Bewertung
Während des Spiels stimmten rumänische Fans auf den Tribünen tatsächlich mehrfach Lieder an. Allerdings waren die vermeintlichen «Putin»-Rufe aus dem Video nicht zu hören. Die Tonspur des Videos wurde nachträglich verändert.
Fakten
Am Montag, dem 17. Juni, trafen Rumänien und die Ukraine in der Allianz Arena in München im ersten Spiel der Gruppe E der Fußball-Europameisterschaft 2024 aufeinander. Die Rumänen gewannen das Duell 3:0 – und die Fans im Stadion jubelten ihrer Mannschaft zu.
Eine Audioanalyse durch das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie (IDMT) im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zeigt jedoch, dass die Tonspur des fraglichen Videos mit hoher Wahrscheinlichkeit manipuliert ist. Wesentlicher Indikator für eine Fälschung sei die Wiederholung des «Putin»-Abschnitts ab Sekunde 1,6, teilte die Experten-Gruppe mit.
Vergleicht man die Tonspuren mit einer Software, sieht man, dass sich die Rufe annähernd gleichen, was in der Natur so gut wie nie vorkommt. Daneben gebe es laut IDMT Hinweise auf die Verwendung von Material aus unterschiedlichen Quellen.
Gleiches Video mit unterschiedlichen Tonspuren in Umlauf
Auf X vergleicht ein Internetnutzer das Video mit einer anderen Tonspur. Dort ist zu hören, dass die Zuschauer «Putin Chuilo» singen – und nicht nur den Namen des russischen Staatschefs. Der Ausdruck bedeutet auf Deutsch sowas wie «Putin ist ein Arschloch».
Der Sprechgesang entstand wahrscheinlich 2014 in der Ukraine als Protest gegen Wladimir Putin. Der Ausdruck verbreitete sich schnell in antirussischen Zirkeln und erhielt sogar einen Eintrag im Urban Dictionary.
Das ukrainische Zentrum für strategische Kommunikation und Bekämpfung von Desinformation Spravdi weist auf seinem Telegram-Kanal und seiner Facebook-Seite darauf hin, dass das Video mit den «Putin»-Rufen gefälscht sei. Das Zentrum behauptet, dass die Tonspur herausgeschnitten wurde und der Teil, der Wladimir Putin beleidigt, entfernt worden sei.
Ob es sich bei dem «Putin Chuilo»-Video um den Originalton handelt, konnte nicht bestätigt werden. Im Vergleich der beiden Tonspuren mit der Aufzeichnung des Spiels ließ sich kein Zeitabschnitt feststellen, in dem die «Putin»-Rufe oder die «Putin Chuilo»-Sänge zu hören sind. Auch der Polizei München ist «im Verlauf des Einsatzes kein entsprechendes Verhalten mitgeteilt worden», hieß es auf Anfrage.
Rumänien und der Ukrainekrieg
Doch wie steht Rumänien grundsätzlich zu Russland und zur Ukraine? Seit dem Angriff Russlands hat das EU-Land etwa 3,5 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen und größtenteils privat untergebracht.
Dem rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis zufolge ist es von größter Wichtigkeit, dass die EU die Ukraine weiterhin unterstützt. In seiner Rede vor dem Europäischen Parlament im Februar sagte er: «Wir müssen der Ukraine und ihrer Bevölkerung beistehen.»
Medienberichten zufolge sollen rumänische Fußballfans zu Beginn des EM-Spiels zudem laute «Ukraine»-Gesänge angestimmt und sich damit solidarisch mit der Ukraine gezeigt haben.
(Stand: 20.6.2024)