, weil an der Kleidung der Leichen Rückstände gewesen wären, die jeden getötet hätten, der die Leichen berührte.
Das Interview mit Richard Williamson wurde 2009 in der schwedischen Sendung „Uppdrag Granskning“ ausgestrahlt. Williamsons Behauptungen brachten ihm eine Geldstrafe von 10.000 Euro ein, die die deutsche Justiz wegen Leugnung des jüdischen Holocausts verhängte.
Der englische Geistliche der katholischen Kirche wurde 1988 vom damaligen Papst Johannes Paul II. aus der Kirche ausgeschlossen, weil er unrechtmäßig zum Bischof geweiht worden war. Das Urteil wurde später vom mittlerweile verstorbenen Papst Benedikt XVI. aufgehoben.
Während des Zweiten Weltkriegs baute das NS-Regime sehr wohl Gaskammern in verschiedenen Konzentrationslagern (KZ) in Europa zum Zweck der Massenvernichtung der Gefangenen. Auschwitz war das größte Lager und verfügte über vier Gaskammern.
Laut der Enzyklopädie des Holocaust wurden während des Betriebs von 1940 bis 1945 1,1 Millionen Menschen hingerichtet.
Die Türen mussten hermetisch abgeschlossen sein
In einem seiner Argumente weist Williamson darauf hin, dass die Türen der Gaskammern hermetisch verriegelt gewesen sein müssen, weil das Gas sonst hätte entweichen können.
Bruno Garbari, verantwortlich für den Inhalt des Holocaust-Museums in Buenos Aires, erklärte gegenüber AFP am 23. Mai, dass die im Video erwähnten Gaskammern gesprengt worden seien und daher auf dieser Grundlage nicht behauptet werden könne, dass die „Türen nicht hermetisch abschließen“, da von den Kammern nur die Fundamente und nicht die Strukturen der Originaltüren erhalten geblieben seien.
Die Website Holocaust Denial on Trial (HDOT), ein Projekt der Emory-Universität und des Emory-Instituts für Jüdische Studien in Georgia in den Vereinigten Staaten, bestätigt, dass das Argument, die Türen seien nicht versiegelt gewesen, nicht stichhaltig ist. Nach Angaben der Website wurden im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau Fotos gefunden, die direkt nach dem Krieg aufgenommen wurden und die Türen, Fenster und entsprechende Abdichtungen zeigten, die gasfest sind.
Karl Bischoff war Ingenieur und Leiter der SS-Zentralbauleitung im KZ Auschwitz-Birkenau. In einem Brief von Bischoff heißt es, dass er „drei gasdichte Türen“ für die Gaskammern und das Krematorium III forderte. Der Brief kommt im Van-Pelt-Bericht vor, einer Studie des Historikers Robert Jan van Pelt aus dem Jahr 2000.
Bischoff forderte, dass diese Türen „genau die Größe und Struktur der bereits gelieferten Türen“ für die Gaskammer und eines der Krematorien einhielten. Er wies auch darauf hin, dass die Türen ein acht Millimeter großes Doppelglas-Sichtloch haben sollten und dass das Loch „eine Gummidichtung und eine Metallhalterung“ haben müsse, damit es hermetisch funktioniere.
Keine hohen Schornsteine zu sehen
Im Video behauptet Williamson, dass die Kammern über derart hohe Schornsteine hätten verfügen müssen, durch die das Gas entweicht, dass der Schatten der Schornsteine von einem Flugzeug aus hätte gesehen werden können. Dem Bischof zufolge seien auf den Luftaufnahmen der Alliierten keine Schatten zu sehen gewesen.
Garbari widersprach diesem Punkt und erklärte, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem von einem Schornstein erzeugten Schatten und der Effizienz des Belüftungssystems der Gaskammern gebe. „Sie verfügten über ein Ein- und Auslasssystem der Luft, um über einen Schornstein Belüftung zu erzeugen“, sagte er gegenüber AFP. Im Gegensatz zu Williamsons Behauptungen seien auf den Dächern der Krematorien und auf den Bauplänen des Vernichtungslagers Schornsteine unterschiedlicher Größe zu sehen.
Das Gas Zyklon B
Ein weiteres Argument, das Williamson in dem Video anführt, ist, dass „das Töten nicht so schnell hätte durchgeführt werden können“, weil Zyklon B sehr giftig sei und „nachdem es eingesetzt wurde, die Leute, die die Leichen abtransportierten, mit Resten von Zyklon B auf der Kleidung der Ermordeten in Berührung gekommen sein könnten und aufgrund der Giftigkeit hätten sterben müssen“.
Garbari erklärte, dass „sich die Opfer in den Gaskammern von Auschwitz, in denen sie an der Wirkung von Zyklon B starben, zunächst im Umkleideraum entkleiden mussten und dann nackt in die Gaskammern gingen“, so dass es keine „Rückstände von Zyklon B in der Kleidung“ gegeben haben könne, da die Opfer nicht bekleidet waren.
„Nachdem das Gas eingeleitet worden war“, so Garbari weiter, sei nach etwa 20 Minuten durch ein Guckloch in der Tür überprüft worden, ob alle tot waren. Der Historiker sagte, dass das kleine Fenster von innen mit Eisenstangen geschützt war, um zu verhindern, dass die Opfer versuchten, das Glas zu zerschlagen. „Danach wurde die Belüftung in Gang gesetzt, die die Luft einsaugte und etwa 20 Minuten andauerte“, sagte Garbari abschließend.
Fazit: Das verbreitete Video enthält falsche Behauptungen. In den Konzentrationslagern der NS-Diktatur wie Auschwitz-Birkenau sind Jüdinnen und Juden in Gaskammern ermordet worden. Das belegen historische Aufzeichnungen sowie Gebäudestrukturen, die heute noch erhalten sind.