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Vom Menschen verursachte Treibhausgase beeinflussen das Klima – anders als Atomwaffentests

Die Forschung sich einig, dass vom Menschen verursachte Treibhausgase zum globalen Klimawandel führen. Trotzdem wurde im Oktober 2024 in sozialen Medien behauptet, diese Emissionen seien im Vergleich zur globalen Erwärmung durch Atomwaffentests des 20. Jahrhunderts unbedeutend. Hierbei handelt es sich jedoch um einen irreführenden Vergleich. Diese Nuklearwaffentests verursachten zwar enorme Umweltschäden, hatten aber keinen wesentlichen Einfluss auf das Klima. Fachleute erklärten, dass der Überschuss an Sonnenenergie, der durch die erhöhte Menge an Treibhausgasen gespeichert wird, mehreren HiroshimaExplosionen pro Sekunde entspricht.

„Seit 1945 wurden in der Atmosphäre mehr als 1.000 thermonukleare Tests durchgeführt. Natürlich hat keiner von ihnen die globale Erwärmung verursacht, aber dein Holzofen ist etwas anderes“, heißt es in einem Facebook-Beitrag vom 8. Oktober 2024. „#grünermist“ und „#klimawandel ist ein Geschäftsmodell“, schrieb ein anderer User zu der geteilten Behauptung.

Die Aussage kursierte zudem in anderen Sprachen wie UngarischTschechisch, Polnisch, Kroatisch und Bulgarisch.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 23. Oktober 2024

Die Beiträge versuchen, den menschengemachten Klimawandel zu relativieren, indem sie einzelne energiebedingte Emissionen, etwa durch einen Ofen, mit der Kraft von Nuklearwaffentests vergleichen, die im 20. Jahrhundert stattfanden.

Fachleute erklärten jedoch gegenüber AFP, dass es sich hierbei um ein irreführendes Argument handle. Der Klimawandel wird durch den Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlenstoffdioxid (CO2) verursacht und nicht durch die direkte Energiefreisetzung durch Verbrennung. Die überschüssige Energie, die von Treibhausgasen eingeschlossen und gespeichert wird, lässt sich an der Kraft mehrerer nuklearer Explosionen pro Sekunde messen. Nukleare Explosionen hingegen stoßen keine Treibhausgase aus. Zudem fand der dramatischste Anstieg der globalen Erwärmung nach dem weltweiten Verbot von Atomwaffentests im Jahr 1996 statt.

Atomwaffentests des 20. Jahrhunderts

In den ersten Jahrzehnten des Kalten Krieges führten die Atommächte auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs zahlreiche Nuklearwaffentests durch.

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden zwischen dem ersten Atomwaffentest im Jahr 1945 und der „Eröffnung der Unterzeichnung des Vertrags für ein umfassendes Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) im Jahr 1996 über 2000 Atomtests auf der ganzen Welt durchgeführt“ (hier und hier archiviert). Der CTBT verbietet alle nuklearen Explosionen, sei es zu militärischen oder friedlichen Zwecken. Seitdem der CTBT unterzeichnet wurde, wurden zehn Atomtests durchgeführt, die meisten davon von Nordkorea.

Aufnahme der Explosion der ersten amerikanischen Wasserstoffbombe im Enewetak-Atoll auf den Marshall-Inseln vom 1. November 1952 – AFP

Von allen Tests fanden 25 Prozent in der Atmosphäre statt, 75 Prozent unter der Erde und einige wenige Tests wurden unter Wasser durchgeführt, heißt es auf der Website der Vereinten Nationen.

Atmosphären- und Unterwassertests wurden bereits durch den partiellen Teststoppvertrag von 1963 (hier archiviert) verboten, vor allem wegen der Befürchtung, dass radioaktive Partikel in die Atmosphäre eindringen und auf die Erdoberfläche zurückfallen könnten (der sogenannte Fallout).

Globale Erwärmung wird durch Treibhausgase verursacht, nicht durch freigesetzte Energie

Die Verbrennung verschiedener Brennstoffe, zum Beispiel fossiler Brennstoffe, verursacht den Klimawandel in erster Linie nicht direkt durch die freigesetzte Energie, sondern durch die Emission von Treibhausgasen (hier archiviert).

In einem Bericht des Weltklimarats aus dem Jahr 2021 (hier archiviert) wird detailliert beschrieben, wie verschiedene Gase zu dem Prozess beitragen, durch den mehr Wärme von der Sonne in die Erdatmosphäre gelangt als diese verlässt. Der Bericht stellt eine „nahezu lineare Beziehung“ zwischen CO2-Emissionen und der jüngsten globalen Erwärmung fest.

„Die globale Erwärmung beruht auf der Folge von Treibhausgasemissionen wie CO2, die von der Erdoberfläche reflektierte Wärmestrahlung in der Erdatmosphäre halten, die also dadurch nicht mehr die Atmosphäre verlässt. Das hat nichts mit der von Holzöfen emittierten Energie zu tun, sondern mit den Treibhausgasen, die beim Verbrennen freigesetzt werden“, erklärte Malte Göttsche, Professor für Naturwissenschaftliche Friedensforschung an der Technischen Universität Darmstadt.

Nuklearexplosionen setzen keine Treibhausgase frei

Atomexplosionen haben schädliche Auswirkungen auf die Umwelt, verursachen aber keine globale Erwärmung, sagen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen.

„Die zahlreichen Nuklearwaffentests hatten in der Tat massive Umweltschäden zur Folge. Durch radioaktive Kontamination der Umwelt sind bis heute einige Orte etwa auf den Marshall-Inseln unbewohnbar“, schrieb der Experte in einer E-Mail am 14. Oktober 2024 an AFP. „Jedoch gab es bei den Tests keine klimarelevanten Treibhausgas-Emissionen.“

Im Gegenteil: „Klimawirkungen würden jedoch eintreten, wenn einige Hundert oder mehr Kernwaffen zukünftig in einem Krieg eingesetzt werden sollten. Bei Explosionen nahe der Erdoberfläche würden großflächige Brände entstehen. Durch den aufsteigenden Ruß würde weniger Sonnenlicht die Erdoberfläche erreichen.“ Nach Ansicht von Göttsche hätte dies eine abkühlende Wirkung mit möglicherweise katastrophalen Folgen.

Gerald Kirchner, Leiter des Carl-Friedrich-von-Weizsäcker Zentrums für Naturwissenschaft und Friedensforschung der Universität Hamburg, wies darauf hin, dass der Zeitpunkt der Ereignisse auch beweise, dass Treibhausgase – und nicht Atomwaffentests – den Klimawandel verursachen würden.

Diagramme zur Temperaturentwicklung seit 1850 und Simulationen mit und ohne menschlichen Einfluss sowie zur CO2-Konzentration in der Atmosphäre in den letzten 400.000 Jahren – Eléonore HUGHES / Jean-Michel CORNU / Simon MALFATTO / Jonathan WALTER / AFP

„In den Jahren 1958 und 1961 gab es zahlreiche Versuche. 1963 gab es das Abkommen zwischen den USA und der Sowjetunion über das Verbot von Kernwaffenversuchen. Das bedeutet, diese Tests können nicht die massive Erwärmung seit 2000 und 2010 erklären. Das hätte man in den 1970er-Jahren sehen müssen. Demnach ist es völlig eindeutig: Das hat nichts miteinander zu tun“, sagte der Experte am 15. Oktober 2024 gegenüber AFP.

Auch Atomphysiker Tonči Tadić, leitender Forscher am kroatischen Ruđer Bošković-Institut, bestätigte, dass Nuklearexplosionen nicht zur globalen Erwärmung führten. Er stimmte mit den deutschen Experten überein, dass selbst ein Atomkrieg den gegenteiligen Effekt haben würde.

„Der Effekt ist ähnlich dem, wenn Vulkanausbrüche Staub in die Stratosphäre ausstoßen. Ein totaler Atomkrieg würde also einen ’nuklearen Winter‘ verursachen“, erklärte er gegenüber AFP am 15. Oktober 2024.

Energie des Klimawandels spielt in einer anderen Größenordnung als jene von Atombomben

Auch Diana Ürge-Vorsatz, Klimaforscherin und Vizepräsidentin des Weltklimarats, sagte, dass die Emission von Treibhausgasen den Klimawandel verursacht und nicht die Energie selbst direkt.

„Nicht die Verbrennung selbst erwärmt das Klima, sondern die bei der Verbrennung freigesetzten Gase wie Kohlenstoffdioxid, die die Energie der Sonne einfangen“, sagte die Expertin am 15. Oktober 2024 telefonisch gegenüber AFP. Die Klimawissenschaftlerin wies darauf hin, dass der Energieüberschuss, der durch die vom Menschen verursachten Treibhausgase in der Atmosphäre eingeschlossen wird, „hunderttausendmal höher ist als die Menge während der Atomwaffentests“ im 20. Jahrhundert.

Sie verwies auf Daten, die zeigen, dass durch die zunehmende Menge an Treibhausgasen jede Sekunde ein Vielfaches der Energie (Wärme) der Atombombe von Hiroshima in der Atmosphäre eingeschlossen wird.

In einer Veröffentlichung (hier archiviert) schätzte die University of New South Wales, dass „die Auswirkungen der Treibhausgasemissionen der Menschheit in dem 50-Jahres-Zeitraum bis 2020 etwa das 25-Milliardenfache der von der Hiroshima-Atombombe freigesetzten Energie betragen“.

John Cook, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Melbourne Centre for Behaviour Change, hat auf seiner Website zur Sensibilisierung für den Klimawandel (hier archiviert) einen interaktiven Zähler eingerichtet, der die Klimaerwärmung seit 1998 in Hiroshima-Atombombenäquivalenten anzeigt. Der Zähler steht derzeit bei über 3,4 Milliarden.

Der Atomphysiker Tonči Tadić warnte ebenfalls vor dem Unterschied in der Größenordnung und stellte fest, dass der Versuch, die Erde mit Atombomben zu erwärmen, dem Vorhaben gleichkäme, „eine Wohnung mit Feuerwerkskörpern zu erwärmen“.

Holzverbrennung stellt ein Gesundheitsproblem dar

In den geteilten Facebook-Beiträgen wird die Verbrennung von Holz in Öfen fälschlicherweise mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht.

Brennholz fällt in die Kategorie der sogenannten Bioenergie (hier archiviert), zusammen mit vielen anderen Dingen wie flüssigen Biokraftstoffen oder organischen Bestandteilen von festen Abfällen. Viele davon können zur Energieerzeugung wie Wärme und Strom genutzt werden und gelten als erneuerbar.

Ürge-Vorsatz erklärte, dass Biomasse, einschließlich Brennholz, im Wesentlichen keinen CO2-Fußabdruck habe, da bei der Verbrennung die gleiche Menge Kohlenstoffdioxid freigesetzt werde, wie von der Pflanze während ihrer Lebensdauer aufgenommen wird. Wenn es doch zu Emissionen komme, stammen diese in erster Linie aus damit verbundenen Prozessen wie dem Transport.

Das bedeutet aber nicht, dass die Verbrennung von Biomasse unbedenklich ist. „Insgesamt kann Biomasse als kohlenstoffneutral angesehen werden. Sie ist extrem schädlich – nicht in Bezug auf den Klimawandel, sondern in Bezug auf die Luftverschmutzung.“ Diese sei derzeit ein „sehr ernstes Problem in Europa, und in Mitteleuropa ist die Situation noch schlimmer“. Eine der Ursachen ist laut Ürge-Vorsatz die Verbrennung von Biomasse. Die Expertin fügte hinzu, dass Aerosolpartikel wie Ruß, die in die Atmosphäre freigesetzt werden, einen Teil der Sonnenstrahlung reflektieren, so dass weniger Energie eingefangen werde. Dieser Effekt sei im Vergleich zum gesamten Klimawandel jedoch vernachlässigbar.

Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur „ist die Luftverschmutzung ein großes Gesundheitsproblem für Europäerinnen und Europäer“ (hier archiviert). Die Exposition gegenüber Feinstaubkonzentrationen, die über dem Richtwert der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2021 liegen, habe in der EU zu 238.000 vorzeitigen Todesfällen geführt. Luftverschmutzung stammt zwar aus vielen Quellen wie etwa Verbrennungsmotoren. Laut einem WHO-Bericht aus dem Jahr 2015 ist das Heizen von Wohngebäuden mit Holz und Kohle eine „wichtige Quelle für die Luftverschmutzung“.

Weitere Faktenchecks zum Klima sammelt AFP online.

Fazit: In sozialen Medien kursierte die Behauptung, vom Menschen verursachte Treibhausgase seien im Vergleich zur globalen Erwärmung durch Atomwaffentests des 20. Jahrhunderts unbedeutend. Das ist falsch. Laut Fachleuten verursachten Nuklearwaffentests zwar enorme Umweltschäden, hatten aber keinen wesentlichen Einfluss auf das Klima.

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Klimawandel, Wissenschaft

Autor(en): Ivan FISCHER / Ede ZABORSZKY / Katharina ZWINS / AFP Österreich / AFP Kroatien / AFP Ungarn

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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