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Keine Belege für angebliche Solschenizyn-Aussage

Das angebliche Zitat des russischen Literaturnobelpreisträgers Alexander Solschenizyn kursiert als Sharepic in verschiedenen sozialen Netzwerken. Der Schriftsteller soll gesagt haben: «Wir wissen, sie lügen. Sie wissen, sie lügen. Sie wissen, dass wir wissen, sie lügen. Wir wissen, dass sie wissen, dass wir wissen, sie lügen. Und trotzdem lügen sie weiter.» Hat sich der Schriftsteller wirklich so geäußert?

Bewertung

Es gibt keine Belege, dass sich Alexander Solschenizyn so geäußert hat. Das Zitat stammt offenbar von der russischen Autorin Elena Gorokhova.

Fakten

Das angebliche Zitat kursiert schon seit mehreren Jahren und wurde im Zusammenhang mit Kritik an den Corona-Maßnahmen oder mit dem Hashtag #Nawalny verbreitet. Im Prozess zum Abschuss des Passagierflug MH17 über der Ostukraine wurde das Zitat von der Angehörigen eines Opfers verwendet.

Google-Suchen mit dem vollständigen Spruch oder Bestandteilen davon und dem Namen «Solschenizyn» führen zwar zu Varianten des Zitats in verschiedenen sozialen Netzwerken. Aus welchem Buch oder Kontext es stammen soll, ist jedoch an keiner Stelle angegeben.

Eine Suche in den Werken Solschenizyns liefert keine Ergebnisse. Stattdessen lässt sich das Zitat in einer ähnlichen Form in einem anderen russischen Buch finden. Die Autorin Elena Gorokhova erzählt in ihrem autobiografischen Roman «Goodbye Leningrad» vom Leben in der sowjetischen Diktatur.

Auf Seite 181 fällt das Zitat nahezu wortgleich: «Die Regeln sind ganz einfach: Sie belügen uns, wir wissen, dass sie lügen, sie wissen, dass wir wissen, dass sie lügen, aber trotzdem lügen sie weiter, und wir tun weiter so, als würden wir ihnen glauben.» Die Autorin bestätigt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass das Zitat von ihr stamme.

Auch Elisa Kriza, die an der Universität Bamberg zu slawischer Literaturwissenschaft forscht, hält es unwahrscheinlich, dass sich Solschenizyn so geäußert hat. Der dpa erklärt sie, dass die Aussage sich «stark von dem Ton seiner Texte» unterscheide. Kriza beschäftigt sich in ihrer Forschung intensiv mit dem Werk Solschenizyn und hat dazu mehrere Publikationen veröffentlicht.

Solschenizyn äußerte sich in seinen Büchern immer wieder kritisch über staatliche Autoritäten. Für seine Erzählungen über den Alltag im stalinistischen Lagersystem erhielt er den Literaturnobelpreis.

(Stand: 12.10.2022)

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Gesellschaft

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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