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Falschinformationen zu weltweiter Korallenbleiche

Im australischen Great Barrier Reef wurde in den dortigen Sommermonaten Dezember bis Februar 2023/2024 die bisher größte Korallenbleiche aller Zeiten verzeichnet. Klimaleugnerinnen und -leugner verneinen die Rolle des Menschen in der Klimakrise und verweigern sich dadurch wissenschaftlicher Erkenntnis. Die globale Erwärmung verursacht wärmere Ozeane und dadurch entsteht für Korallenriffe ein enormer Hitzestress – die Hauptursache für die wiederholte, intensive Korallenbleiche der letzten Jahrzehnte.

 „Die Korallenbleiche ist ein natürliches Phänomen, das es schon seit Ewigkeiten gibt. Dass die Klimaidioten jetzt glauben, es sei beispiellos oder katastrophal ~ nur weil wir es jetzt gerade in Echtzeit erleben ~ zeigt nur, wie wahnhaft und engstirnig sie sind“, heißt es in einem Beitrag vom 16. April 2024 auf X.

Ähnliche Behauptungen lassen sich auch hier lesen, wo behauptet wird, Menschen würden „das Wetter als Waffe missbrauchen, um die Korallenbleiche auf unehrliche Weise einem Klimawandel zuzuschreiben“.

Und in einem Beitrag vom 14. April 2024 wird folgendes behauptet: „Seit der massiven Korallenbleiche während des El Niño 1998 schrecken die Klimawandel-Panikmacher nicht davor zurück, sich ausgebleichte Riffe als Beweis für eine Klimakrise herauszupicken.“

X-Screenshot der Behauptung: 19. April 2024
X-Screenshot X der Behauptung: 18. April 2024

Korallenbleiche findet statt, wenn die Wassertemperatur steigt und die Korallen deswegen mikroskopisch kleine Algen – sogenannte Zooxanthellen – ausstoßen, um zu überleben. Im australischen Great Barrier Reef fand 2023/2024 die größte Massenbleiche seit Beginn der Aufzeichnungen statt.

Erklärung der Korallenbleiche – STAFF / John SAEKI / AFP

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich einig, dass es schlichtweg falsch sei, wenn in Posts davon gesprochen wird, dass es keinen Zusammenhang zwischen der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung und der Schädigung der Riffe gebe.

„Die Behauptung, dass Korallenbleiche durch natürliche Ursachen bedingt sei, ist schlichtweg unbegründet – und bei dem rasanten Fortschreiten der Klimakrise ist sie dazu auch noch lächerlich und offen gesagt, gefährlich,“ so die Meeresökologin Julia Baum von der University of Victoria am 17. April 2024 gegenüber AFP. „Es stimmt zwar, dass ein einzelner Korallenstock ausbleichen kann, wenn er ungünstigen (Wetter-)Bedingungen ausgesetzt ist, aber die weit verbreitete Korallenbleiche, die wir jetzt beobachten – in Korallenriffen auf der ganzen Welt – wird direkt durch den vom Menschen gemachten Klimawandel verursacht“, fügte sie hinzu.

Das Great Barrier Reef, das oft als das größte von Lebewesen geschaffene Gebilde der Welt bezeichnet wird, ist 2300 Kilometer lang und bildet einen einzigartig vielfältigen Lebensraum – unter anderem für mehr als 600 Korallen- und 1625 Fischarten.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachteten, dass extreme Korallenbleiche – also wenn mehr als 90 Prozent der Korallen eines Riffs ihre Färbung verlieren und ausbleichen – bereits in allen drei Regionen des Great Barrier Reefs auftrat. Die Wissenschaft ist sich einig, dass dieses Phänomen auf die dramatisch hohe Entwicklung der Ozeantemperaturen zurückzuführen sei. Steigende Konzentrationen von Treibhausgasen heizen die Ozeane auf und wärmere Meere wirken sich wiederum stark auf die Gesundheit der Riffe aus – was sie zu einem durch die Klimakrise am meisten gefährdeten Ökosystem macht.

Auswirkungen des El Niño-Effekts

El Niño ist ein natürliches Wetterphänomen, das wiederkehrend im Abstand von etwa zwei bis sieben Jahren auftritt und dazu führt, dass die Meeresoberfläche des Pazifischen Ozeans erwärmt wird – was wiederum weltweit zu wärmerem Wetter führt. Der aktuell auftretende El Niño-Effekt fand nach Angaben der US National Oceanic and Atmospheric Administration im Juni 2023 statt und schwächte am 11. April 2024 ab.

Die jüngsten Massenbleiche ist nicht allein auf El Niño zurückzuführen, so Sara Cannon, Postdoktorandin am Institute for Oceans and Fisheries an der University of British Columbia in Kanada.“Die Meeresoberflächentemperaturen sind aufgrund des vom Menschen verursachten Klimawandels stark gestiegen und El Niño verstärkt diese bereits hohen Temperaturen noch zusätzlich, was dazu führt, dass die Riffe insgesamt einem größeren Hitzestress ausgesetzt sind“, sagte sie am 17. April 2024 gegenüber AFP.

Terry Hughes, Direktor des Australian Research Council (ARC) Centre of Excellence for Coral Reef Studies, betonte, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch unter anderen Wetterbedingungen eine Erwärmung beobachten.“Im Jahr 2022 haben wir zum ersten Mal während der La-Niña-Phase der ENSO-Zyklen eine massive Korallenbleiche am Great Barrier Reef beobachtet – wir brauchen also kein El-Niño-Ereignis mehr, um eine Massenbleiche auszulösen“, sagte er am 17. April 2024 gegenüber AFP.

 

Korallenbleiche in Australiens Great Barrier Reef: Karte mit Wassertemperaturen – Nicholas SHEARMAN / Anne CHROMIK / NOAA

 

Sarah Davies, Assistenzprofessorin für das Marine Population Genomics Lab an der Boston University, stimmte zu, dass die Korallenbleiche, die sich weltweit ereignet, beispiellos ist.“Die Verwüstungen, die beispielsweise in der Karibik, in Brasilien und jetzt auch im Great Barrier Reef in Australien angerichtet wurden, werden wahrscheinlich als der verheerendste Schaden für Korallenriffe in die Geschichte eingehen“, sagte sie am 18. April 2024 gegenüber AFP.

Fragile Erholung, vielfältige Bedrohungen

Die Korallenbleiche tötet nicht automatisch die Korallen, erklärte Sarah Bedolfe, Meereswissenschaftlerin bei der gemeinnützigen Organisation Oceana. „Wenn die Korallen ansonsten gesund sind und die Temperaturen sich wieder normalisieren, können sich die Korallen manchmal erholen“, sagte sie am 18. April 2024 gegenüber AFP. Doch wiederholtes Ausbleichen, zusätzlich zu anderen erschwerenden Faktoren wie etwa Überfischung und Meeresverschmutzung, wird zu einem Massensterben von Korallen auf der ganzen Welt führen, fügte sie hinzu.

In einem Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2020 wurde festgestellt, dass zwischen 2009 und 2018 weltweit etwa 14 Prozent der Korallen gestorben sind, da die Zeitspanne zwischen den einzelnen Massenbleiche-Ereignissen nicht ausreichte, damit sich die Riffe erholen konnten.

Hughes vom ARC sagte: „Hunderte von Millionen Korallen sind in diesem Sommer bereits an Hitzestress gestorben“ und die Riffe könnten sich nicht erholen, da der Abstand zwischen der wiederkehrenden Massenbleiche und dem Sterben der Korallen immer kleiner wird. „Zwischen 2002 und 2016 gab es im Great Barrier Reef noch einen Zeitabstand von 14 Jahren – verglichen mit fünf Ereignissen in weniger als einem Jahrzehnt (2016, 2017, 2020, 2022 und jetzt – 2024),“ fügte er hinzu.

Die Meeresbiologin Anne Hoggett, die seit 33 Jahren auf Lizard Island im Nordosten Australiens lebt und arbeitet, sagte, dass die Korallenbleiche bei ihrer erstmaligen Ankunft nur etwa alle zehn Jahre auftrat. Jetzt komme sie jedes Jahr vor, sagte sie gegenüber AFP. Außerdem seien etwa 80 Prozent der gefährdeten Acropora-Korallen auf dem Inselriff in diesem Sommer von der Bleiche betroffen.“Wir wissen noch nicht, ob sie bereits zu viel Schaden erlitten haben, um sich zu erholen oder nicht“, so Hoggett.

Andrew LEESON, Laura CHUNG / AFPTV

AFP hat bereits andere Behauptungen über das Great Barrier Reef und die Auswirkungen von El Niño auf die Ökosysteme überprüft und widerlegt. Faktenchecks zum Thema Klima sammelt AFP hier.

Fazit: Die Rolle des Menschen in der Klimakrise ist wissenschaftlich unumstritten. Höhere Temperaturen führen dazu, dass alle Lebewesen – also auch Korallen – unter Hitzestress leiden. Bei Korallen führt Hitzestress zum Ausbleichen und dadurch oft zum Sterben dieser einzigartigen Nesseltiere.

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Klimawandel, Wissenschaft, Umwelt

Autor(en): Manon JACOB / Lisa-Marie ROZSA / AFP USA

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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