Paris dementiert Entsendung der Fremdenlegion - Featured image

Paris dementiert Entsendung der Fremdenlegion

Frankreich habe Soldaten zur Unterstützung in die Ukraine geschickt – diese Behauptung macht seit Anfang Mai in sozialen Netzwerken die Runde. Nutzer teilen dazu mehrere Blogartikel (hier und hier). Darin heißt es, die französische Regierung habe angeblich etwa 100 Soldaten der Fremdenlegion («Légion étrangère») in die Ukraine entsandt. Diese würden nun in Slowjansk im Osten des Landes «zur Unterstützung der 54. unabhängigen mechanisierten Brigade der Ukraine» eingesetzt. Den Artikeln zufolge plane Frankreich, insgesamt 1500 Soldaten zu verlegen. Stimmen diese Angaben?

Bewertung

Es lassen sich keine Belege für eine Entsendung von Soldaten der französischen Fremdenlegion in die Ukraine finden. Das französische Ministerium für Europa und auswärtige Angelegenheiten wies die Behauptung auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zurück.

Fakten

Die Blogartikel berufen sich als Quelle auf einen englischsprachigen Medienbericht oder verbreiten diesen einfach als Übersetzung: Am 4. Mai 2024 erschien auf der Webseite «Asia Times» ein Artikel über die vermeintliche Entsendung französischer Truppen auf ukrainischen Boden. Dabei handelt es sich wiederum um die Übernahme eines Eintrags, der zuvor auf dem Blog eines gewissen Stephen Bryen veröffentlicht wurde.

Stephen Bryen präsentiert sich auf seinem Blog als Experte für Sicherheitsstrategie und -technologie und gibt an, für verschiedene Medien zu arbeiten. So sei er für die «Epoch Times» tätig, einer Seite, die bereits mit der Verbreitung von Fehlinformationen aufgefallen ist. Nach seinem ursprünglichen Blogeintrag relativierte Bryen diesen und erklärte in einem Update vom 6. Mai, er «könnte falschliegen». Darin nennt er am Ende zudem seine verwendete Quelle.

Verlinkte Quellen liefern keine Belege – nur unbelegte Behauptungen

Der Autor verweist auf einen in Deutschland nicht abrufbaren X-Post vom 13. April des russischen Staatsmediums «Sputnik». Seit 2022 steht das Medium wegen der Verbreitung von Desinformation unter EU-Sanktionen. In dem Post, der sich über eine Archiv-Version ansehen lässt, beruft sich «Sputnik» auf einen russischen Telegram-Kanal. Konkrete Belege liefert das Medium jedoch nicht.

Derselbe Text findet sich fast wortgleich in einem Facebook-Beitrag, der zwischenzeitlich von Bryen ebenfalls als Quelle angeführt wurde. Wie eine Archiv-Version zeigt, hat der Blogautor diesen und weitere zunächst im Update angegebene Quellen später entfernt. So auch einen Artikel vom 12. April einer russischen Webseite. Diese beruft sich ebenfalls auf den Telegram-Kanal sowie auf Aussagen eines Journalisten. Allerdings schreibt die Seite am Ende, dass es sich um eine unbestätigte Information handele.

Die von Bryan verwendeten Quellen sind mehr als zweifelhaft: Alle verlinkten Seiten und Posts verbreiten lediglich dieselbe Behauptung weiter. Konkrete Belege für die Präsenz der französischen Fremdenlegion in der Ukraine liefern sie hingegen nicht.

Ministerium spricht von Falschinformation

Das französische Ministerium für Europa und Auswärtige Angelegenheiten dementierte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) die Behauptung. Es handele sich hierbei um eine Falschinformation, erklärte ein Sprecher.

Er verwies auf einen Beitrag des Ministeriums vom 6. Mai auf der Plattform X: «Desinformationskampagnen über Frankreichs Unterstützung für die Ukraine lassen nicht nach, das ist der Beweis», heißt es dort. «NEIN, Frankreich hat keine Truppen in die Ukraine geschickt», stellte das Ministerium dazu klar und teilte einen mit einem roten Kreuz durchgestrichenen Screenshot des Artikels der «Asia Times».

Erwähnte Fremdenlegion-Einheit schützt Raumfahrtzentrum Guayana

Es lassen sich keine Hinweise finden, dass Frankreich kürzlich einen Militäreinsatz in der Ukraine gestartet hat. Gemäß Artikel 35 der französischen Verfassung müsste die Regierung das Parlament über ihren Beschluss, Streitkräfte im Ausland einzusetzen, spätestens drei Trage nach Beginn des Einsatzes unterrichten.

Das in den Blogs erwähnte 3. ausländische Infanterieregiment (3e REI) der Fremdenlegion («Légion étrangère») ist nicht in Europa, sondern seit 1973 in Kourou im Überseegebiet Französisch-Guayana stationiert. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums ist die Einheit unter anderem für den Schutz des Raumfahrtzentrums Guayana sowie im Kampf gegen illegale Goldwäsche eingesetzt. Sie gilt demnach auch als «Expertenregiment für Dschungeltechniken und -aktionen».

Macron schließt Entsendung von Truppen in die Ukraine nicht aus

Hintergrund der unbelegten Behauptung dürften Aussagen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sein. Dieser hat mehrfach bekräftigt, einen Einsatz westlicher Bodentruppen zur Unterstützung der Ukraine gegen die russischen Invasoren nicht grundsätzlich auszuschließen. Ein solcher Schritt ist aber bislang völlig hypothetisch.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erteilte als Reaktion einer Entsendung von westlichen Soldaten in die Ukraine dagegen eine klare Absage. Der Kreml warnte, dass ein direkter Konflikt zwischen der Nato und Russland unvermeidlich wäre, wenn die Allianz Kampftruppen entsende. Auch Großbritanniens Außenminister David Cameron hat sich zuletzt skeptisch zu einem möglichen Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine geäußert.

In der Folge von Macrons Aussagen machten auch Fehlinformationen im Netz die Runde, wie dpa-Faktenchecks zeigen. So teilten User fälschlicherweise ein Video von polnischen Militärfahrzeugen in Polen und behaupteten, es seien französische. Zudem kursierten Beiträge über eine erfundene Rekrutierungsaktion.

(Stand: 24.5.2024)

Fact Checker Logo

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

Nach oben scrollen