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Selenskyj-Plakat stand nicht am Mailänder Dom

Die öffentliche Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen die russische Invasion stößt vor allem in pro-russischen Online-Kreisen auf Kritik. Ein im Netz geteiltes Video zeigt eine angebliche Installation auf der Piazza Duomo in Mailand, die zu Spenden für die Ukraine aufrufen soll. Dabei sollen Geldscheine durch die Nase des abgebildeten ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufgesaugt werden. Doch gab es diese Konstruktion wirklich?

Bewertung

Die Installation gab es an diesem Ort nie. Das Video wurde manipuliert und die Selenskyj-Grafik wurde nachträglich eingefügt.

Fakten

Das Video ist mit einem Wasserzeichen eines russischen Telegram-Kanals versehen, der sich als «Polit-Blog» positioniert. Dieses Video wurde dort am 3. April 2023 ohne Quellenangaben hochgeladen. Ausschnitte aus dem Video findet man auch im Youtube-Beitrag eines christlich-fundamentalistischen russischen TV-Senders.

Im Netz lassen sich außer dieser Videosequenz keine Bilder der angeblichen Mailänder «Spendenbüchse» finden. Sollte es diese Installation dort wirklich gegeben haben, hätten sicher mehr Menschen Aufnahmen davon verbreitet.

Auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte ein Sprecher der Stadt Mailand, dass das Video gefälscht sei und «solche Plakate im Stadtgebiet nie genehmigt worden seien».

Werbetafeln in Mailand für Videomanipulation genutzt

Rahmen, wie der im Video gezeigte, werden tatsächlich in Mailand als Werbefläche genutzt – dies erkennt man am Wappen der Stadt und dem Schriftzug «Comune di Milano» im unteren Bereich. Auch neben dem Mailänder Dom befindet sich ein solcher Rahmen, wie man anhand von Google Street View erkennen kann.

Der Rahmen neben dem Mailänder Dom hat jedoch einen wesentlichen Unterschied, wie der italienische Journalist und Faktenchecker David Puente auf Twitter vorgeführt hat: Die Verbindungsstellen zwischen Bild und Bilderrahmen sind nicht dicht anliegend, wie das Video suggeriert, sondern deutlich abstehend, sowie älter und abgenutzter.

Zudem stellt Puente fest, dass für eine Konstruktion zum Einsaugen von Geldscheinen im Rahmen schlicht kein Platz da wäre: «The aspirator cannot be installed. There is never enough space for everything.»

Simple Videomanipulation

Dass das Video bearbeitet wurde, sieht man deutlich, als zwei Passanten vor dem Selenskyj-Bild vorbeigehen. Ihre Gesichter werden für einen kurzen Moment verzerrt, so dass man das Gesicht des Mannes doppelt sieht und das Gesicht der Frau verschwindet.

Außerdem ist das Plakat am Anfang und am Ende des Videos leicht unterschiedlich im Rahmen positioniert. Zunächst erscheint der Schriftzug über Selenskyjs Gesicht mittig, später ist er dann deutlich nach rechts verrutscht.

Man erkennt auch einen Trick bei der Montage: In den Einstellungen, in denen die Umgebung der Plakatwand zu sehen ist, interagiert niemand mit der Konstruktion. Die Geldscheine hingegen sind nur in Nahaufnahmen zu sehen, auf denen weder die Umgebung noch die jeweilige Person erkennbar sind.

Auch die italienische Plattform für Online-Journalismus Open.online entlarvte das manipulierte Video in einem ausführlichen Beitrag und wies darauf hin, dass eine illegale Installation äußerst schwierig gewesen wäre: «Das Gebiet wird von zahlreichen Kameras überwacht, und wenn jemand nur versucht hätte, eine solche Aktion durchzuführen, hätte die Polizei eingegriffen».

Drogensucht als beliebtes Kreml-Narrativ

Das Video spielt auf den angeblichen Kokainkonsum des ukrainischen Präsidenten an. Diese Vorwürfe werden häufig von russischen und pro-russischen Kreisen verbreitet. Wladimir Putin selbst bezeichnete die ukrainische Führung zu Beginn seiner Invasion im Februar 2022 als «Bande von Drogenabhängigen und Neonazis».

(Stand: 18.4.2023)

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Politik, Gesellschaft, Ukraine

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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