Bewertung
Nein, das hat Scholz nicht gesagt. Er sprach sich mit Blick auf die deutschen Verteidigungsausgaben dafür aus, eine Haushaltsnotlage auszurufen, um mehr Schulden aufnehmen zu können. Beschlossen hat der Bundestag diese Notlage nicht.
Fakten
Einen «Ausnahmezustand» sieht das deutsche Grundgesetz nicht vor. Zwar können im Grundgesetz garantierte Freiheiten wie etwa das Recht auf Freizügigkeit und die Versammlungsfreiheit durch Gesetze eingeschränkt werden. In Artikel 11 (Freizügigkeit) werden zum Beispiel Naturkatastrophen oder «drohende Gefahren» für die Bundesrepublik als möglich Anlässe genannt. Eine allgemeine Regelung, um solche Einschränkungen durch einen «Ausnahmezustand» durchzusetzen, ist im Grundgesetz aber nicht formuliert.
Und Scholz hat auch weder einen Ausnahmezustand noch Grundrechtseinschränkungen gefordert, wie ein Video seines Statements vom 13. Februar belegt: Scholz forderte darin, dass der Bundestag eine «Notlage im Sinne des Artikel 115 Absatz 2 des Grundgesetzes» beschließen solle.
Haushaltsnotlage statt Schuldenbremse
Dieser Grundgesetz-Artikel betrifft den Bundeshaushalt: Es handelt sich um die sogenannte Schuldenbremse, die im Jahr 2009 von Union und SPD mit einer Grundgesetzänderung beschlossen wurde. Der Bund darf demnach Schulden nur bis zu einer Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen. Ausnahmen können «im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notlagen» gemacht werden. Eine solche Notlage wurde vom Bundestag zum Beispiel im Jahr 2022 festgestellt und mit der Corona-Pandemie und den Auswirkungen des russischen Angriffs auf die Ukraine begründet.
Um die Notlage festzustellen, bedarf es einer Mehrheit im Bundestag – für die Scholz in seinem Statement am 13. Februar warb. Allerdings war der Bundestag bereits am 11. Februar zu seiner letzten Sitzung in der laufenden Legislaturperiode zusammengekommen. Eine Notlage könnte also erst vom am 23. Februar neugewählten Parlament festgestellt werden.
Laut Scholz würden «der Krieg in der Ukraine und seine schwerwiegenden Folgen für die Sicherheit Deutschlands und Europas» eine finanzielle Notlage darstellen. Er verwies unter anderem auf die gestiegenen deutschen Verteidigungsausgaben und auf die Unterstützungsleistungen für die Ukraine.
Wird die Schuldenbremse reformiert?
Kurz zuvor hatte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth gefordert, dass die Nato-Mitgliedsstaaten sogar fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben sollten. Bislang liegt dieses Ziel bei zwei Prozent.
Über die Finanzierung der Ukraine-Unterstützung und der deutschen Verteidigungsausgaben gibt es unterschiedliche Ansichten: Während die SPD für ein Aussetzen der Schuldenbremse ist, hielt sich CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz zur Finanzierungsfrage zuletzt bedeckt. In mehreren Parteien gibt es aber Überlegungen, die Schuldenbremse generell zu reformieren.
Scholz bezog sich in seinem Statement am 13. Februar also auf eine finanzielle Notlage, nicht auf einen anderen Not- oder Ausnahmezustand. Dementsprechend forderte er auch keine Grundrechtseinschränkungen.
(Stand: 19.2.2025)