Nach monatelangem trockenen Wetter und Starkwind Anfang Januar 2025 konnten sich verheerende Brände rasant ausbreiten und auch Los Angeles erreichen. In sozialen Medien wird jedoch fälschlicherweise die „liberale“ Politik – einschließlich der Maßnahmen für mehr Diversität bei der Feuerwehr der Stadt – für die Brandkatastrophe verantwortlich gemacht. Fachleuten zufolge war es absehbar, dass Schuldige für die schweren Brände gesucht werden.
Die Leiterin der Feuerwehr von Los Angeles, Kristin Crowley wurde in einer Reihe von X-Posts kritisiert – vor allem die Strategie ihrer Abteilung für Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion (Diversity, Equity and Inclusion, DEI). „Sie rühmt sich damit, die erste weibliche und LGBTQ-Feuerwehrhauptfrau von Los Angeles zu sein. Die Förderung einer DEI-Kultur ist ihre Priorität. Fühlen Sie sich dadurch sicherer?“, ist auf dem Anti-LGBTQ-Account „Libs of TikTok“ am 8. Januar 2025 auf X zu lesen.
„Sie haben Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion über die Rettung von Leben und Häusern gestellt“, mischte sich der Milliardär und Eigentümer von X, Elon Musk, ein. Er ist ein enger Verbündeter des designierten US-Präsidenten Donald Trump.
Laut Expertinnen und Experten war es zu erwarten, dass Sündenböcke für die verheerenden Brände gesucht werden. Von den Bränden auf Maui im Jahr 2023 bis zu den Hurrikans Milton und Helene im Jahr 2024 hat jede größere Naturkatastrophe der vergangenen Jahre in den USA systematisch zu Narrativen in sozialen Medien geführt, die den Einsatz und die Legitimität der Ersthelferinnen und Ersthelfer in Frage stellen.
„Diese Rhetorik wird nach extremen Wetterphänomenen und Katastrophen erwartet – und hat sich zunehmend etabliert“, fügte Sara Aniano, Desinformationsanalystin bei dem US-amerikanischen Anti-Defamation League Center on Extremism, hinzu.
Der Trump-Effekt
Nutzerinnen und Nutzer sozialer Medien griffen auch den Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, an und wiederholten irreführende Beschwerden von Trump über den Umgang des US-Bundesstaates mit der Wasserversorgung (hier archiviert). „Gouverneur Gavin Newscum sollte sofort nach Nordkalifornien fahren und die Wasserleitung öffnen und das Wasser in seinen trockenen, hungernden, brennenden Bundesstaat fließen lassen“, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social und benutzte dabei seinen bevorzugten Spitznamen für den Gouverneur. Das meiste Wasser in Los Angeles stammt jedoch aus dem Aquädukt der Stadt, nicht aus Nordkalifornien.
Bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus wies US-Präsident Joe Biden die Anschuldigungen Trumps zurück, die kalifornischen Behörden hätten Wasser verschwendet. Außerdem sagte er, dass in dieser Situation kein Platz für Politik sei. Er forderte die Behörden auf, „ehrlich“ und „offen“ mit der Öffentlichkeit über die verfügbaren Kapazitäten zu sprechen.
Trump versuchte auch, die Schuld für den Wassermangel den Bemühungen von Umweltschützerinnen und Umweltschützern zuzuschreiben. Ihr einziges Interesse wäre es, den Stint zu schützen – einen kleinen Fisch, der Hunderte von Kilometern von den Bränden entfernt lebt. Solche Kommentare lenken von den bekannten Auswirkungen der Brände ab, wie beispielsweise den Santa-Ana-Winden, und von der Tatsache, dass die Brände in dem Bundesstaat durch die Klimakrise verstärkt werden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sagen, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel das Wettergeschehen und die Auswirkungen von Waldbränden im Westen der USA verändert.
Auf zwei Jahrzehnte Dürre in Südkalifornien folgten zwei außergewöhnlich nasse Jahre, die ein rasantes Pflanzenwachstum auslösten. Dann regnete es in der Region acht Monate lang kaum – was einen perfekten Nährboden für Brände bildete. Am 14. Januar 2025 belief sich die Zahl der Todesopfer auf 24, mehr als 180.000 Menschen mussten zeitweise ihre Häuser verlassen.
Die Behörden untersuchen weiterhin die Ursachen der beiden Hauptbrände – Palisades und Eaton – ohne Beweise für die in sozialen Medien kursierenden Behauptungen, Obdachlose oder „Ökoterroristen“ seien schuld. Solche falschen Narrative „untergraben die Menschen und Organisationen, die versuchen zu helfen“, und „säen Zwietracht in der Gemeinschaft“, sagte Sarah Labowitz, Klima- und Geopolitikexpertin bei der Carnegie Endowment for International Peace. „Es ist das genaue Gegenteil von dem, was die Menschen jetzt brauchen.“