Mit rassistischen Parolen und teilweise mit Gewaltaufrufen wird Anfang Februar 2024 bei Facebook, Youtube, Telegram und X ein Video verbreitet. Es zeigt, wie eine Gruppe Menschen durch eine Straße läuft, verfolgt von Gestalten mit Hörnern auf dem Kopf, die auf sie einschlagen.
Zu dem Video wird behauptet, es sei in Rottweil, einer Stadt in Baden-Württemberg, entstanden. In manchen Beiträgen heißt es, Migranten hätten dort einen Umzug gestört, daraufhin hätte es „Knüppel“ gegeben. Nichts davon stimmt.
Video entstand 2019 bei Krampuslauf in Südtirol
Eine Bilder-Rückwärtssuche mit einem Screenshot aus dem Video führt zu der italienischen Nachrichtenseite L’Arena, die das Video schon am 8. Dezember 2019 geteilt hatte. Der Videotitel lautet übersetzt „Krampuslauf in Sterzing“. Sterzing ist eine italienische Stadt in Südtirol.
Auf einer Tourismusseite der Stadt wird der Brauch näher erklärt: Jedes Jahr am 5. Dezember finde der sogenannte Tuifltog statt, ein Nikolausumzug, an dem auch „Tuifl“ (Krampusse) teilnehmen und „mit ihren Ruten für Ordnung“ sorgen würden. Ein Foto auf der Webseite zeigt die Figuren: Menschen mit Hörnern, rotem Gewand (das auch im Video erkennbar ist) und schwarz bemaltem Gesicht. Solche Gesichtsbemalung wird unter anderem von der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus kritisiert.
Eine Google-Suche nach „Tuifltog Sterzing 2019“ führt zu einem Facebook-Account namens „Nikolaus & Tuifl Sterzing“. Er veröffentlichte ein Video, das Menschen in Kostümen bei dem Umzug im Jahr 2019 zeigt. Ein Vergleich dieser Aufnahme (Sekunde 28) mit jener, die in Sozialen Netzwerken kursiert, zeigt, dass beide am selben Ort aufgenommen wurden: in der Altstadt Sterzing.
Die Polizei Konstanz, in deren Zuständigkeitsbereich Rottweil fällt, stellte am 7. Februar auf Facebook klar: „Aktuell kursiert ein Video in den Sozialen Medien, in dem Personen bei einem Fastnachtsumzug (…) mit Reisigbesen geschlagen werden. Dieses Video soll bei einem aktuellen Umzug in Rottweil gefilmt worden sein. Das ist falsch.“
Video wurde schon 2019 mit Falschbehauptungen geteilt
Es ist nicht das erste Mal, dass dieses Video mit Falschbehauptungen geteilt wird. Die italienische Faktencheck-Seite Open berichtete schon am 8. Dezember 2019, dass zu dem Video behauptet wurde, es zeige eine Razzia gegen „Nicht-EU-Bürger“.
Schon damals stellte die Facebook-Seite „Nikolaus & Tuifl Sterzing“ klar, dass die Menschen, die im Video davonlaufen – Tratzer genannt – Freunde und Bekannte der Tuifl Sterzing seien.
Open zitiert auch einen Facebook-Beitrag vom 8. Dezember 2019. Ein Nutzer schrieb, er sei jener Mann, der im Video auf dem Boden lag und kenne alle, die im Video zu sehen sind. Er und seine Freunde würden am Teufeltag losziehen, um „Prügel zu beziehen“, das sei „der absolut beste Tag im Jahr für ganz viele Sterzinger“. Er schreibt auch: Die Tratzer seien entsprechend gekleidet und so vor ernsthaften Verletzungen geschützt, Migranten seien nicht darunter gewesen.
Redigatur: Sarah Thust, Sophie Timmermann