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Der Mensch ist für die aktuelle Erwärmung der Erde hauptverantwortlich

Das Klima der Erde erwärmt sich. Während sich Forschende weltweit einig sind, dass der Mensch dafür verantwortlich ist, führt ein tausendfach geteiltes Video den Anstieg von Kohlendioxid auf natürliche Zyklen des Magnetfeldes zurück, zu denen angeblich Vulkane und Erdbeben aktiver werden. Expertinnen und Experten wiesen das gegenüber AFP zurück.

Das Video nennt einen klaren Verantwortlichen für die aktuell hohen CO2-Werte: natürliche Zyklen, die schon vor hunderttausenden Jahren zu weitaus höheren Konzentrationen von Kohlendioxid geführt hätten. „Unser Planet durchläuft derzeit eine Phase globaler Klimakatastrophen, die zyklisch alle 12.000 Jahre auftreten“, heißt es im aktuell geteilten Beitrag. Als Ursache für diese angeblichen Zyklen vermuten klimaskeptische Gruppen eine Umkehrung im Magnetfeld der Erde.

Laut des Videos sei die Erderwärmung auf aktuell erhöhte Aktivität von Vulkanen und Erdbeben zurückzuführen. Dadurch würden sich angeblich die Tiefen der Ozeane aufheizen, was wiederum eine Erhöhung der CO2-Konzentration bewirke. Das ist falsch. Außerdem führt das Video hohe CO2-Konzentrationen an, die es vor langer Zeit tatsächlich gegeben hat.

Tausende Nutzerinnen und Nutzer teilten das Video Ende April auf Facebook und Instagram.

Instagram-Screenshot der Behauptung: 23. Mai 2023

Leugnerinnen und Leugner des menschengemachten Klimawandels führen immer wieder natürliche Gründe an, um die Verantwortung des Menschen an der Erderwärmung kleinzureden. Sie sehen die Ursache beispielsweise in Sonnenzyklen, der Position der Erdachse oder betrachten die Veränderungen als natürliche Wetterereignisse. Faktenchecks zum Thema Klima sammelt AFP hier.

Beispiellose Erwärmung

Kohlendioxid oder CO2 ist ein Treibhausgas. Es entsteht beispielsweise bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle und Öl. Treibhausgase hüllen die Erde in eine Art Decke ein, in der Sonnenenergie gespeichert wird. Mehr CO2 in unserer Atmosphäre führt daher zu einer Erwärmung des Planeten. Wird es wärmer, entsteht wiederum mehr Wasserdampf, der ebenfalls zum Treibhauseffekt beiträgt.

Aktuell liegt der CO2-Anteil bei 423 ppm. Ppm steht für „parts per million“, also Teilchen pro Million. Gemessen wird das etwa von der US-Wetterbehörde NOAA in einer langen Forschungsreihe seit 1958 am Vulkan Mauna Loa in Hawaii.

Tatsächlich gab es vor Jahrmillionen schon einmal höhere CO2-Konzentrationen. Die Werte sind zwar nicht so genau bekannt wie heute, vor rund 60 Millionen Jahren herrschten allerdings Werte von rund 2000 ppm, so etwa eine Schätzung in einer Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature“ erschien.

 

Höhe der CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit den letzten 400.000 Jahren. – AFP

 

Was das Video dabei aber außer Acht lässt, ist der beispiellose Anstieg der CO2-Konzentration innerhalb sehr kurzer Zeit seit der industriellen Revolution. Aus kleinen Luftbläschen in kilometerdicken Eisbohrkernen wissen wir, dass sich der CO2-Anteil in den letzten hunderttausenden Jahren nie so hoch war wie heute.

Natürliche Zyklen erklären die Erderwärmung nicht

Es gibt zwar Zyklen im Erdklima, allerdings nicht die im Video beschriebenen. Natürliche Schwankungen des Klimas werden unter anderem durch Veränderungen der Position der Erde, sogenannte Milankovic-Zyklen, verursacht. Sie kommen allerdings über einen viel längeren Zeithorizont zum Tragen.

Peter Schaadt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) schrieb für einen ähnlichen Faktencheck im April 2022, dass diese Zyklen daher nicht die aktuell rasche Erderwärmung erklären könnten. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa bestätigt das online ebenfalls.

Der aktuelle Anstieg der CO2-Konzentration lässt sich nicht durch natürliche Schwankungen erklären, sondern liegt am vom Menschen veränderten Kohlenstoffkreislauf. Der Weltklimarat fasste 2021 zusammen: „Es ist eindeutig, dass der menschliche Einfluss die Atmosphäre, die Ozeane und das Land erwärmt hat.“ Darüber sind sich auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Organisationen auf der ganzen Welt einig.

Auch Seismologe Anton Vogelmann schrieb, dass aus Messungen der Luftzusammensetzungen klar ersichtlich sei, dass die Erhöhung der CO2-Konzentration nicht aus natürlichen Quellen wie Vulkanen stamme, sondern auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen sei. Vogelmann arbeitet bei der österreichischen Bundesanstalt für Geologie, Geophysik, Klimatologie und Meteorologie.

Magnetfeld und Klima

Das aktuell verbreitete Video greift einen Ausschnitt aus einer bereits von AFP überprüften elfstündigen Aufnahme der internationalen Gruppe „Creative Society“ auf. Die Organisation bestreitet die menschliche Verantwortung für den Klimawandel.

Die Gruppe „Creative Society“ begründet ihre These von den 12.000 Jahre langen Zyklen mit angeblichen Verschiebungen im Magnetfeld der Erde. Es gibt tatsächlich Veränderungen im Magnetfeld, bei der sich die Polarität sogar umkehren kann. Der Nordpol wird damit zum Südpol und umgekehrt. Eine  Feldumkehr steht also wirklich unvermeidlich früher oder später bevor. Diese Umkehren würden allerdings nicht in den im Video beschriebenen Zyklen ablaufen, sondern in „unregelmäßigen Zeitabständen von hunderttausend bis eine Million Jahre“, so Vogelmann und weiter: „Der Zeitpunkt einer zukünftigen Feldumkehr ist nicht vorhersagbar.“

Mit der aktuellen Erderwärmung haben diese Phänomene aber nichts zu tun. „Ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen viel stärkeren Magnetfeld- und Klimaschwankungen in den letzten Millionen Jahren wurde bisher nicht gefunden. Das bedeutet, dass das Erdmagnetfeld überhaupt keine Auswirkungen auf das Klima hat, oder dass diese Auswirkungen zu klein sind, um nachgewiesen zu werden. Dementsprechend spielt das Erdmagnetfeld für die gegenwärtige Klimaänderung keine wesentliche Rolle“, erklärte Vogelmann. Einzelne Korrelationen sind umstritten.

Vulkane sind nicht verantwortlich

Nicht nur lässt sich die aktuelle Erderwärmung nicht durch die genannten natürlichen Zyklen erklären, auch der im Video angeführte Prozess ist nicht schlüssig. Das Video geht von erhöhter Erdbeben- und Vulkanaktivität alle 12.000 Jahre aus. Vulkan und Magma würden die Ozeane angeblich aus der Tiefe erwärmen und so zu mehr Treibhausgasen beitragen.

Dem widerspricht Seismologe Vogelmann klar: „Wissenschaftlich betrachtet gibt es keinen Grund, warum sich die globale Aktivität von Erdbeben oder Vulkanen im Zeitraum von tausenden Jahren ändern sollte.“ Die Ursache für Erdbeben und Vulkanismus liege in der Verschiebung der Kontinente, die viel langsamer ablaufe.

„Es gibt keinen Anstieg der globalen Erdbebenaktivität“, erklärte Vogelmann. Auch in Österreich sei kein Anstieg beobachtet worden. Zugenommen habe durch empfindlichere Messgeräte lediglich die Anzahl an messbaren Erdbeben.

Vulkane könnten zwar unter bestimmten Voraussetzungen klimawirksam sein, indem sie Treibhausgase ausstoßen, meist überwiege allerdings die abkühlende Wirkung, indem sie etwa bei einem Ausbruch die Erde verdunkeln.

Die Ozeane erwärmen sich außerdem nicht wie behauptet von unten. Die Weltmeere haben sich besonders in den oberen Schichten erwärmt. „Dies widerspricht ganz klar der Theorie, dass sich die Ozeane von unten erwärmt hätten“, schrieb Vogelmann.

Fazit: Die aktuelle Erderwärmung ist vom Menschen verursacht. Natürliche Zyklen können sie nicht erklären. Momentan wird kein globaler Anstieg der Aktivität von Vulkanen oder Erdbeben beobachtet. Die Ozeane erwärmen sich zudem nicht von unten, sondern an der Oberfläche. Dass Vulkane hinter der Erderwärmung stehen, ist daher nicht schlüssig. Das Erdmagnetfeld beeinflusst das Klima ebenfalls nicht signifikant. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der ganzen Welt sind sich einig, dass der Klimawandel menschengemacht ist.

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Klimawandel, Umwelt

Autor(en): Eva WACKENREUTHER / AFP Österreich

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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