Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht erntete zuletzt parteiübergreifend viel Kritik für ihre Russland-Politik. Nutzerinnen und Nutzer auf Twitter glauben sogar, dass eine Mitarbeiterin Wagenknechts bei Putins Rede zur Lage der Nation im Publikum saß. Das Büro der Politikerin dementierte allerdings, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter dort gewesen sei. Auf dem Bild ist die russische Politikerin Rima Batalova zu sehen, die selbst ebenfalls ähnliche Fotos der Veranstaltung teilte. Der Autor der Behauptung bezeichnete sie später als Satire.
Auf Twitter sahen Hunderte die Behauptung.
Die Behauptung: Auf einem Foto ist das Publikum der Rede zur Lage der Nation von Russlands Präsident Wladimir zu sehen. Eine blonde Frau mit pinkem Anzug ist dabei hervorgehoben. Sie soll angeblich eine „russischstämmige Mitarbeiterin von Wagenknecht“ sein.
Drei Tage vor dem Jahrestag von Moskaus Offensive in der Ukraine hielt der russische Präsident Wladimir Putin am 21. Februar 2023 eine Rede zur Lage der Nation. Er sprach vor der Föderationsversammlung, die beide Kammern des Parlaments umfasst. Der russische Staatschef hält traditionell jedes Jahr eine Rede zur Lage der Nation vor den russischen Abgeordneten, in der er eine Bilanz des vergangenen Jahres zieht und neue strategische Orientierungen festlegt. In seiner diesjährigen Rede kündigte Putin Russlands Aussetzen aus dem Atomwaffen-Kontrollvertrags New Start an.
Hinweis auf Satire
Journalisten machten in der Kommentarspalte des Tweets darauf aufmerksam, dass es sich bei der Frau im geteilten Bild um Rima Batalova handle. Batalova ist Abgeordnete der Duma und Politikerin für Einiges Russland, der Partei des Präsidenten Wladimir Putin.
Der Tweetautor entgegnete wiederholt, dass es sein Beitrag „als Satire gedacht“ gewesen sei. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer interpretierten den Tweet allerdings als echte Nachricht (hier, hier, hier).
Strenge Einlasskriterien
Das Layout der Einblendungen im geteilten Bild legen nahe, dass es sich dabei um einen Screenshot aus der Berichterstattung des Fernsehsenders Phoenix handelt. Phoenix übertrug die Rede am 21. Februar, die Frau im pinken Anzug kommt darin bei Minute 13:26 vor.
Die bessere Bildqualität in den Aufnahmen von Phoenix lassen einen Vergleich mit anderen Aufnahmen Batalovas zu. Rima Batalova hat in anderen Aufnahmen (hier, hier) beispielsweise ein Muttermal auf ihrer linken Wange, das auch die Frau im geteilten Bild hat.
Die Rechercheplattform „Correctiv“ wies in einem Faktencheck zum Thema außerdem auf Batalovas Telegramkanal hin, wo sie selbst am 21. Februar Fotos von sich bei der Rede veröffentlichte. Darunter ist auch ein Bild, das dem geteilten Foto stark ähnelt.
Auf Telegram veröffentlichte Batalova außerdem sowohl vor als auch nach der Putin-Rede Fotos von sich bei Auftritten mit ähnlichem Outfit. Bei mehreren Gelegenheiten trägt sie den markanten pinken Anzug mitsamt einem Russland-Anstecker am Blazer. Auch die Sonnenbrille von Yves Saint Laurent, die Batalova bei der Rede trägt, scheint sie schon davor genutzt zu haben.
Eine Journalistin des AFP-Büros in Moskau erklärte die strengen Regeln, die entscheiden, wer im Publikum der Putin-Rede sitzen durfte. An der Ansprache nahmen die Mitglieder der Staatsduma und des Föderationsrates, außerdem russische Minister, Manager großer russischer Unternehmen sowie religiöse und kulturelle Würdenträger aus Russland teil. Eine Teilnahme einer Mitarbeiterin einer deutschen Politikerin hielt sie angesichts erhöhter Sicherheitsvorkehrungen für unwahrscheinlich.
Wagenknechts Büro dementiert Teilnahme
Auch die Büroleiterin von Sahra Wagenknecht wies die Teilnahme zurück. Caroline Heptner schrieb am 28. Februar 2023 an AFP: „Es handelt sich nicht um eine Mitarbeiterin von Frau Wagenknecht.“ Die Frau auf dem geteilten Bild habe man noch nie gesehen. „Auch war weder Frau Wagenknecht noch eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter von ihr auf der besagten Veranstaltung vor Ort.“
Sahra Wagenknecht warb bei einer Demo am 25. Februar für die Aufnahme von Friedensverhandlungen mit Russland und den Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine. Diese umstrittene Forderung hatte sie zuvor in einem „Manifest für den Frieden“ vorangetrieben. Die Spitze der Linkspartei distanzierte sich von der Veranstaltung, sie sei nicht mit der Partei abgesprochen gewesen, sagte die Vorsitzende Janine Wissler. Die Forderung erntete parteiübergreifend Kritik.
Der Tweet spielt auf die umstrittene Position Wagenknechts an. Im Herbst 2022 hatte außerdem ein von Wagenknecht veröffentlichter Screenshot für Spekulationen gesorgt. Darin waren die Datumseinstellungen auf Russisch zu sehen. Wagenknecht hatte damals erklärt, dass eine russischstämmige Mitarbeiterin in Deutschland sie beim Videoschnitt unterstütze.
Fazit: Ein geteiltes Foto des Publikums der Putin-Rede vom 21. Februar 2023 zeigt keine Wagenknecht-Mitarbeiterin, sondern eine russische Politikerin. Die Politikerin veröffentlichte selbst ähnliche Fotos von sich, die sie dort zeigen. Wagenknechts Büro wies die Behauptung zurück. Der Autor der Behauptung bezeichnete seinen Beitrag als Satire.