Bewertung
Nein. Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) befasste sich 2019 mit der mangelnden Unabhängigkeit der deutschen Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Erstellung Europäischer Haftbefehle. Von fehlender Rechtsstaatlichkeit ist nirgends die Rede.
Fakten
In dem vielfach in den sozialen Netzwerken geteilten Beitrag von Storchs wird auf drei Aktenzeichen verwiesen, nämlich C-508/18, C-82/19 und C-509/18. Eine Internetsuche nach diesen Angaben führt zu zwei öffentlich einsehbaren Urteilen des EuGH aus dem Mai 2019.
In einer Pressemitteilung (Download) wurden die Entscheidungen zusammenfassend erläuert. So hatten zwei litauische und ein rumänischer Staatsangehöriger gegen die Vollstreckung Europäischer Haftbefehle geklagt. Diese waren von deutschen Staatsanwaltschaften in Lübeck und Zwickau sowie von der Generalstaatsanwaltschaft in Litauen ausgestellt worden.
Dazu seien diese aber gar nicht berechtigt gewesen, brachten die drei Betroffenen vor. Denn es handele sich nicht um Justizbehörden und nur diesen stehe das laut «Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl» zu. Außerdem seien deutsche Staatsanwaltschaften nicht unabhängig von der Exekutive, da sie dem Justizministerium unterstünden und so die Gefahr politischer Einflussnahme bestehe.
Der EuGH entschied, dass deutsche Staatsanwaltschaften in der Tat keine «ausstellende Justizbehörde» im Sinne des Rahmenbeschlusses seien. Denn hierzulande sind Staatsanwälte weisungsgebunden, sie unterstehen als Beamte ihrem Dienstherrn, also den Justizministerien von Bund oder Ländern. Anders als Richter sind sie demnach nicht unabhängig. Im Falle der Generalstaatsanwaltschaft in Litauen jedoch sei diese Unabhängigkeit gegeben und diese somit befugt, einen Europäischen Haftbefehl auszustellen.
Rechtsstaatlichkeit steht nicht infrage
Die mangelnde Unabhängigkeit der deutschen Staatsanwaltschaften steht seit längerem immer wieder in der Kritik von Experten. So hatte sich etwa auch der Deutsche Richterbund (DRB) mehrfach dazu geäußert, die Weisungsbefugnis der Justizminister zu reformieren. Um die Rechtsstaatlichkeit Deutschlands ging es allerdings in keinem der beiden Verfahren vor dem EuGH.
Und auch Frau von Storch scheint den Rechtsstaat nicht wirklich anzuzweifeln. Anders als noch am Vormittag in ihrem X-Beitrag zum Urteil des Oberverwaltungsgerichts formuliert, sagte sie am selben Abend in einer «Hart aber fair»-Sendung der ARD (ab Minute 02:43): «Diese Gerichtsentscheidung werden wir angehen, wir haben einen Rechtsstaat, in dem man den Rechtsweg beschreiten kann.»
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Oberverwaltungsgericht hatte zwar keine Revision zugelassen, die AfD plant jedoch laut von Storch, eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen. Diese ist notwendig, bevor die Partei am Ende Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BverfG) einlegen kann.
(Stand: 23.5.2024)