Im Oktober mehr als doppelt so viele Falschmeldungen zum Krieg im Nahen Osten wie im September

Der Anteil an den in EU-Sprachen verbreiteten und von den EDMO-Faktenchecker:innen überprüften Desinformationen zum Krieg im Nahen Osten hat sich im Oktober mehr als verdoppelt: Er stieg von 5 auf 13 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt das Oktober-Briefing des EDMO-Netzwerks, zu dem 33 Factchecking-Organisationen aus Europa beigetragen haben.

Der sprunghafte Anstieg an Desinformationen zum Nahostkonflikt spiegelt die verstärkte öffentliche und mediale Aufmerksamkeit wider. Der Jahrestag des Terroranschlags der Hamas auf Israel am 7. Oktober sowie die Tötung des Hamas-Führers und eines hochrangigen Hisbollah-Vertreters durch Israel boten eine Grundlage für die Verbreitung falscher Informationen.

Einige Falschmeldungen schürten Ängste vor einer Eskalation des Konflikts mit angeblichen direkten Auswirkungen auf EU-Länder, wie etwa einer militärischen Mobilmachung oder der Umsiedlung israelischer Staatsbürger in die EU. Andere irreführende Berichte übertrieben militärische Aktionen oder die Unterstützung für eine der Konfliktparteien.

Nach dem Tod des Hamas-Chefs Yahya Sinwar wurden sowohl von israelischer als auch von Hamas-Seite propagandistische Inhalte verbreitet. Es wurde fälschlicherweise behauptet, dass die UN-Hilfsorganisation UNRWA, die in Gaza aktiv ist, dessen Tod betrauert habe. Ebenso wurde verbreitet, dass er und seine Familie sich durch den Krieg bereichert hätten.

Darüber hinaus befassten sich von den 1.812 im Oktober veröffentlichten Faktenchecks 196 (11%) mit dem Klimawandel, 155 (9%) mit dem US-Wahlkampf, 102 mit Immigration, 101 (6%) mit der Ukraine, 78 (4 %) mit der EU, 77 (4%) mit COVID-19 und 29 (2%) mit LGBTQ+ und Genderthemen.

Falschmeldungen zu Klimakatastrophen

Der Anteil an Falschinformationen zum Klimawandel nahm ebenfalls deutlich zu, von 7 auf 11 Prozent innerhalb eines Monats. Dabei wurden Klimakatastrophen in Europa sowie in den USA instrumentalisiert. Neben den weiterhin verbreiteten Falschbehauptungen, die den Klimawandel leugnen, den menschlichen Einfluss darauf abstreiten oder die Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen infrage stellen, konzentrierte sich die Desinformation im Oktober auf spezifische Ereignisse: insbesondere auf die Hurrikane in den USA und die verheerenden Überschwemmungen in Spanien.

Zu Beginn des Monats wurden die USA von zwei zerstörerischen Hurrikanen – Helene und Milton – heimgesucht. In Europa verbreiteten sich aus dem Zusammenhang gerissene Fotos und Videos sowie KI-generierte Inhalte, die dazu genutzt wurden, die Auswirkungen der Hurrikane zu übertreiben und die Aufmerksamkeit der Nutzer sozialer Netzwerke zu erregen. Darüber hinaus kursierten Verschwörungstheorien, die behaupteten, die Hurrikane seien absichtlich durch angebliches Geo-Engineering verursacht worden. Gleichzeitig verbreiteten sich im Zusammenhang mit dem laufenden US-Präsidentschaftswahlkampf Falschmeldungen, die von republikanischer Propaganda angestoßen wurden. Diese stellten Trumps Beitrag zur Krisenbewältigung übertrieben positiv dar und suggerierten, die Demokraten würden Hilfen für die betroffenen Gebiete verlangsamen oder blockieren.

Die verheerenden Überschwemmungen, die Ende Oktober Südspanien trafen und als „Jahrhunderthochwasser Spaniens“ bezeichnet wurden, lösten ebenfalls zahlreiche Falschinformationen aus. Dazu zählten Behauptungen, die Panik förderten, und falsche Warnungen.  Es wurde etwa fälschlicherweise behauptet, der Sturm sei absichtlich durch Wettermanipulationstechniken ausgelöst worden, oder dass die Überschwemmungen das Ergebnis der gezielten Zerstörung von Dämmen durch die Regierung seien – ein weiteres wiederverwendetes Narrativ aus früheren Katastrophen.

Desinformation über den US-Wahlkampf

Im Oktober drehte sich die Desinformation zur US-Wahlkampagne vor allem um die Infragestellung der Fairness des Wahlprozesses. Dabei wurden unbegründete Vorwürfe über angebliche Wahlbetrüge verbreitet.

So wurde etwa behauptet, dass Stimmzettel für Trump vernichtet oder dass Immigranten ohne gültige Papiere zur Wahl zugelassen würden. Gleichzeitig hielten sich auch die falschen Narrative aus den Vormonaten, die darauf abzielten, die demokratischen Kandidaten in Verruf zu bringen. Elon Musk, Eigentümer von X, setzte sich offen für Trump ein und verbreitete aktiv Desinformation auf seiner Plattform.

Die am weitesten verbreiteten Falschbehauptungen im Oktober
  • Der Hurrikan Milton in den USA soll angeblich künstlich erzeugt worden sein.
  • Der ukrainische Präsident Selenskyj soll die Limousine von Adolf Hitler gekauft haben.
  • Ein Video des israelischen Premierministers Netanyahu, das ihn beim hektischen Laufen durch ein Gebäude zeigt, wurde mit der Falschbehauptung verbreitet, er renne während eines iranischen Raketenangriffs am 1. Oktober in einen Schutzbunker.
  • Der demokratische Vizepräsidentschaftskandidat Tim Waltz soll 1995 auf einem Konzert eine seiner ehemaligen Schülerinnen belästigt haben.
Falschinformationen mit nationalem Schwerpunkt

Spanien: Das Europäische Parlament habe sich geweigert, eine Gedenkminute für die Opfer der Überschwemmungen in Valencia abzuhalten.

Polen: In den vom Hochwasser im September betroffenen Regionen sollen Ukrainer mit Messern Personen angegriffen, Lebensmittel zerstört und Häuser sowie Geschäfte ausgeraubt haben.

Estland: In Frankreich sollen Menschen festgenommen worden sein, nur weil sie ihre Meinung zur Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele äußerten.

Deutschland: Deutschland soll 22 Milliarden Dollar in das Stromnetz Südafrikas investiert haben.

Methodik

Die in diesem Briefing enthaltenen Informationen wurden mittels eines Fragebogens erhoben, der an die Mitgliedsorganisationen des EDMO-Faktencheck-Netzwerks geschickt wurde. Bezugszeitraum: 1. bis 31. Oktober 2024. Anzahl der Befragten: 33. Hauptherausgeber dieses Dokuments: Tommaso Canetta und Enzo Panizio, Pagella Politica/Facta.

Organisationen, die zu diesem Briefing beigetragen haben: AFP, Correctiv, Delf, Demagog.cz, Demagog.pl, Demagog.sk, DPA, Eesti Päevaleht, EFE Verifca, Ellinika Hoaxes, Eurocomunicare, Fact Check Cyprus, Factcheck Vlaanderen, FactReview, Faktabaari, Greece Fact Check, Källkritikbyrån, Knack, InfoVeritas, Lakmusz, Les Surligneurs, Logically Facts, Maldita, Medizin transparent, Newtral, Oštro, PagellaPolitica/Facta, Polígrafo, Pravda, Re:Baltica, The Journal Fact-Check, TjekDet, VerifcaRTV.

Das ausführliche Briefing auf Englisch mit weiteren Informationen zu Falschinformationen in verschiedenen EU-Staaten finden Sie hier.

 

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