Fluorid wird Leitungswasser und Zahnpasta zugesetzt, weil es Karies vorbeugt. Robert F. Kennedy Jr., den der designierte US-Präsident Donald Trump zu seinem Gesundheitsminister machen will, brachte kürzlich die Fluoridierung von Leitungswasser mit unter anderem Knochenkrebs und neurologischen Problemen in Verbindung, was in sozialen Netzwerken Wellen schlug. Doch das stimmt nicht: In der richtigen Dosierung ist Fluorid weder giftig noch schädlich für die Gesundheit, bekräftigten Expertinnen und Experten sowie Studien.
„Wir vergiften euch massenhaft“, heißt es in einem Video von Robert F. Kennedy Jr., das sich auf Facebook verbreitet. Darin will Robert F. Kennedy Jr. einen Notstand gegen Chemtrails und Fluorid im Wasser einführen, ähnlich jenem während der Corona-Pandemie. Das Video entstand bei einer Kundgebung zur Unterstützung von Donald Trump am 21. September 2024 in Las Vegas (hier archiviert). Inzwischen hat der designierte Präsident bekannt gegeben, dass er Robert F. Kennedy Jr. als zukünftigen Gesundheitsminister ausgewählt hat.
Robert F. Kennedy Jr. stellte sich ebenfalls als unabhängiger Kandidat für das Amt des US-Präsidenten auf, bevor er sich Donald Trump anschloss. Am 2. November 2024 machte er eine Ankündigung auf X: „Am 20. Januar wird das Weiße Haus unter Trump allen amerikanischen Wasserversorgungsnetzen raten, Fluorid aus dem öffentlichen Wasser zu entfernen.“ Dann behauptete er: „Fluorid ist ein Industrieabfall, der mit Arthritis, Knochenbrüchen, Knochenkrebs, IQ-Verlust, Störungen der neurologischen Entwicklung und Schilddrüsenerkrankungen in Verbindung gebracht wird.“
„TOP!!!“, schrieb etwa ein deutschsprachiger Facebook-User dazu. Auch auf Französisch wurde die Behauptung vielfach geteilt.
Weitere Userinnen und User teilten die Behauptungen von Robert F. Kennedy Jr., dem Neffen des ermordeten Präsidenten John F. Kennedy, und belebten damit Desinformation über die angeblichen Gefahren von Fluorid, die bereits im Juni 2023 Gegenstand eines AFP-Faktenchecks waren.
Damals erklärten Forschende gegenüber AFP, dass es keine wissenschaftlichen Hinweise auf eine krebserzeugende Wirkung von Fluorid bei Menschen gebe. Aus Studien (beispielsweise hier oder hier) ist bekannt, dass Fluorid in angemessenen Dosen – in der Menge, in der es etwa Zahnpasta oder Trinkwasser zugesetzt wird – weder gesundheitsschädlich noch giftig sei.
Was ist Fluorid?
Bei Fluor handelt es sich um ein aggressives, giftiges Gas. Fluorid hingegen ist ein Salz, das überall in der Natur vorkommt. Der Stoff hilft in kleinen Mengen dabei, Karies vorzubeugen. Wenn Fluorid während der Zahnbildung vom Zahnschmelz aufgenommen wird, trägt es laut des US-amerikanischen National Cancer Institutes (NIH) dazu bei, das Auftreten von Karies langfristig zu verringern (hier archiviert).
Die Menge wird jedoch reguliert. In der EU darf die Konzentration von Fluorid in Zahnpasta 1500 ppm (parts per million) nicht überschreiten. Auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) schlägt eine „angemessene Zufuhr“ von Fluorid zur Vorbeugung von Karies vor – etwa durch Zahnpflegeprodukte oder Wasser.
„Der Prozess der Wasserfluoridierung ist streng reguliert, um die Fluoridwerte innerhalb der empfohlenen Grenzwerte zu halten. Die Aufnahme kleiner Mengen Fluorid in den Zahnschmelz, während er sich bei Kindern und Jugendlichen entwickelt, macht ihn stärker und widerstandsfähiger gegen bakterielle Angriffe im Mund“, erklärte Rodrigo Lacruz, Professor an der School of Dentistry der New York University (hier archiviert), gegenüber AFP.
„Bei Erwachsenen hilft Fluorid im Wasser, den Zahnschmelz zu remineralisieren und ihn vor den Auswirkungen pathogener Bakterien im Mund zu schützen“, fügte er hinzu.
Das kann „durch die Zugabe von Fluorid in Zahnpasta, Mundwasser, Trinkwasser oder Salz erfolgen“, schrieb der Wissenschaftliche Ausschuss „Gesundheits- und Umweltrisiken“, ein unabhängiges Gremium, das die Europäische Kommission in Gesundheitsfragen berät (hier archiviert).
In Frankreich wird die Fluoridierung des Leitungswassers etwa nicht mehr praktiziert, in angelsächsischen Ländern ist sie jedoch nach wie vor weit verbreitet, insbesondere in den USA, wo sie von den CDC als eine der zehn größten Interventionen im Bereich der öffentlichen Gesundheit des 20. Jahrhunderts eingestuft wird (hier archiviert).
Die American Dental Association (ADA) versicherte ihrerseits ebenfalls, dass die Fluoridierung des Trinkwassers sicher und wirksam sei, um Karies zu verhindern (hier archiviert).
Howard Pollick, Professor an der zahnmedizinischen Fakultät der Universität von Kalifornien in San Francisco und früherer Sprecher der ADA für Fluorid (hier archiviert), sagte gegenüber AFP: „Es kommt auf die Menge an und wenn es nur ein bisschen ist, ist es überhaupt nicht gefährlich.“
Im Einzelnen empfiehlt das US-Gesundheitsministerium einen optimalen Fluoridgehalt von 0,7 bis 1,2 Milligramm pro Liter Wasser (hier archiviert). Die CDC empfehlen eine Fluoridkonzentration von 0,7 Milligramm pro Liter Wasser, um die Vorteile von Fluorid für die Mundgesundheit zu maximieren und gleichzeitig mögliche schädliche Auswirkungen wie Dentalfluorose zu minimieren.
Dentalfluorose, die bei Kindern auftreten kann, die während der Bildung ihres Zahnschmelzes einer übermäßigen Menge Fluorid ausgesetzt sind, führt in ihrer mildesten Form zu einer Verfärbung der Zähne. In schwereren Fällen kann sie den Zahnschmelz schädigen oder die Milchzähne oder die bleibenden Zähne beeinträchtigen.
Laut einer von den CDC im Jahr 2023 veröffentlichten Studie (hier archiviert) haben in den USA zwischen 2016 und 2021 „insgesamt 4080 kommunale Wassersysteme das Wasser zu 99,99 Prozent sicher fluoridiert“ – die Werte lagen dabei unter dem „sekundären Sicherheitsstandard“ von 2,0 Milligram pro Liter. Dieser Standard wurde von der US-Umweltschutzbehörde (EPA) festgelegt (hier archiviert).
In Fällen, in denen einige natürliche Wasservorkommen Fluoridwerte über dieser sekundären Sicherheitsnorm enthalten, riet Howard Pollick den Anwohnerinnen und Anwohnern in der Nähe, ihre Kinder nicht daraus trinken zu lassen. „Von dem Konsum von stark fluoridiertem Wasser über längere Zeiträume wird abgeraten“, betonte auch Rodrigo Lacruz.
Hohe Dosierung führt zu potenziellen Gefahren
In den vergangenen Jahren haben sich viele Forscherinnen und Forscher mit Hypothesen über die potenziellen Gefahren von Fluorid beschäftigt und Studien vorgelegt, die darauf hindeuten, dass hohe Expositionswerte zu Gesundheitsproblemen führen könnten.
Vor kurzem kam eine neue Studie (hier archiviert), die vom US-amerikanischen National Toxicology Program (NTP) veröffentlicht wurde, mit „mäßiger Zuversicht“ zu dem Schluss, dass es einen Zusammenhang zwischen hohen Fluoridbelastungen – mehr als 1,5 Milligramm pro Liter Wasser, das Doppelte des von den CDC empfohlenen Grenzwerts – und einem niedrigeren IQ bei Kindern gibt. Sie fand keine Hinweise auf eine negative Auswirkung der Fluoridexposition auf den IQ im Erwachsenenalter.
„Das Schlüsselelement dieser Studien ist die Aufnahme von übermäßigen Mengen an Fluorid, die weit über die empfohlenen Werte hinausgehen. Fluorid kann daher in hohen Konzentrationen toxisch sein. Somit ist es wahrscheinlich sinnvoll, dieses Thema weiter zu erforschen“, erklärte Rodrigo Lacruz.
Im September 2024 wies ein US-amerikanischer Bundesrichter die EPA an, weitere Maßnahmen zur Regulierung von Fluorid im Trinkwasser zu ergreifen (hier archiviert).
Keine Verbindung zwischen Fluorid und Krebs
Laut der Amerikanischen Krebsgesellschaft haben die meisten Forschungsarbeiten, die mögliche Zusammenhänge zwischen Fluoridexposition und Krebs untersuchen – insbesondere des bösartigen Knochentumors Osteosarkom – „unsichere“ oder nicht ausreichend starke Beweise vorgelegt (hier archiviert). Die Organisation erwähnt stets die Notwendigkeit weiterer Forschung.
Im Jahr 2024 werteten Forscherinnen und Forscher in Großbritannien Studien über den Zusammenhang zwischen Fluorid und Knochenkrebs aus und stellten fest, dass zwölf der 14 untersuchten Artikel keine eindeutige Verbindung zwischen dem Mineral und der Krankheit herstellten (hier archiviert).
In sozialen Medien wird Fluorid seit einigen Jahren angezweifelt. Diese Bewegung beunruhigt Gesundheitsexpertinnen und -experten, welche regelmäßig auf die wichtige Rolle des Fluorids bei der Kariesprävention hinweisen.
Die Union Française pour la Santé Bucco-Dentaire (UFSBD) stellte bereits im Jahr 2021 fest, dass „die Verwendung von Fluoriden in der Zahnmedizin und insbesondere in Zahnpasten durch opportunistische Handelspraktiken in Frage gestellt wird“ (hier archiviert).
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass weltweit etwa 3,5 Milliarden Menschen von Munderkrankungen betroffen sind und dass unbehandeltes Karies bei bleibenden Zähnen die häufigste Erkrankung ist, wie aus dem 2019 veröffentlichten Bericht über die globale Krankheitslast hervorgeht (hier archiviert).
Robert F. Kennedy Jr. – ein Impfskeptiker als Gesundheitsminister
Donald Trump kündigte am 14. November 2024 an, den 70-jährigen Robert F. Kennedy Jr. zum Gesundheitsminister zu ernennen. Er muss noch vom Senat bestätigt werden, der eine republikanische Mehrheit haben wird, wie in diesem Artikel erläutert wird.
Kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten hatte Donald Trump bereits angekündigt, dass der ehemalige unabhängige Kandidat Robert F. Kennedy Jr. in seiner künftigen Regierung eine „wichtige Rolle im Bereich Gesundheit“ spielen würde, was zahlreiche Bedenken hervorrief, wie AFP in diesem französischen Artikel erläutert.
Bevor er sich im August 2024 zugunsten von Donald Trump aus dem Rennen um die US-Präsidentschaft zurückzog, lag Robert F. Kennedy Jr. bei etwa fünf Prozent der Stimmen. Als Verbündete werben sie nun gemeinsam für eine neue Bewegung mit dem Namen MAHA, „Make America Healthy again“, angelehnt an Trumps bekannten Slogan („Make America Great again“).
Robert F. Kennedy Jr. ist ehemaliger Anwalt für Umweltrecht und dafür bekannt, regelmäßig Verschwörungserzählungen zu verbreiten. Er teilte unter anderem falsche Informationen über Impfstoffe gegen Covid-19, die AFP bereits hier oder hier auf Französisch verifiziert hat.
Er ist zudem für seine unglaubwürdigen Aussagen bekannt wie etwa, dass er sich einmal einen Wurm aus dem Gehirn entfernen lassen musste oder dass er den Kadaver eines Bären im Central Park in der US-amerikanischen Metropole New York zurückgelassen hatte, obwohl er ursprünglich geplant hätte, den Bären zu häuten, um daraus Fleisch zu machen.
Die US-amerikanische Ozean- und Atmosphärenbehörde (NOAA) leitete eine Untersuchung gegen Robert F. Kennedy Jr. ein, nachdem seine Tochter Kathleen 2012 dem Magazin „Town and Country“ sagte (hier archiviert), ihr Vater habe vor 20 Jahren einen toten Wal mit einer Kettensäge enthauptet, um ihn zu sich nach Hause zu holen. Inzwischen wurde die Untersuchung abgeschlossen – diese führte zu keiner Anklage.
Nachdem er seine Kandidatur zugunsten von Donald Trump zurückgezogen hatte, beschuldigten ihn fünf seiner Geschwister, „die Werte, die unser Vater und unsere Familie am meisten schätzen“, zu verraten.
Fazit: Fluorid beugt in kleinen Mengen Karies vor. Robert F. Kennedy Jr., der designierte US-Gesundheitsminister, behauptete kürzlich, dass Fluorid in Leitungswasser etwa Krebs oder Arthritis verursache. Doch das ist falsch: Richtig dosiert ist Fluorid weder giftig noch schädlich für die Gesundheit, erklärten Fachleute.