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Längst nicht alles von Deutschen erfunden

In sozialen Netzwerken wird ein Video geteilt, das den deutschen Erfindergeist anhand mehrerer Dutzend angeblicher Erfindungen preist. «Ohne den deutschen Erfindergeist würde die Menschheit immer noch in Höhlen hausen», heißt es etwa auf der Plattform X.

Bewertung

Etliche der genannten Erfinder waren nicht deutsch. Weitere haben ihre Erfindung zumindest nicht allein entwickelt, sondern arbeiteten mit anderen Erfindern zusammen oder nutzten deren Vorarbeiten als Grundlage ihres eigenen Schaffens.

Fakten

Dem Video zufolge wurde der Arzneistoff Aspirin vom deutschen Chemiker Felix Hoffmann erfunden. Laut dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) dürfte Aspirin allerdings «eher das Resultat von Teamwork gewesen sein». In jüngerer Zeit kam mindestens eine Studie zu dem Ergebnis, dass der jüdischstämmige deutsche Chemiker Arthur Eichengrün die entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Aspirin gespielt hatte.

Die Thermoskanne soll dem Video zufolge vom deutschen Glastechniker Reinhold Burger erfunden worden sein. Laut der Technischen Universität Chemnitz hatte das Isoliergefäß aber vielmehr drei Erfinder: Adolf Ferdinand Weinhold habe das Prinzip zum Kühlhalten entdeckt, der schottische Physikochemiker James Dewar gelte indes als Erfinder der Thermoskanne. Dewar verwendete demnach schon ab 1874 ein doppelwandiges, aus verspiegeltem Glas bestehendes, evakuiertes Gefäß zur Lagerung von verflüssigten Gasen. Das Patent für die Isolierkanne ging schließlich erst 1903 an Burger.

Als Erfinder des Stahlbetons nennt das Video Joseph Monier. Der Gärtner und Bauunternehmer war laut der Enzyklopädie Britannica tatsächlich einer der maßgeblichen Erfinder des Stahlbetons. Monier war aber Franzose. Auch beim Erfinder des Klaviers wird im Video die Herkunft vertauscht: Der korrekt genannte Bartolomeo Cristofori war Italiener.

Der Reißverschluss ist laut dem Video im Jahr 1913 von Otto Sundback erfunden worden. Auch hier ist die Nationalität des Erfinders falsch angegeben. Gemäß der Enzyklopädie Britannica hieß der Mann Gideon Sundback und war ein schwedischer Ingenieur, der in den Vereinigten Staaten arbeitete. Der Schwede ließ seine Ideen jedoch erstmals im Jahr 1909 in Deutschland patentieren.

Schon vorher hatte der US-AmerikanerWhitcomb Judson zwei dem Reißverschluss nahe kommende Ideen zum Patent angemeldet. Auch laut der Fachzeitschrift «World Patent Information» hatte Gideon Sundback die ursprünglichen Entwürfe von Whitcomb Judson erfolgreich verbessert.

Als Erfinder der Schreibmaschine wird im Video Peter Mitterhofer genannt. Laut der Technischen Universität Dresden war Mitterhofer jedoch ein Südtiroler Tischler. Das mehrheitlich deutschsprachige Südtirol war während Mitterhofers Leben erst ein Teil des Kaisertums Österreich und später der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Deutsch war Südtirol in dieser Zeit nicht.

Der im Video als Erfinder des Klettverschlusses angegebene George de Mestral war kein Deutscher, sondern ein Ingenieur aus der Schweiz. Der angebliche Erfinder des Mikroskops namens Zacharias Janssen war ebenfalls kein Deutscher, sondern ein Optiker aus den Niederlanden.

(Stand: 24.10.2024)

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Geschichte, Wissenschaft

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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