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US-Umfrage zu Impfungen falsch übersetzt und fehlinterpretiert

Ein Blog-Artikel zu Corona-Impfungen und gleichlautende Beiträge in den sozialen Netzwerken lassen Impfskeptiker aufhorchen: Es geht um einen angeblichen «Umfrage-Hammer aus den USA». Demnach kenne «jeder Vierte (…) jemanden, der infolge der Impfung gestorben ist». Gibt es wirklich eine Umfrage, die das belegt – und möglicherweise Tausende oder mehr solcher Todesfälle bedeuten würde?

Bewertung

Die Überschrift führt in die Irre. Tatsächlich soll in dieser Umfrage rund ein Viertel der Teilnehmenden gesagt haben, dass sie eine Person kennen, von der sie denken, dass sie an einer Impfnebenwirkung starb. Es geht also lediglich um subjektive Vermutungen – und nicht um bestätigte Todesfälle infolge der Impfung.

Fakten

Das US-amerikanische Umfrageinstitut Rasmussen Reports hat am 2. Januar Ergebnisse einer Umfrage zur Corona-Schutzimpfung veröffentlicht. Rasmussen zufolge wurden kurz vor dem Jahresende 1000 Erwachsene unter anderem zu ihrem Vertrauen in die Corona-Impfstoffe befragt.

Erfragt wurde zum Beispiel, ob man sich gegen Covid-19 hat impfen lassen. Darüber hinaus ging es um subjektive Einschätzungen. Eine Frage lautete: «Wie wahrscheinlich ist es, dass Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe eine signifikante Zahl an unklaren Todesfällen verursacht haben?» («How likely is it that side effects of COVID-19 vaccines have caused a significant number of unexplained deaths?»).

Eine weitere Frage verknüpfte persönliche Erfahrungen mit Einschätzungen. Sie lautete: «Kennen Sie jemanden persönlich, von dem sie denken, dass sein Tod von einer Nebenwirkung der Corona-Impfstoffe verursacht worden sein könnte?» («Do you personally know anyone whose death you think may have been caused by side effects of COVID-19 vaccines?»). Das bejahten demnach 28 Prozent der Teilnehmenden, 61 Prozent verneinten und 10 Prozent gaben an, sich nicht sicher zu sein.

Frage enthält zwei Einschränkungen

In der Frage verstecken sich also zwei sprachliche Einschränkungen. Zum einen wird die subjektive Einschätzung der Teilnehmenden erfragt («von dem sie denken»), zum anderen wird der Kausalzusammenhang im Konjunktiv beschrieben («verursacht worden sein könnte»). Es bedeutet nicht, dass 28 Prozent (oder «jeder Vierte») tatsächlich jemanden kennen, bei dem die Impfung eine tödliche Nebenwirkung hervorgerufen hat. Im Blog-Artikel wird das jedoch sowohl in der Überschrift als auch im Text anders und somit falsch dargestellt. Im Text wird eine falsche Übersetzung der Frage verwendet («Kennen Sie persönlich jemanden, der mutmaßlich an Nebenwirkungen gestorben ist, die durch die Covid-19-Impfung verursacht wurden?»).

Genaue Zahlen zu einem solchen kausalen Zusammenhang mittels Meinungsumfragen zu ermitteln, ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Aber auch in der medizinischen Forschung zur Impfstoffsicherheit gibt es Hürden. Das in Deutschland zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sammelt zu Nebenwirkungen und Komplikationen zum Beispiel in der Regel lediglich Verdachtsmeldungen über Nebenwirkungen. Sie können von Ärzten, aber auch von Laien eingereicht werden.

Belegt ist dabei zunächst immer nur ein zeitlicher Zusammenhang zwischen einer Impfung und einem beobachteten medizinischen Ereignis. Verglichen wird dann, ob solche Meldungen häufiger auftreten, als es ohne Impfungen in einer Bevölkerungsgruppe zu erwarten gewesen wäre. Mit dieser Methode wurde im Jahr 2021 zum Beispiel festgestellt, dass einer der Impfstoffe in sehr seltenen Fällen bestimmte Thrombosen hervorrief. Die Impfungen damit wurden daraufhin vorübergehend gestoppt und die Impfempfehlungen später angepasst.

Behörden in Deutschland und USA halten Impfstoffe für sicher

Genaue Zahlenangaben zu Todesfällen, bei denen ein «ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich bewertet» wird, hat das PEI zuletzt im Februar 2022 veröffentlicht. Demnach waren es seit dem Beginn der Corona-Impfkampagne in Deutschland 85 Fälle. Durchgeführt wurden demnach bis zum Stand dieser Erhebung fast 150 Millionen Corona-Impfungen.

Im aktuellen Sicherheitsbericht schreibt das PEI: «Auch wenn Todesfälle in zeitlicher Nähe zur der Covid-19-Impfung weltweit berichtet wurden, wurde in mehreren Studien gezeigt, dass Covid-19-Impfungen insgesamt und insbesondere auch bei älteren Personen nicht zu einer Übersterblichkeit führen.» (Schreibweise im Original) Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Corona-Impfung weiterhin.

In den USA gibt es ein vergleichbares Meldesystem für Nebenwirkungen. Die dortigen Behörden kommen bezogen auf die Zulassung der Impfstoffe zu sehr ähnlichen Schlüssen wie in Deutschland. Die US-Seuchenschutzbehörde CDC verzeichnet nur neun Todesfälle, bei denen sie von einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Corona-Impfung ausgeht.

Dem Institut Rasmussen Reports und seinen Umfragen haben Kritiker immer wieder eine Voreingenommenheit zugunsten konservativer und rechter Positionen vorgeworfen. Tatsächlich zeigen Umfragen in den USA – von Rasmussen und anderen – Unterschiede in der Impfbereitschaft. Wählerinnen und Wähler der Demokraten bewerten die Entwicklung und den Einsatz der Corona-Impfstoffe positiver als der Anhang der Republikaner.

(Stand: 9.1.2023)

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Wissenschaft, Corona, Gesundheit

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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